Hochsauerlandkreis. . Jugendliche unterschätzen Gefahren durch Sexualtäter und Erpresser in Chats. Ein Fall aus dem östlichen Hochsauerland landet jetzt vor Gericht.

Digitale Medien und das Smartphone sind für Sexualstraftäter und andere Cyberkriminelle das ultimative Tatwerkzeug. Kinder und Jugendliche unterschätzen häufig die Gefahren. Vor dem Landgericht Arnsberg wird am Freitag ein Fall verhandelt, bei dem ein damals zwölf Jahre altes Mädchen aus dem östlichen Hochsauerlandkreis in die Fänge eines mutmaßlichen Sexualstraftäters gelangt ist. Der Prozess zeigt: Das drohende Unheil lauert im Kinderzimmer.

Gefahr durch Cyber-Grooming

Stefan Didam arbeitet im Kriminalkommissariat für Opferschutz bei der Polizei im Hochsauerlandkreis. An den Fall des damals zwölfjährigen Mädchens erinnert er sich noch gut. Didam besucht Schulen, leistet Aufklärungsarbeit bei Elternabenden. Sein Appell: Um Kinder und Jugendliche zu schützen, ist es wichtig, selbstverständlich über diese Themen zu sprechen. „Eltern sollten mit ihren Kinder klare Sicherheitsregeln im Umgang mit dem Smartphone vereinbaren.“ Bereits viele Zwölfjährige haben ein Smartphone und sind in sozialen Netzwerken aktiv – bei 14-Jährigen sind es nahezu 100 Prozent. „Ich würde unterstellen, dass es in diesem Bereich der Kriminalität keinen Unterschied ausmacht, ob man in einer Stadt oder auf dem Land lebt“, sagt Didam.

Sicherheitsregeln im Umgang mit dem Smartphone

Kinder und Jugendliche sollten in Chats und sozialen Netzwerken keine Angaben wie Adresse und Telefonnummer machen.

Bei Kindern und Jugendlichen sollten bei Versprechungen wie „Ich sehe ein Model in Dir“ die Alarmglocken schrillen.

Eltern sollten darauf hinwirken, dass Kinder und Jugendliche verantwortungsvoll mit ihren Fotos und Videos umgehen und nicht alles posten, insbesondere keine Aufnahmen aus dem intimen Lebensbereich.

Eltern sollten sich über Gefahren, aber auch den Nutzen des Internets auszutauschen. Sie sollten den Unterschied zwischen einem „Freund“ im realen Leben und einem „Freund“ in der virtuellen Welt besprechen.

Eltern sollten mit ihren Kindern gemeinsam die Einstellungen für die Privatsphäre in sozialen Netzwerken überprüfen.

Ein Nacktfoto an jemanden, den man im Chat kennengelernt hat, ist schnell verschickt. Hinter dem vermeintlichen Verehrer kann aber ein Erpresser stecken, der zum Beispiel Geld fordert oder auf weitere sexuelle Handlungen besteht – und damit droht das Bild zu veröffentlichen. „Viele Jugendliche glauben, sie befinden sich in einem geschützten Bereich“, sagt Didam. Ein brandgefährlicher Trugschluss. Cyber-Grooming nennt sich diese Form der Kriminalität – frei übersetzt: Internet-Anbahnung. Chats im Internet sind also nicht allein Spielplätze für Sexualverbrecher sondern auch für professionelle Erpresser. Daher sind männliche Jugendliche ebenso gefährdet.

Dabei sind solche Täter schon zu belangen, bevor heikle Bilder verschickt worden sind. „Vielen ist nicht bekannt, dass bereits die Anbahnung von Schriften den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs erfüllt“, erläutert Didam. Wer also versucht bei WhatsApp ein minderjähriges Kind dazu zu bringen, ein Nacktfoto zu verschicken oder eine minderjährige Person real zu treffen, macht sich bereits strafbar. „Ich würde mir wünschen, dass viel häufiger viel schneller Strafanzeige bei der Polizei gestellt wird.“

Der Fall vor Gericht

Die Ermittlungsbehörden seien bei der Cyberkriminalität auch nicht mehr so hilflos, wie vielfach angenommen, so Didam. Die Experten beim Landeskriminalamt (LKA) haben mittlerweile eine gute Erfolgsquote, um den Urheber solcher Cyber-Grooming-Attacken oder anderer krimineller Aktivitäten im Netz ausfindig zu machen.

Der Fall der zwölfjährigen Mädchens aus dem östlichen HSK geht jetzt vor Gericht. Das Kind hatte den jetzt 31 Jahre alten Angeklagten im Sozialen Netzwerk knuddels.de kennen gelernt. Sie tauschten Nummern, telefonierten, schrieben sich Nachrichten über WhatsApp. Es kam zum Treffen. Dem Angeklagten aus dem Raum Berlin wird jetzt vorgeworfen, in sechs Fällen ein Kind sexuell missbraucht zu haben, davon in fünf Fällen schwer sowie kinder- und jugendpornografische Schriften besessen haben. Ihm droht eine Haftstrafe ohne Bewährung.

Das sagt der Anwalt des Opfers

Der Briloner Rechtsanwalt Oliver Brock vertritt das Opfer, das in dem Prozess vor der 6. Großen Strafkammer als Jugendkammer Nebenklägerin ist. „Ich habe schon mehrere vergleichbare Fälle auf dem Schreibtisch gehabt“, sagt er und warnt: „Viele Jugendliche machen sich zu wenig Gedanken. Sie sehen die Gefahren nicht, wenn sie etwas wie ein Nacktbild per Chat versenden. Man bleibt dann im schlimmsten Fall ein Leben lang erpressbar.“

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