Hallenberg. Franziska Mause, von Beruf Logopädin, spielt bei der Freilichtbühne Hallenberg dieses Jahr die Eliza Doolittle in „My fair Lady“

„Wäre det nich wundascheen? Ik hab mir extra Jesicht und Hende jewaschen, bevor ik herjekommen bin.“ Im Berliner Dialekt zu nuscheln, ist eigentlich so gar nicht ihre Sache. Franziska Mause arbeitet im wirklichen Leben als Logopädin. „Franzi“ kümmert sich um Menschen, die Sprach-, Sprech- oder Schluckbeschwerden haben. Von Berufs wegen kommen ihr die Worte daher stets sehr deutlich über die Lippen. Und ausgerechnet sie muss jetzt Sprachunterricht nehmen – beim exzentrischen Phonetiker Professor Higgins. Denn die 22-Jährige spielt in diesem Jahr das Blumenmädchen Eliza Doolittle in dem Musical „My fair Lady“.

Gesangs-Gen vom Großvater

„Ach Gott!“, ist ihr allererster Gedanke, als die Hallenbergerin nach dem Casting erfährt, dass sie eine der Hauptrollen bekommen hat. Ein klein wenig rutscht ihr für einen Moment das Herz ins Blumenkörbchen, aber dann kommt die Freude und der Zuspruch aller Mitspieler ist ihr gewiss. Ganz klar: Es hat die Richtige getroffen. Franzi ist sehr natürlich, offen, sympathisch, ehrgeizig – und sie kann toll singen. In der Stadtkapelle Hallenberg pustet sie nicht nur gekonnt in Saxophon und Klarinette. Sie ist auch bei der Schützenfest-Tanzmusik für die Gesangs-Parts mitverantwortlich: Ob „I will survive“ von Gloria Gaynor, „Atemlos“ von Helene Fischer oder „Hallo Klaus“ von Nickerbocker und Biene – die Franzi hat von Pop bis Schlager alles drauf. Vielleicht schlägt das Gesangs-Gen vom Opa durch, denn Rainer Schouren hat jahrelang an der Bühne die Chorgesänge einstudiert.

Ansprache des Ministerpräsidenten

Karten und weitere Infos unter www.freilichtbuehne-hallenberg.de oder Tel.: 02984-929190. Die Ansprache zur Premiere hält NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.

Gäbe es den Professor Higgins im realen Leben, könnte er zumindest nachvollziehen, was so eine Logopädin alles machen muss. Schon mit der Ausbildung geht es los. Die Staatliche Schule in Marburg, wo Franzi ab 2014 nach dem Abitur drei Jahre lang ihr Rüstzeug bekommen hat, siebt aus einer Vielzahl von Bewerbern nur zwölf bis 14 Leute pro Jahr aus. Das strenge Auswahlverfahren schaut u.a. darauf, ob die Stimme der Bewerber tragfähig ist und ob die Person auch mit den weniger schönen Seiten des Lebens umgehen kann. Denn die Logopädin hat mit allen Altersklassen zu tun: Kinder, die lispeln, Menschen, die nach einem Schlaganfall in ihrem Sprechen beeinträchtigt sind, Patienten, deren Nerven an den Stimmlipppen trainiert werden müssen oder auch Parkinson-Fälle. Franzi arbeitet in der Logopädie-Praxis von Stefanie Jäger in Frankenberg, die auch eine Dependance in Hallenberg hat. Aber sie ist auch viel unterwegs, in Familien oder in Krankenhäusern. Und schon jetzt wird sie oft angesprochen: „Du spielst doch in Hallenberg die Eliza?“

Spielerisch statt streng

Während Professor Higgins im Musical das arme Blumenmädchen, das er zu einer englischen Lady machen möchte, immer und immer wieder bestimmte Sätze wiederholten lässt – „Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen!“ – setzt Franzi bei ihrer Arbeit nicht auf Strenge und Disziplin, sondern auf spielerische Komponenten. Bei Kindern kommt zum Beispiel die Handpuppe Hanna zum Einsatz, die nie mit dem erhobenen Zeigefinger arbeitet oder sagen würde: „Jetzt sprich das mal nach!“ Mit viel Geduld, Einfühlungsvermögen und positiver Verstärkung schafft jedes Kind auch so den Sprung von der „Snecke“ zur „Schnecke“ oder von der „Slange“ zur „Schlange“.

Ihre berufliche Erfahrung ist Franzi in der Rolle der „Eliza“ durchaus hilfreich. „Anfangs spreche ich als einfaches Blumenmädchen breit und quäckig, später dann als feine Dame sehr akzentuiert. Ich muss meine Stimme daher wohl dosieren und mich nicht gleich verausgaben. Dabei hilft aber auch der Gesangsunterricht, den wir bekommen. Vieles ist einfach Technik: den Mund weiter öffnen, die Zunge mehr nach vorn nehmen und man sollte nicht so drücken und sich nicht so doll anstrengen.“ Schließlich darf von den Akteuren niemand ausfallen; jede Rolle ist nur einmal besetzt. Und auch die Franzi ist in vielerlei Hinsicht einmalig.

Seit ihrem sechsten Lebensjahr gehört die Freilichtbühne zum Leben der 22-Jährigen. „Meist waren es kleinere Rollen und während meiner Ausbildung ging es leider gar nicht. Da habe ich hinter den Kulissen versucht, den Kontakt zu halten.“ Einmal Bühne, immer Bühne. Das Schauspielern, das Singen, das Tanzen, viel Texte und dann noch der Berliner Dialekt – Musicaldarsteller müssen nahezu Zehnkämpfer sein. „Ja, mitunter muss man an seine Grenzen gehen. Aber es macht unheimlich viel Spaß und ich bin total froh, dass ich mit Stefan Pippel und Thomas Knecht so erfahrene und souveräne Spieler an meiner Seite habe. Sie geben mir viel Sicherheit“. Die beiden spielten im vergangenen Jahr bei „Manche mögen’s heiß“ die Hauptrollen und sind jetzt als Professor Higgins bzw. Oberst Pickering zu sehen.

Stadtkapelle in der Spielpause

Am 17. Juni hat das Stück Premiere. 16 Aufführungen hat Franzi vor sich. Und die Perfektionistin – „Mit nur 100 Prozent kann ich auch mal leben“ – gönnt sich keine Auszeit. Die Termine, an denen sie mit der Stadtkapelle als Festmusik unterwegs ist, fallen in die Spielpause der Bühne. Also weiter musizieren und singen. „Is det nich wundascheen.“

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