Hochsauerlandkreis. . Sorgen vor der Afrikanischen Schweinepest haben auch Landwirte, Behörden und Jäger im HSK. Die Schonzeit für Schwarzwild wurde aufgehoben.
Afrika ist weit weg, doch in einer zunehmend globalisierten Welt, ist die Ausbreitung der „Afrikanischen Schweinepest“ auch für das heimische Kreisveterinäramt, die Landwirtschaft und natürlich die Jäger ein Thema.
Der Kreisveterinär
2014 hat die Afrikanische Schweinepest von Osten kommend das Gebiet der EU erreicht und breitet sich seither immer weiter in Richtung Westen aus. Zunächst kam es in den baltischen Staaten und im weiteren Verlauf auch in Polen zu Seuchenausbrüchen. In den Ländern waren zunächst Wild- und später auch Hausschweine von der Erkrankung betroffen, berichtet Kreisveterinär Dr. Andreas Guzik.
Gefahr: Übertragung durch Speise-Abfälle
Da es bislang noch keinen Fall in Deutschland gab, sieht der heimische Experte die Gefahr zurzeit weniger in einer Infektion durch direkten Kontakt mit einem erkrankten Tier als vielmehr in einer indirekten Übertragung der Tierseuche durch unsachgemäße Entsorgung von Lebensmitteln oder Speise-Abfällen.
Problem: Der Erreger ist offenbar sehr widerstandsfähig und kann, so Dr. Guzik, „über Monate in Fleisch und in Gefrierfleisch sogar Jahre überstehen.“ Auch in Fleischerzeugnissen wie zum Beispiel Schinken kann er fünf Monate und länger überleben.
Seuche in Europa schon nah herangerückt
Die Gefahr könne also in Lebensmitteln lauern, in denen Fleisch von infizierten Tieren verarbeitet worden ist, erklärt Dr. Guzik. „Hier liegt die Gefahr, dass der Erreger über große Distanzen hinweg durch den Menschen verschleppt wird. Wie begründet diese Überlegungen seien, habe im Juni vergangenen Jahres der Sprung des Afrikanischen Schweinepest-Erregers über mehrere hundert Kilometer aus den betroffenen Gebieten bis nach Tschechien gezeigt. Da sei die Seuche schon sehr nahe herangerückt. In Tschechien sei es zu Ausbrüchen in der Wildschweinepopulation gekommen.
Wichtig: Hygienevorschriften einhalten
„Wichtig sind präventive Maßnahmen und die Einhaltung von Hygienevorschriften“, erklärt der Experte. Das gelte vor Ort zum Beispiel auch ganz besonders für die Schweinehalter, deren Tiere auch befallen werden können.Wichtig sei auch die Zusammenarbeit der Jägerschaft mit dem Kreisveterinäramt. Regelmäßig werden beispielsweise erlegte Tiere stichprobenartig auf die Afrikanische Schweinepest hin untersucht.
Keine Gefahr für den Menschen
Und woran kann man erkennen, ob ein Tier erkrankt ist? „Die Krankheit zeigt sich in sehr hohem Fieber und Hautverfärbungen, die man allerdings bei Wildschweinen nicht unbedingt sieht. Die Sterblichkeit bei infizierten Schweinen ist sehr hoch und liegt bei über 90 Prozent“, so der Fachmann vom Kreisveterinäramt. Es gibt aber auch eine gute Nachricht: „Die Afrikanische Schweinepest bedeutet für die Gesundheit des Menschen keine Gefahr.“
Die Landwirtschaft
Für die heimischen Landwirte ist die „Afrikanische Schweinepest“ „Thema Nummer eins“ , berichtet Kreislandwirt Josef Schreiber aus Medebach. Besonders alarmiert seien natürlich die heimischen Schweinemastbetriebe nachdem die Seuche unter anderem in Polen aufgetreten sei. Aber auch alle anderen Landwirte seien sehr in Sorge: „Wenn wir hier in Deutschland nur einen Fall haben, dann kann man sich das Ausmaß noch gar nicht vorstellen“, so seine Einschätzung. Folgen hätte das unter anderem für den Export, aber auch für die Schlachtbetriebe in der Region.
Schreiber sieht vor allem die Gefahr, dass die Schweinepest durch Lebensmittel, Lkw, Touristen oder auch Saisonarbeiter nach Deutschland eingeschleppt werden könnte. Deshalb sei es wichtig, den sehr hohen Wildschweinbestand „ganz stark zu reduzieren“, so Schreiber. Das würde aus Sicht der Bauern auch ein anderes Problem verringern, denn auch die Wildschäden, die die Tiere in der Landwirtschaft anrichten, seien natürlich immer wieder ein Problem, insbesondere, wenn die Wildschweine kurz vor der Ernte in die Felder gehen und für Verwüstungen sorgen.
Die Untere Jagdbehörde
Genau beziffern lässt sich die Zahl der Wildschweine im HSK nicht. Rückschlüsse auf die Entwicklung der Bestände kann man aber unter anderem an der Anzahl der erlegten Tiere ziehen: Im Jagdjahr 13/14 wurden 3113, im Jagdjahr 14/15 3353 Tiere erlegt. 2015/16 waren es 4098 und 2016/17 insgesamt 3956 Tiere.
Antonius Dünnebacke, Fachdienst-Leiter der Unteren Naturschutzbehörde Jagd sieht die Ursachen für den „sprunghaft angestiegenen Schwarzwildbestände“ unter anderem im Klimawandel und die dadurch verlängerte Vegetationsperiode und mildere Winter und die gute Mast bei Eichen und Kastanien. Zudem sei die Jagd durch Kyrill-Flächen erschwert worden. Auch durch die Intensivierung der Landwirtschaft, insbesondere den Maisanbau für Biogasanlagen, findet das Schwarzwild offenbar gute Futterquellen. Eine weitere mögliche Ursache könne auch im „Fütterungsmissbrauch durch Jäger“ liegen.
Schonzeit für Schwarzwild ist aufgehoben
Außerdem stellt die Behörde fest: „Die Bejagung hat mit der Bestandsentwicklung nicht standgehalten.“ Um die „überhöhten Schwarzwildbestände zu reduzieren“ und das Risiko zur Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest zu verringern, hat das NRW-Umwelt- und Landwirtschafts-Ministerium Anfang dieses Jahres einen Erlass herausgegeben. Die untere Jagdbehörde hat bis zum 31. März 2021 die Schonzeit für Schwarzwild im HSK aufgehoben. Wildschweine können dadurch (mit Ausnahme der führenden Bachen) ganzjährig bejagt werden. Ob aufgrund dieser Maßnahme die Jäger verstärkt Schwarzwild bejagen, lasse sich derzeitig allerdings noch nicht beurteilen, so die Untere Jagdbehörde.
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Die Jägerschaft
Nicole Heitzig, Vorsitzende der Kreisjägerschaft Hochsauerland, hält eine Reduzierung des sehr starken Wildschweinbestandes für richtig, erklärte aber auch, dass trotz der Schonzeitaufhebung der Tierschutz nicht auf der Strecke bleiben dürfe. Der Erlass schließe ausdrücklich die Bejagung führender Bachen, die Frischlinge haben, aus. „Deshalb verbieten sich vor allem jetzt zu dieser Jahreszeit Drückjagden mit Hunden. Möglich ist aus meiner Sicht lediglich der verstärkte Einzelansitz“, so die Briloner Jägerin.Sie gibt außerdem zu bedenken, dass der mögliche Ausbruch der Seuche nicht abhängig ist von der Populationsdichte, da die Seuche durch den Menschen eingeschleppt werde.
Auch in einem reduzierten Bestand habe es schwerwiegende Folgen, wenn nur ein krankes Tier in Deutschland registriert werde. Und: „Wir müssen auch Abnehmer für das Wildbret haben. Wir können ja nicht einfach nur Tiere töten, wenn das Fleisch gar nicht vermarktet wird.“ Wichtig aus ihrer Sicht ist es, dass die Jäger jeden ungeklärten Totfund melden und untersuchen lassen und sich alle an die Hygienevorschriften halten. Folgen Sie der Westfalenpost im Altkreis Brilon auf facebook