Brilon. . Die Evangelische Kirchengemeinde Brilon gewährt einer jungen Frau aus dem Libanon Kirchenasyl. Es gibt viele ehrenamtliche Unterstützer.

Die Evangelische Kirchengemeinde Brilon gewährt einer jungen Frau aus dem Libanon Kirchenasyl. „Das ist kein stilles Abtauchen, nichts Unrechtes. Alle offiziellen Stellen wissen Bescheid und kennen ihren Aufenthaltsort. Wir wollen der Frau die Chance, die Zeit und den Raum bieten, dass ihr Anliegen rechtlich geprüft wird. Wir als Kirche bieten den Schutzrahmen dafür“, sagte Pfarrer Rainer Müller gestern Morgen.

Generelle Bereitschaft signalisiert

Vor geraumer Zeit hatte das Presbyterium der Kirchengemeinde die generelle Bereitschaft signalisiert, Menschen aus Krisengebieten im Einzelfall Asyl zu gewähren. Zwei Anfragen hat die Gemeinde bereits abgelehnt, weil es ihr wichtig ist, primär solche Fälle zu unterstützen, die auch tatsächlich eine reelle rechtliche Erfolgsaussicht haben. „In diesem Fall haben ein Fachanwalt sowie das Institut für Kirche und Gesellschaft signalisiert, dass die Frau gute Chancen hat“, sagt Pfarrerin Kathrin Koppe-Bäumer.

Furcht um Leib und Leben

Die junge Frau, die anonym bleiben soll, hat nicht in Deutschland, sondern in einem anderen Land erstmals den EU-Raum betreten. Laut Gesetz hätte sie dort um Asyl bitten müssen. Ihr Antrag in Deutschland ist daher abgelehnt worden. Da sie in ihrem Heimatland aber um Leib und Leben fürchten muss und weil sie Angehörige in Deutschland hat, versucht sie ihr Glück nun auf diese Art. Rainer Müller ist optimistisch: „80 bis 90 Prozent der Fälle aus Kirchenasyl wurden nachträglich positiv beschieden.“ Zwei Tage vor Weihnachten erreichte die Briloner Kirchengemeinde das Asylbegehren; am 27. Dezember tagte das Presbyterium und fasste den einmütigen Beschluss, die Frau aufzunehmen. Seit dem 3. Januar lebt sie im Briloner Gemeindezentrum, wo vorhandene Räume genutzt werden können. Die junge Frau, die Mitte 20 ist, darf sich lediglich auf dem Gelände bewegen, auf dem die Kirche das Hausrecht ausübt. Ein halbes Jahr wird sie in Brilon bleiben müssen, denn ein mindestens sechsmonatiger Aufenthalt in Deutschland ist die Grundvoraussetzung dafür, dass sie erneut einen Asylantrag stellen kann.

Keine Form von Rechtsbruch

Rainer Müller: „Ich möchte nochmal betonen, dass die Kirchen keinen Rechtsbruch begehen – auch wenn der Innenminister manchmal Anderes behauptet.“ Es gebe ein offiziell vereinbartes Verfahren zwischen den Kirchen und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Müller: „Wir erzwingen keine Entscheidung, wir ermöglichen einen ergebnisoffenen Prozess; religiöse Räume haben schon immer Schutz gewährt.“

„Wenn wir das wollen, schaffen wir das!“

„Wenn wir das wollen, schaffen wir das!“ Das hat Rolf Plauth gesagt, als die Anfrage in Sachen Kirchenasyl kam. Er koordiniert für die Diakonie Ruhr-Hellweg die ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit in Brilon. Dazu gehören z.B. Stammtische mit Integrationspaten, die sich auf Initiative der Stadt schon seit 2014 engagieren. Im Juni 2017 hatten die Ehrenamtler diskutiert, was wohl im Fall der Fälle zu leisten wäre. Am 27. Dezember wurde es dann ernst; der Unterstützerkreis tagte, 19 Personen sagten fest ihre Hilfe zu – auch aus Olsberg. „Da die Frau aber weder Deutsch noch Englisch oder Französisch spricht, sind wir sehr froh, dass uns jetzt auch Flüchtlinge helfen können.“ Einer von ihnen ist Yahya aus Syrien, der der Frau schon die ersten Deutsch-Lektionen erteilt und jeden Tag kommt.

Sprachliche Barrieren

Sein Leben für ein halbes Jahr auf einem engen Raum zu verbringen und sich sprachlich nur bedingt austauschen zu können, ist eine Herausforderung. „Die junge Frau hat einen großen Bedarf zu reden, sie hat viel Angst“, sagt Rolf Plauth. Ehrenamtliche Begleitung beinhaltet daher momentan in erster Linie Besuche im evangelischen Gemeindezentrum. Im Gegenzug beteiligt sich der Gast aber auch schon an Aktivitäten im Gemeindezentrum.

„Wenn ein Fremdling bei Euch wohnt...“

Im dritten Buch Moses heißt es: „Wenn ein Fremdling bei Euch wohnt in Eurem Land, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei Euch wohnen wie ein Einheimischer...“ Damit gehört der Schutz bedrohter Flüchtlinge zum Selbstverständnis von Kirche. Und das ist gut so.

25 solcher Asyl-Fälle laufen zurzeit in der evangelischen Kirche von Westfalen. Aber auch die katholische Gemeinde Mariä Himmelfahrt in Meschede zum Beispiel gewährt einer jungen Frau ihren Schutz. Es sind Ausnahmefälle. Und bevor das Gejammer losgeht: Die junge Libanesin in Brilon liegt niemandem auf der Tasche, durch ihr Hiersein widerfährt niemandem an anderer Stelle geringere Unterstützung als sonst. Und – wie es die Pfarrer mehrfach betonten – es geht erstmal nur darum, einen Schutzraum für eine zweite Chance zu gewähren. Dass sich viele Ehrenamtliche um die junge Frau kümmern, verdient Respekt. Dass unter ihnen auch Flüchtlinge sind, die hier Hilfe bekommen haben und jetzt ihre Hilfe anbieten, zeigt, dass Gemeindeleben funktioniert und dass die Saat in Sachen Integration aufgeht. Thomas Winterberg

Aber es fallen auch Kosten an – für Verpflegung, Heizung, Strom. „Wir bitten daher um Spenden in Form von Zeit und von Geld“, sagt Kathrin Koppe-Bäumer.

Weitere Menschen, die das Kirchenasyl unterstützen möchten, können sich bei Rolf Plauth per Mail unter rolfplauth@gmx.de melden. Wer finanzielle Hilfe zukommen lassen möchte, kann (unter dem Stichwort „Kirchenasyl“) auf eines der Konten der Kirchengemeinde spenden: Sparkasse HSK: DE72 4165 1770 0000 0685 28 oder bei der Volksbank Brilon, Büren, Salzkotten unter der Nummer DE79 4726 1603 0003 4403 00.

Das nächste Unterstützerkreis-Treffen ist am kommenden Mittwoch, 17. Januar, um 18 Uhr im Gemeindezentrum.

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