Brilon. . Angesichts rückläufiger Flüchtlingszahlen und genug freien Wohnraums beendet die Stadt Brilon den Mietvertrag vorzeitig. Frage: Was kommt danach?

Die Zukunft des ehemaligen Finanzamtes Brilon ist wieder offen. Sechs Jahre nach dem Umzug vom Steinweg an den Almerfeldweg lässt der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes NRW ein neues Wertgutachten für die Immobilie erstellen. Anlass: Die Stadt Brilon steigt vorzeitig aus dem bis Ende 2019 abgeschlossenen und mit einer Verlängerungsoption versehenen Mietvertrag aus. Sobald das formell beim BLB angekommen und abgewickelt sei, werde das Gebäude „wieder in den Verkaufsprozess eingebunden“, so Caroline Babiel-Dicke zur WP.

Mehrere Erweiterungen

Das zum Steinweg zeigende Hauptgebäude des Finanzamtes wurde 1924 gebaut.

1956 erfolgte der Anbau der Seitenflügel im Schützengraben und in der Oberen Mauer.

Eigentum des BLB sind auch die beiden an den Flügel in der Oberen Mauer angedockten Wohnhäuser, die ebenfalls von dem Finanzamt genutzt wurden.

Darüberhinaus hatte das Finanzamt einen zwischen Schützengraben und Oberer Mauer liegenden Bürotrakt angemietet.

Unter Denkmalschutz steht nur das Stammhaus von 1924.

Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle hatte sich die Stadt das Gebäude zum Jahreswechsel 2015/16 als Sammelunterkunft reserviert - mietzinsfrei. Lediglich die Betriebskosten hatte die Stadt zu tragen.

Dafür fielen in den beiden Jahren jeweils rund 20 000 Euro an. Den Anfang 2016 auf rund 400 000 Euro kalkulierten Umbau des Gebäudes hatte die Stadt hinausgezögert, als sich erhebliche Brandschutzauflagen abzeichneten - und parallel dazu die Flüchtlingszahlen allmählich zurückgingen.

Bereits 2012 hatten sich verschiedene Investoren für den Komplex interessiert. Von einem Hotel war die Rede, von einem Altenheim - und auch die Stadt Brilon hatte damals mal angedacht, die Verwaltung aus dem Amtshaus an der Bahnhofstraße dorthin zu verlegen, das ehemalige Amt Thülen aufzugeben, das Gebäude zu verkaufen oder eventuell gar abzureißen und das Gelände zur weiteren städtebaulichen Entwicklung neu zu gestalten.

Neues Wertgutachten

Damals stand für das alte Finanzamt noch ein Kaufpreis von knapp einer halben Millionen Euro zur Debatte, mittlerweile soll er gerade noch im sechsstelligen Bereich liegen. Den genauen Betrag, so Caroline Babiel-Dicke, wolle man in einem neuen Wertgutachten ermitteln, sobald die Immobilie wieder zur weiteren Verwendung zur Verfügung stehe.

Sanitäreinrichtungen im alten Finanzamt Brilon
Sanitäreinrichtungen im alten Finanzamt Brilon © BLB

Das Hauptgebäude inklusive der beiden Seitenflügel hat eine Grundfläche von 803 qm, was - vom Keller bis zum Dachgeschoss - einer Bruttogeschossfläche von 3212 qm entspricht; hinzu kommen die beiden Nebengebäude mit einer Bruttofläche von 437 qm bzw. 613 qm. Daraus hat der BLB Mietflächen von 2690 qm für das Haupt- und 262 qm bzw. 470 qm für die beiden Nebengebäude ermittelt. Das BLB-Areal ist insgesamt 2111 qm groß und als „Fläche besonderer funktionaler Prägung“ ausgewiesen.

Genug Wohnraum vorhanden

Für 80 Flüchtlinge wollte die Stadt in dem alten Finanzamt Platz schaffen. Den braucht sie angesichts rückläufiger Zuwandererzahlen nicht mehr. Musste zum Beispiel die Stadt Brilon 2016 noch 278 der kreisweit insgesamt 821 Zuwanderer gemäß Flüchtlingsaufnahmegesetz unterbringen, so war es im vergangenen Jahr - niemand; um die 522 auf den HSK fallenden Personen mussten sich die anderen Kommunen kümmern. Mit 103,9 Prozent hat Brilon sein Soll von 189 Personen um sieben übererfüllt.

Andererseits gibt es bei den Flüchtlingen mit positivem Aufenthaltsstatus und Wohnsitzauflage noch ein Delta. 226 Personen beziehen Grundsicherung gemäß SGB II, das sind nur 72,38 Prozent der Quote. „Das bedeutet ein weiteres Aufnahmesoll von 90 Personen“, so Karin Wigge, Leiterin des Fachbereichs Ordnung und Soziales.

Erfolgreiches Engagement der Integrationspaten

Wohnraum gibt es zurzeit reichlich. Insgesamt stehen der Stadt 480 Plätze als Übergangswohnheim zur Verfügung; davon sind derzeit 341 belegt. Einige Mietobjekte habe man bereits wieder aufgegeben, weil sich Flüchtlinge nach ihrer Anerkennung um eigene Wohnungen kümmern.Vor allem mit Unterstützung der Integrationspaten, so Karin Wigge, sei das „überwiegend erfolgreich“.

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