Brilon. . Es beginnt mit einfacher Vergesslichkeit. Nicht tragisch, denn jeder vergisst mal etwas. Allmählich setzen Erkennungsstörungen ein und man überlegt, ob eine Person zum Bekanntenkreis gehört oder nicht. Welchen Tag haben wir eigentlich und wo bin ich? Ist das hier mein Zuhause? Warum finde ich meine Uhr oder Geldbörse nicht? Wer bestiehlt mich andauernd? Und schließlich: Die kann nicht meine Tochter sein - warum wischt diese Fremde den Boden zwischen meinen Beinen als hätte ich...?
Es beginnt mit einfacher Vergesslichkeit. Nicht tragisch, denn jeder vergisst mal etwas. Allmählich setzen Erkennungsstörungen ein und man überlegt, ob eine Person zum Bekanntenkreis gehört oder nicht. Welchen Tag haben wir eigentlich und wo bin ich? Ist das hier mein Zuhause? Warum finde ich meine Uhr oder Geldbörse nicht? Wer bestiehlt mich andauernd? Und schließlich: Die kann nicht meine Tochter sein - warum wischt diese Fremde den Boden zwischen meinen Beinen als hätte ich...?
Das Euro-Studio Landgraf gastierte auf Einladung des Besucherring Brilon mit dem Stück „Vater“ im Bürgerzentrum Kolpinghaus. Ein aufwühlendes Stück über einen an Alzheimer erkrankten Mann. Von außen betrachtet, erzeugen die sich steigernden Symptome einer Alzheimer Demenz mitleidiges Kopfschütteln oder auch Ärger. Je nachdem, wie nahe einem der Betroffene steht. Was aber, wenn man die Verwirrung des Leidenden am eigenen Leibe erfährt, weil man sich mit ihm in einem Labyrinth aus Unsicherheiten befindet, wo kein roter Faden den Weg hinaus weist?
Der vielfach ausgezeichnete französische Dramaturg Florian Zeller hat es auf meisterhafte Weise geschafft, uns die verklebenden Neuronen im Hirn des 80-jährigen Ingenieurs Andre erfahrbar zu machen, so dass seine kaum noch strukturierbaren Erlebnisse und Empfindungen zu unseren werden. Existiert wirklich die attraktive Pflegerin Laura, mit der ich einen Stepptanz hinlegen wollte? Was tut meine nervende Tochter überhaupt noch hier, wo sie doch zum Freund nach London ziehen wollte, der auch plötzlich in meiner Wohnung ist, von der sie behauptet, es sei ihre, wobei ich meine andere Tochter, wo befindet sich die bloß (?), immer schon lieber mochte?
Manches Mal bleiben einem die Lacher der komischen Momente im Halse stecken, weil man mit dem hervorragend spielenden Ernst-Wilhelm Lenik jede Ratlosigkeit spürt, gleichzeitig die Belastungen von Tochter Anne (stark: Irene Christ) nachempfinden kann. Wo Til Schweigers Film „Honig im Kopf“ noch manches Mal die Grenze zum Klamauk überschreitet, da verlässt das Ensemble des Schauspielhauses Stuttgart nie die Ebene der Betroffenheit und Nachdenklichkeit, ohne jedoch Panik zu erzeugen.
Unterstützt wird Letzteres durch das Bühnenbild, bestehend aus nur ansatzweise durchsichtigen Plexiglaswänden. Gut, dass man auch bei der eigenen Zukunft nicht so ganz den Durchblick hat...