Marsberg. . Die Familie des in Marsberg verstorbenen Schützenkönigs macht Schadenersatzansprüche geltend. Zahlt die Versicherung der Bruderschaft?

  • Bis Ende Juli hat Versicherung der St. Peter-und-Paul-Bruderschaft Zeit, Schadenersatzansprüche anzuerkennen
  • Für die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche ist die gerichtliche Feststellung der Schuld Voraussetzung
  • Versicherung hat Schmerzensgeld und Sachschaden von zwei weiteren Betroffenen schon beglichen

Bis Ende Juli hat die Versicherung der St. Peter-und-Paul-Bruderschaft Obermarsberg noch Zeit, die Schadenersatzansprüche der Familie des vor zwei Jahren beim Anböllern des Niedermarsberger Schützenfestes ums Leben gekommenen Königs Andre B. anzuerkennen.

Diese Frist hat der Anwalt der Familie, Andre Iske (Bad Arolsen), der Versicherung gesetzt, nachdem das Amtsgericht Marsberg - wie in der vergangenen Woche berichtet - das Verfahren gegen den wegen fahrlässiger Tötung angeklagten, 64 Jahre alten Böllerschützen aus Obermarsberg wegen „sehr geringen Verschuldens“ gegen Zahlung einer Geldbuße von 5000 Euro eingestellt hat.

Weg für zügige rechtliche Abwicklung frei gemacht

Mit seinem Geständnis, die beiden Kanonen ohne vorherige Kontrolle der Ladung abgefeuert zu haben, hatte der pensionierte Polizeibeamte und ehemalige Schießmeister des Kreisschützenbundes Brilon dem Gericht und der Staatsanwaltschaft den Weg für eine zügige rechtliche Abwicklung des Verfahrens ohne Hauptverhandlung frei gemacht. Fast zwei Jahre hatte der Angeklagte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.

Es geht nicht nur ums Schmerzensgeld

Und auch seine beiden Kameraden, die ihm bei Böllern assistierten und die laut Aktenlage die vorschriftswidrige Beladung der beiden Böller vorgenommen haben sollen, äußerten sich nicht zu dem tragischen Geschehen; die Ermittlungsverfahren gegen sie hatte die Staatsanwaltschaft eingestellt.

Zwei Kanonen waren explodiert, Metallteile hatten den Schützenkönig getroffen und tödlich verletzt. Für die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche sei die gerichtliche Feststellung der Schuld, so Anwalt Iske, die wesentliche Voraussetzung, und zwar unabhängig von ihrem konkreten Ausmaß. Der Jurist zur WP: „Von der leichtesten Form der Fahrlässigkeit sind wir hier weit entfernt.“ Ansprüche machen neben der Witwe des Schützenkönigs auch dessen Eltern und seine beiden Brüder geltend. Dabei, so Iske, gehe es nicht nur um Schmerzensgeld, sondern u.a. auch „um entgangenen Unterhalt für die Zukunft“. Wobei der Anwalt eine Erwerbszeit von mehr als 30 Jahren ansetzt.

Anwalt: Nicht einmal einen Hauch von Reue oder Bedauern

Bereits vollumfänglich beglichen hat die Versicherung das Schmerzensgeld und den Sachschaden von zwei weiteren Betroffenen des tragischen Unglücks. Deren zivilrechtlichen Ansprüche hatte der Briloner Anwalt Oliver Brock durchgesetzt. Anders als Iske, der die Angehörigen des ums Leben gekommenen Schützenkönigs als Nebenkläger vertrat, war Brock allerdings nicht an dem Strafverfahren beteiligt. Für den „Deal zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung“ hat er gleichwohl kein Verständnis. Brock zur WP: „Das versteht keiner.“ Leider sehe die Strafprozessordnung bei einer derartigen Einstellung für den Nebenkläger kein Veto-Recht vor. Dabei sei das „Herausarbeiten von Verantwortlichkeit“ in einer Gerichtsverhandlung für die Opfer wichtiger Teil der Trauerarbeit.

Böllergenehmigung vom Kreis entzogen: Klage eingereicht

Das ist noch mehr offen. So ist für Anwalt Andre Iske „schon sehr bemerkenswert“, dass der Hauptbeschuldigte gegenüber den Angehörigen des getöteten Schützenkönigs „bisher nicht einmal einen Hauch von Reue oder Bedauern“ gezeigt habe.

In eigener Sache dagegen ist der 64-Jährige recht rege. Mit Datum vom 8. Dezember hatte ihm der Hochsauerlandkreis die Böllergenehmigung entzogen. Nachdem das Verwaltungsgericht seinem Eilantrag dagegen nicht stattgegeben hatte, klagt er gegen den Kreis.

Rechte und Pflichten von Schadensverursacher und Versicherung

In § 823 regelt das Bürgerliche Gesetzbuch die Schadensersatzpflicht: Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Ob eine Versicherung in die Haftung eintritt oder der Verursacher für einen Schaden aufkommen muss, hängt von der individuellen Vertragsgestaltung ab. Bei Vorsatz ist die Versicherung nicht zur Leistung verpflichtet, grobe Fahrlässigkeit kann vom Schutz ausgeschlossen werden.

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