Hallenberg. . Stadtkapelle Concordia feiert auf Fronleichnam ihr Jubiläum. Aus den acht Gründungsmitgliedern von einst sind heute 108 aktive Musiker geworden.

„Klein an der Zahl, gering an Mitteln und arm an musikalischen Kenntnissen“ – so beschrieb ein Zeitungsbericht seinerzeit die acht jungen Männer aus Hallenberg, die am 18. Mai 1902 den Musikverein „Concordia“ Hallenberg“ gründeten.

Ihr in den Statuten verankertes Ziel: „Durch öftere Zusammenkunft die Musik und den nötigen Anstand zu pflegen, die Freundschaft zu binden und das Leben der Mitmenschen zu erheitern.“

Einige Dinge haben sich in den vergangenen 115 Jahren entscheidend geändert, die Ziele von damals sind jedoch immer geblieben. Von den acht Gründern ist die Stadtkapelle „Concordia“ Hallenberg, wie sie seit 1975 heißt, auf heute 108 aktive Musikerinnen und Musiker zwischen 7 und 70 Jahren angewachsen, davon allein 73 im „großen“ Verein.

Eines der ersten Fotos der Hallenberger Männer, die 1902 die Stadtkapelle gegründet haben.
Eines der ersten Fotos der Hallenberger Männer, die 1902 die Stadtkapelle gegründet haben.

Im Jugendblasorchester spielen 35 Jugendliche, von denen ein Teil auch bereits in der Stadtkapelle ist, neun Kinder sind derzeit in Ausbildung. Lange Jahre oder fast Jahrzehnte bestand die Stadtkapelle, wie viele andere Musikvereine auch, aus nur einer Handvoll Leuten, die Feste und kirchliche Anlässe im Ort und der Umgebung musikalisch begleiteten. Im Zweiten Weltkrieg starb mit neun jungen Männern fast die Hälfte der Mitglieder oder wurde vermisst gemeldet.

Mit dem Dirigenten Erich Schroer aus Dortmund erlebte die Hallenberger Musik ab Mitte der 70er dann einen entscheidenden Aufschwung. Schroer legte großen Wert auf die Probenarbeit sowie die Ausbildung und gründete dazu das bis heute bestehende Jugendblasorchester. Er kam deshalb fast jedes Wochenende aus dem Ruhrgebiet nach Hallenberg. Sein Nachfolger Alfred Brinkmann dirigierte einige Jahre gemeinsam mit Leo Dworiankin aus Hallenberg, bis dieser 1984 den Dirigentenstab allein übernahm.

Seit Anfang 2006 steht nun Matthias Menzel am Dirigentenpult – den beiden ist es zu verdanken, dass ein Zeitungsbericht über die musikalischen Kenntnisse heute sicher ganz anders ausfallen würde.

Uniform im Marine-Stil

Uniformen

Die Stadtkapelle beeindruckt nicht nur durch ihr musikalisches Können in Konzerten, bei der Marschmusik oder Tanzabenden, sie fällt auch optisch auf: Noch auf dem Kreisschützenfest 2014 in Brilon erwähnte die WP die in Musikerkreisen eher ungewöhnliche, in Dunkelblau mit Gold gehaltene Uniform der Hallenberger, die der Marine nachempfunden ist.

Auf den alten Fotos ist zu sehen, dass die Hallenberger Musiker ab ca. 1927 nicht mehr in Straßenanzügen, sondern in einheitlichen Uniformen auftraten. Unter dem Nazi-Regime in den 30er Jahren mussten sich die Musiker entscheiden: Entweder wurden sie mit der SA oder mit der Feuerwehr gleichgeschaltet oder aufgelöst. Sie entschieden sich für die Feuerwehr und bekamen somit auch deren Uniform. Erst viele Jahre nach dem Krieg wurde die Kapelle wieder eigenständig, die Uniformen wurden abgegeben. Der gute Draht zur Feuerwehr, der sich in gegenseitiger Unterstützung ausdrückt, ist aber bis heute geblieben.

Nach der Feuerwehrzeit behalfen sich die Musiker bis Anfang der 90er Jahre u.a. mit abgelegten Jacken von der Post oder der Eisenbahn. Als die Zahl der Aktiven jedoch stetig anwuchs, wurde 1990 die bis heute aktuelle Uniform im Marine-Verschnitt angeschafft und zum ersten Mal auf dem Weihnachtskonzert vorgestellt.

Musikerinnen

Die Emanzipation hielt in Hallenberg als einer der ersten Kapellen im Sauerland überhaupt Einzug: 1971 traten die ersten beiden jungen Frauen in den Musikverein ein und entzückten mit ihren kurzen Röcken die Musikerwelt.

Allen damaligen Unkenrufen zum Trotz, dass sich die Ausbildung von Mädchen nicht lohne, weil sie nicht lange durchhielten und nur Unruhe in den Verein brächten, stellen die Musikerinnen heute fast die Hälfte der Aktiven in der Stadtkapelle, davon viele schon über Jahrzehnte. So ist z.B. Ulla Menzel schon seit ihrem Eintritt im Jahr 1972 bis heute als Flügelhornistin dabei. Und mit Sarah Dworiankin ist auch der Vorsitz seit 2012 in weiblicher Hand.

Concordia - Zusammenhalt

Concordia – dieser lateinische Zusatz, den die Stadtkapelle schon seit ihrer Gründung vor 115 Jahren im Namen führt, bedeutet Eintracht und Zusammenhalt. Dass das nicht nur eine Floskel ist, zeigt sich an einer Besonderheit: Seit 1978 haben sechs aktive Musiker-Paare geheiratet und sind alle bis heute noch zusammen!

Musik als Bindeglied zur Heimat

Der demografische Wandel macht jedoch auch vor der Hallenberger Stadtkapelle nicht halt. Fast 20 Musiker wohnen oder studieren außerhalb von Hallenberg und kommen, wenn es irgendwie möglich ist, am Wochenende teilweise über weite Strecken zu den Proben und Auftritten zurück.

Für viele junge Leute ist die Stadtkapelle somit neben Familie und Freunden ein weiteres Bindeglied zur Heimat – und vielleicht ein Grund bei der Entscheidung, irgendwann wieder ins Sauerland zurückzukehren.

Musikfest ab 11.30 Uhr

Wenn ein Verein über 115 Jahre so wechselvoller Geschichte besteht und sich über einen so langen Zeitraum durch unzählige Stunden rein ehrenamtliches Engagement so weiter entwickelt, ist das ein Grund zum Feiern: Am Donnerstag, 15. Juni (Fronleichnam), lädt die Stadtkapelle „Concordia“ Hallenberg deshalb alle Musikfreunde ab 11.30 Uhr an ihr Musikhaus ein, wo ein buntes Programm mit viel Musik sowie Ein-, Aus- und Rückblicken in alte und neue Zeiten wartet.

Der historische Zeitungsbericht, der seinerzeit zum 25. Jubiläum erschien, endete damals: „Und so haben sie es geschafft, dass der Verein heute geachtet von der ganzen Gemeinde und der näheren und weiteren Umgegend dasteht. Eine allgemeine Anteilnahme an diesem Feste wird ihnen die größte Freude sein und die beste Aufmunterung, auf der betretenen Bahn mutig weiter zu schreiten.“

An diesen Sätzen hat sich ganz bestimmt auch 90 Jahre später nichts geändert!

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