Hallenberg. . Schützen oder schießen? Darüber gehen die Meinungen weit auseinander, wenn von der Ansiedlung des Wolfs in Deutschland die Rede ist.
- Diskussionsabend des Hegerings Winterberg-Hallenberg fand eine riesige Resonanz
- Wildforscher Prof. Dr. Michael Stubbe plädiert für Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht
- Meinungen von Jägern, Naturschützern, Landwirten und Touristikern angehört
Wieviel Wolf verträgt das Sauerland? Diese Frage war zentrales Thema am Freitagabend in Hallenberg. Der Hegering Winterberg-Hallenberg hatte den bekannten Wolfs- und Wildtierforscher Prof. Dr. Michael Stubbe aus Halle eingeladen, um mit Jägern, Landwirten, Naturschützern und Touristikern über die zu erwartende Ansiedelung des Wolfs zu diskutieren. Wie brennend diese Frage ist, zeigten die Nummernschilder der Besucher, die teilweise weite Strecken aus dem Raum Marburg oder Rheinland-Pfalz angereist waren.
Ende 2016 wurden in ganz Deutschland 414 Wölfe in 46 Rudeln gezählt, die tatsächliche Zahl liegt laut Professor Stubbe höher, da Wildbestände in der Regel um 50 Prozent unterschätzt würden. Im Jahr 2020 seien gemäß Hochrechnungen 1000 Wölfe zu erwarten, im Jahr 2024 bereits 2000. Ein Großteil der Tiere lebt derzeit in Ostdeutschland und Niedersachsen. Noch haben sich keine Wölfe in NRW und im angrenzenden Hessen nieder gelassen. Spuren und erste Sichtungen von durchziehenden Wölfen gibt es jedoch bereits.
„Der Wolf ist ein wunderbares Tier. Aber er ist problematisch in dicht besiedelten Kulturlandschaften und muss in seinem Bestand beherrscht werden“, so lautete der Tenor von Stubbes Vortrag und auch die einhellige Haltung der anwesenden Zuhörer.
In Lettland Abschussplan
Der Wolf müsse daher ins Jagdrecht aufgenommen werden, so dass problematische Wölfe, die Nutztiere angefallen haben, geschossen und der Bestand insgesamt gedeckelt werden könne.
Als Beispiel führt Stubbe Lettland an: Hier werde jeder Abschuss gemeldet und aktuell im Internet veröffentlicht. Sobald der vorgegebene Abschussplan erfüllt sei, dürfe es keine weiteren Abschüsse geben. Lettland habe auf diese Art seine Wolfszahlen im Griff.
Bisher 46 Rudel nachgewiesen
Das Bundesland Sachsen hat im Jahr 2015 knapp 690 000 Euro für Schadensausgleich, Prävention, Forschung und Wolfsbeobachtung ausgegeben
In Niedersachsen liegen die Investitionen in ein solches Wolfsmanagement bereits bei über einer Million Euro
Laut Bundesamt für Naturschutz sind bisher deutschlandweit 46 Rudel nachgewiesen.
Übereinstimmend waren auch die Meinungen zur Weidehaltung.
Ein Landwirt aus Elsoff in Wittgenstein stellte die Frage, was aus den landschaftsprägenden Wiesentälern der Region werde, wenn Bauern aus Furcht vor Wolfsangriffen ihre Tiere nachts in den Ställen ließen und die Wiesen dadurch nicht mehr ausreichend beweidet würden.
Gefahr für Wander-Schafherden
Auch die Wander-Schafherden, die die einzige Möglichkeit darstellen, die weitläufigen Heidelandschaften in ihrer ökologischen Form zu erhalten, seien Wölfen schutzlos ausgesetzt. Es würden immer teurere Herdenschutzmaßnahmen verlangt auf Kosten der Tierhalter und des Steuerzahlers.
Laut Stubbe erhalten Tierbesitzer in Sachsen den Schlachtwert eines gerissenen Tieres, der im Zweifelsfall bei hochwertigen Zuchttieren stark vom tatsächlichen Wert abweichen könne. Auch die Anbringung von Wolfszäunen sei keine sichere Lösung; es gebe nachgewiesene Fälle, in denen Wölfe bis zu 1,40 Meter hohe Absperrungen übersprungen hätte, um Schafherden zu erreichen. „Wolfssichere Gehege sind eine Illusion“, so Stubbe.
„Jetzt ist noch Zeit zu handeln“
In Brandenburg nehmen zahlreiche Jäger inzwischen ihre Jagdhunde nicht mehr mit auf die Pirsch, um sie vor Wolfsangriffen zu schützen. Gefährlich seien sogenannte „Hybriden“, die aus Kreuzungen zwischen Wolf und Hund hervorgehen. Diesen fehle die natürliche Scheu vor Menschen, die beim Wolf selbst genetisch noch weitestgehend vorhanden sei.
Bei Rotkäppchen im Märchen gehe am Ende alles gut aus. Darauf könne man jedoch nicht tatenlos hoffen, sagt Prof. Stubbe: „Wir dürfen weder polarisieren, noch den Wolf als menschenscheuen Waldbewohner verklären. Auch die Politik kommt an der Faktenlage nicht vorbei. Jetzt ist es noch Zeit zu handeln.“
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