Marsberg/Brilon. . Im Heimatmuseum der Stadt Marsberg wurde das „Historische Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe“ vorgestellt.

  • Vierbändiges Mammutwerk befasst sich mit Geschichte jüdischer Gemeinschaften
  • Letzter Band der Reihe wurde im Stadtmuseum in Obermarsberg vorgestellt
  • Marsberg nimmt in der Abhandlung einen großen Raum ein

„Jüdische Gemeinschaften in Westfalen und Lippe“, lautete der Arbeitstitel der Historischen Kommission für Westfalen. Unter Vorsitze von Prof. Dr. Wilfried Reinighaus (Senden) ist daraus in den vergangenen 16 Jahren ein umfangreiches Nachschlagewerk mit insgesamt 860 Seiten in vier Bänden geworden. Der letzte und vierte Teil der Reihe „Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe“ liegt jetzt auch vor.

Einzeln und als Kassette erhältlich

Das „Historische Handbuch der jüdischen Gemeinschaften in Westfalen und Lippe“ steht unter

der Schirmherrschaft des Zentralrates der Juden in Deutschland und wird von der Historischen Kommission für Westfalen in Kooperation mit dem Institut für vergleichende Städtegeschichte an der Uni Münster herausgegeben.

Die vier Bände des historischen Handbuches enthalten 50.000 Personennamen.Ein Register ist in Arbeit. Ein Ortsregister ist fertig. Die Bände sind im Ardey-Verlag erschienen. Sie sind zusammen in einer Kassette erhältlich für 274 Euro, aber auch einzeln.

Große und kleine Gemeinden sind vertreten

Er behandelt die ehemaligen und heutigen jüdischen Gemeinden im Regierungsbezirk Arnsberg. „Die großen Gemeinden des Ruhrgebietes sind darin ebenso vertreten wie die kleinen Gemeinden im Sauerland“, sagt Prof. Dr. Reininghaus. Der frühere Leiter des Landesarchivs NRW in Münster hat sich nach seiner Pensionierung ganz der Erstellung des Mammutwerkes gewidmet. Jetzt war er mit Dr. Burkhard Beyer, Leiter der LWL-Geschäftsstelle, und Alexandra Kohlhöfer, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Geschäftsstelle, auf Einladung des Marsberger Heimatbundes zu Gast und stellte die Handbuchreihe dem Team des Heimatmuseums in Obermarsberg vor.

Es ist noch längst nicht alles erforscht

„Marsberg nimmt einen großen Umfang im vierten und letzten Band der Reihe ein“, so der Professor. Und schlage damit große Städte wie Dortmund und Bochum. „Es gibt sehr viel zu berichten über die jüdischen Gemeinschaften in Marsberg und seinen Ortsteilen“, so der Professor. Nachzulesen ist es allein in acht Artikeln. Die Aufarbeitung sei längst noch nicht abgeschlossen: „Es gibt noch einiges zu entdecken.“

Marsberg war nach Frankfurt und Hamburg die drittstärkste Hauptachse jüdischer Gemeinschaften

Abends beim Vortrag im Bürgerhaus erfuhren die 60 Zuhörer von Professor Reininghaus, dass Marsberg nach Frankfurt und Hamburg-Altona die drittstärkste Hauptachse jüdischer Gemeinschaften gewesen ist. Der Professor macht das zum einen an der Grenzlage der Stadt fest. „Marsberg war an vier Territorien beteiligt: dem Herzogtum Westfalen, Paderborn, Hessen und Waldeck.“ Als zweiten Grund nannte er die unterschiedlichen Adelsherrschaften im Stadtgebiet. Ab 1603 gab es unregelmäßig Vorsteher der Juden im Herzogtum Westfalen. 1648 wurde „David zum Stadtberge“ genannt.

...Bernd Follmann, einer der fünf Marsberger Autoren

1 Die vier Bände sind in Regionalbände gegliedert. Wie sind sie aufgeteilt?
Die Regionalbände gliedern sich in Überblicks- und Ortsartikel. In den Überblicksartikeln werden generelle Sachverhalte und allgemeine Entwicklungen getrennt nach Territorien des Alten Reiches beschrieben. So gibt es für das Herzogtum Westfalen sogar zwei Überblicksartikel, die sich zum einen auf die Zeit bis um 1700 und auf die Zeit im 18. Jahrhundert beziehen.

2 Wo findet man die Ortsartikel?
Für alle Orte, für die jüdisches Leben, das heißt, zumindest eine Betstube oder ein Friedhof, nachgewiesen ist, wurde ein Ortsartikel aufgenommen. Es wurde ein einheitliches Gliederungsschema vorgegeben. So können Texte verglichen werden, zum Beispiel, wenn man feststellen will, welche herausragenden jüdischen Persönlichkeiten in den einzelnen Gemeinschaften gelebt haben.

3 Für wen ist das Handbuch interessant?
Für jeden, der sich mit jüdischer Geschichte beschäftigt, wird es unverzichtbar sein. Es dürfte künftig Ausgangspunkt und Grundlage für weitere Veröffentlichungen zum Thema sein. Für Bibliotheken und andere öffentliche Institutionen ist die Anschaffung ein absolutes Muss.

Vielfältige Geschichte dargestellt

„Mit dem Werk soll die lange und vielfältige Geschichte jüdischen Lebens in Westfalen und Lippe dargestellt werden“, verdeutlicht der Professor. „Erste Nachrichten liegen für das Hochmittelalter vor, die sich im Laufe der Jahrhunderte zu einer Beschreibung vielfältigen jüdischen Lebens verdichten.“ „Erschreckend dann die Jahre der Verfolgung und Vernichtung der Juden während des Nationalsozialismus“, fügt Bernd Follmann an.

Insgesamt haben 57 Autorinnen und Autoren die 101 Ortsartikel des Arnsberg-Bandes ehrenamtlich geschrieben. Reininghaus: „Die große Zahl der vorgelegten Texte führte dazu, dass viele Beiträge zu überarbeiten und miteinander zu verzahnen waren.“ Eine umfangreiche Arbeit für die Redaktion und ein wesentlicher Grund für die lange Dauer des Projektes.

Große Dichte jüdischer Gemeinschaften auch in Brilon

Für das Stadtgebiet Brilon hat Ursula Hesse „wichtige Vorarbeit geleistet“. In Brilon gab es laut Professor Reininghaus eine ähnliche Dichte an jüdischen Gemeinschaften wie im Marsberger Stadtgebiet, aber weniger Adelsherrschaft. Der riesige jüdische Friedhof in Madfeld sei Zeugnis für den großen Anteil der jüdischen Bevölkerung. Brilon war der zentrale Ort der jüdischen Gemeinschaften bis Hallenberg. Reininghaus: „Die Juden aus Hallenberg mussten zu Fuß auf zur Synagoge in Brilon machen.“

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