Brilon. . Statt Raclette und Raketen müssen viele malochen. Im Gesundheitswesen, in der Gastronomie, bei der Feuerwehr - überall wird Silvester gearbeitet.
- Im Krankenhaus steht ein Team parat, falls sich jemand verletzt
- Die Taxifahrerin dreht auch zum Jahreswechsel ihre Runden
- Und in der Apotheke gibt es Pillen und Co. für den Ernstfall
Aufs Tanzen freuen sich viele. Auf ein paar Biere und Cocktails, auf gutes Essen, Zeit mit den Liebsten und um Mitternacht funkensprühendes Feuerwerk. Manche müssen auf all das verzichten, denn die Arbeit ruft...
Die Taxifahrerin ist auch in der Silvesternacht unterwegs
Die Silvesternacht beginnt ruhig für Jutta Husemann. Um sechs Uhr abends geht es für sie los. Ein paar aufgeregte Partygäste zu den Feiern bringen. „Das ist still und ruhig. Die anderen Fahrer haben mal ‘ne Kanne Kaffee dabei, um wach zu werden“, sagt sie. Zusammen überbrücken sie die Wartezeit, klönen. Taxifahrergeschichten.
Ab 12 Uhr „brennt der Baum. Da kriegt man nicht so viele Autos wie man fahren möchte“, sagt Jutta Husemann. Manchmal muss sie den Fahrgästen sagen, dass sie drei bis vier Stunden auf den nächsten Wagen warten müssen. Seit 22 Jahren feiert Jutta Husemann kein Silvester mehr. Fremde statt Familie. Nette Fremde. „Die meisten sind ja froh, ein Auto zu haben. Die sind dann um 180 Grad anders als sonst. Die sagen zu mir: Arme Socke, du musst arbeiten. Und ich sag dann: Arme Socke, du hast morgen einen Kater!“ Sie lacht.
Manchmal möchte sie auch gerne tanzen und feiern
Ihr Ex-Chef sagte damals, als sie noch in Paderborn arbeitete: „Entweder du bist Taxifahrer oder du fährst ein Taxi. Was bist du?“ Eindeutig eine Taxifahrerin, denn ihr Beruf ist Berufung. „Der Chef hat immer gesagt, ich kann mich von 0 auf 100 auf meine Fahrgäste einstellen.“ Dann händelt sie auch die betrunkenen Partylöwen im Wagen.
Manchmal holt sie Feiernde direkt ab. Dann sieht sie tanzende und trinkende Menschen und denkt: „Ooh, ich möchte auch gerne tanzen und trinken.“ Aber sie sagt auch: „Das hält sich die Waage.“
Die Apothekerin macht aus der Not eine Tugend
24 Stunden vor Ort. Brigitta Hertwig verbringt ihren Silvesterabend in der stillen Markt Apotheke in Olsberg. Gegen die Stille lädt sie ein. „Ich mache aus der Not eine Tugend. Immer, wenn ich Notdienst habe, sage ich Freunden und Bekannten Bescheid.“ Mit Kaffee und Kuchen kommen sie und leisten ihr Gesellschaft. „Manchmal habe ich so viel zu tun, dass meine Freundin da sitzt und mich fragt, warum sie überhaupt gekommen ist“, sagt die Filialleiterin.
Wie viel zu tun ist, kann sehr unterschiedlich sein. Manchmal kommen viele, manchmal wenige Menschen. „Im Moment herrscht hier ja auch Magen-Darm-Grippe und Erkältung. Kann sein, dass deswegen einige Kunden vorbeikommen.“ Einen Silvester-Sturm erwartet sie nicht. „Man muss das Beste draus machen!“, sagt Brigitta Hertwig. „Und: An meinen letzten Dienst erinnere ich mich noch genau. Der war vor 25 Jahren. So oft wie Krankenschwestern und Ärzte arbeiten wir also nicht an Feiertagen.“
Brandverletzungen, Unfallopfer und Missgeschicke - der Arzt hat Dienst
Silvester im Krankenhaus. Brandverletzungen, Betrunkene, die benebelt Missgeschicke bauen, Unfallopfer, lautes Rufen, das Piepen der Maschinen, im Hintergrund immer das Martinshorn. Ein Bild, das nur im Fernsehen real ist.
„Die letzten Jahre waren gesittet, ich kann also kein Bild von der Ambulanz in einer Ex-tremsituation zeichnen“, sagt Thomas Pape, Pflegedienstleiter des Krankenhauses Maria Hilf, fast entschuldigend. Natürlich kann es hektisch werden, das gibt er zu. Aber meistens ist der Silvesterabend „einfach nur der 365. Nachtdienst im Jahr.“
Auch das Wetter spielt dabei eine Rolle
In den letzten Jahren war Silvester wie jede andere Nacht auch. „Die Industrie hat neue Batterien erfunden, mit Reservezündung. Früher musste man jede Rakete per Hand zünden. Mit Alkohol intus und benebelt ging das schief. Mittlerweile zünden die Raketen von allein und man kann bequem zurücktreten.“ Weniger Brandverletzungen also.
Und auch die Witterung spielt dem Krankenhaus in die Karten: „Keine Kapriolen und milde Temperaturen. Da gibt es keine Unfälle“, sagt Thomas Pape. Er erinnert sich genau an die ruhigste Silvesternacht der vergangenen Jahre. „Minus zehn Grad und einen Meter Schnee. Da ist niemand rausgegangen.“
Die Stammbesetzung arbeitet, versorgt Patienten und wusste schon beim Jobantritt, dass dieser Dienst auch auf sie zukommen würde. „Wer an Silvester arbeitet, bekommt an Weihnachten frei. Und andersrum“, verspricht Thomas Pape. Und manchmal, wenn nichts zu tun ist, versammeln sich Krankenschwestern und Ärzte um zwölf Uhr an den Fenstern Richtung Westen, die Brilon zeigen, hoffen auf klare Sicht und Feuerwerksfunken am Himmel.
Für Polizisten ist die Silvesternacht die einsatzreichste Nacht des Jahres
Holger Glaremin, Pressesprecher der Polizei im Hochsauerland, fuhr selbst schon vier oder fünf Mal Streife in der Silvesternacht. Für ihn und alle anderen Beamten keine Nachtschicht wie jede andere. „Silvester ist die einsatzreichste Nacht des Jahres“, sagt er. Mit Verstärkung sind sie heute Nacht unterwegs. Meistens bleibt es ruhig bis zum neuen Jahr. Dann können die Polizisten einen Kaffee trinken, um wach zu bleiben. Immer zu zweit sind sie unterwegs.
Ab 12 Uhr schallt dann das Martinshorn. „Dann geht’s von einem Einsatz zum nächsten.“ Körperverletzung, Schlägereien, Sachbeschädigung wegen der Knaller. Vor allem: Alkohol am Steuer. „Wir beobachten verstärkt den Verkehr“, sagt Holger Glaremin und meint das als kleine Warnung an die Feierwütigen. Manche von ihnen verbringen den Jahreswechsel hinter Gittern. „Wir mussten schon eine renitente Dame in die Zelle bringen. Die kam nicht zur Ruhe. Die hat Silvester also bei der Polizei verbracht.“ Das sei oft so, sagt Holger Glaremin.
Dienst am Heiligabend ist für viele noch schlimmer
Um sechs in der früh ist Schluss. Dann geht es heim zu den Liebsten und ins Bett. „Klar, man vermisst das schon, mit der Familie zu feiern. Aber soll ich mal was sagen? Dienst an Heiligabend ist viel schlimmer.“ Holger Glaremin schiebt gleich hinterher: „Wir alle wussten das vorher. Solche Einsätze gehören zum Job.“
Feuerwehr ist in Bereitschaft
Dienst könne man das nicht nennen, sagt Frank Steker von der Marsberger Feuerwehr. „Eher Bereitschaft.“ Der Pieper kann dann jederzeit losgehen. Beim Fondue, beim Tanzen, beim Schlafen. Frank Steker traf es selbst vor zwei Jahren. Hausbrand in Oesdorf. Damals war er auf einer privaten Feier.
Sonst läuft Silvester ruhig ab für die Feuerwehr. „Manche trinken an dem Abend aber extra nichts. Nur zur Vorsicht, denn sonst wäre ein Einsatz schon unmöglich.“
Nach der Messe hat der Pfarrer frei
Die Vorbereitung auf Silvester beginnt für Norbert Lipinski schon vor dem 31. Dezember. Er macht sich Gedanken über den Neujahresabschlussgottesdienst. Am Abend steht er auf der Kanzel in der Winterberger St. Jakobus-Kirche und spricht zur Gemeinde. Dem Pfarrer ist es wichtig, ihr Jahr zusammenzufassen. „Ich versuche, die Gemeinde mit einzubinden. Taufen und Kommunionen von Kindern, Trauungen von den Erwachsenen. Ich will die Menschen mit in den Gottesdienst nehmen“, sagt er.
Nach der Messe hat er frei. Dann trifft er sich mit Freunden. Zusammen setzen sie sich in die Kirche und warten auf Mitternacht. Dann werden die Glocken geläutet: „Um das neue Jahr zu begrüßen.“
Folgen Sie der WP Altkreis Brilon auf facebook.