Brilon. . „music world“ in Brilon zählt zu größten Musikalien-Fachgeschäften. Ein Franzose reiste drei Mal nach Brilon für sein Traum-Instrument.
Am Anfang war ein gerade einmal 60 Quadratmeter kleiner Raum. Demnächst ist die „music world brilon“ 75 Mal so groß. Der Musikinstrumentenhandel am Hasselborn erweitert seine Verkaufs- und Lagerfläche noch einmal um 2000 auf 4500 Quadratmeter. Im Sommer soll alles fertig sein. Der Betrieb mit 36 Angestellten investiert einen sechsstelligen Betrag. Ein mutiger Schritt in Zeiten, in denen ein rauer Wind über Tasten, Saiten und Mundstücke fegt.
Zehn Geschäfte sind unter einem Dach vereint
„Größer werden oder klein sterben – ich wollte nie der kleine regionale Laden sein“, beschreibt Meinolf Kahrig seine Maxime. Und dieser Devise ist der 53-Jährige bislang treu geblieben. Die „music world“ zählt mittlerweile zu den zehn größten Musikalien-Fachgeschäften bundesweit. Kahrig: „Es gibt in Europa vier ganz große Firmen, die mit Fremdkapital arbeiten und versuchen, den Markt kaputt zu machen, um ihn dann später zu beherrschen. Alle kleinen Läden werden untergehen.“ Diesem Trend setzt der Briloner fachliche Beratung und Service entgegen. Ob Tasten-, Percussions-, Blasinstrumente, Gitarren, Verstärker oder Streicher – in Brilon vereinen sich mindestens zehn einzelne Fachgeschäfte unter einem Dach. Und in jeder Sparte arbeiten Kenner ihres Fachs.
1999 hatte die „music world“ den ersten Online-Shop
Vieles wird mittlerweile online bestellt. Schon 1999 hatte die „music world“ den ersten Online-Shop. „Einen Notenständer oder zum Beispiel ein Standard-Gesangsmikrofon von Shure muss und will niemand mehr vorher ausprobieren. Da ist auch preislich alles ausgereizt. Aber es gibt nach wie vor Instrumente, die selten verlangt werden, die sich kaum jemand auf Lager legt. Sie sind ausgesprochen hochwertig und auch hochpreisig. Und dafür braucht man das entsprechende Umfeld, also auch die Leute, die beraten können“, erklärt Kahrig.
Kontinuierlich auf Expansions-Kurs
Am 21. November 1987 macht der diplomierte Musiklehrer Meinolf Kahrig ernst. In der Briloner Kapellenstraße 11 eröffnet er ein Musikgeschäft. Sieben Gitarren, ein paar Blockflöten, Noten, ein Schlagzeug, drei Keyboards - das war das Anfangs-Equipment auf 60 qm Verkaufsfläche.
Aber schon 1992 zieht der kleine Laden zwei Häuser weiter in die alte Schreinerei Schladoth, wo das Sortiment immerhin schon auf zwei Etagen und 250 Quadratmetern Fläche präsentiert wird. Im Februar 2000 wird dann die „music world“ am jetzigen Standort eröffnet. Belegschaft: sieben Leute.
Fünf Jahre später wird wieder angebaut, 2006 kommen die Räumlichkeiten von Holz-Tusche dazu, 2015 ein benachbartes Holzhaus Heimstatt für die Streichinstrumentenabteilung „Geigenbau Brilon“ und jetzt kommt in Sandwich-Bauweise noch einmal Fläche hinzu – für Laden, Lager und Logistik.
Was man nicht vorrätig habe, verkaufe man auch nicht, ist seine Erfahrung. Daher spiele die Verfügbarkeit eine große Rolle. Aus Holland, Frankreich oder Belgien kommen Kunden nach Brilon. Neulich war jemand aus der französisch-sprechenden Schweiz da, der ein ganz bestimmtes Vibraphon suchte: ein französisches Produkt, das es weder bei den Eidgenossen noch in der Grande Nation gab. In Brilon stand es. Ein Außendienstler ist außerdem bundesweit unterwegs, um z.B. Schulen und Orchester zu beraten.
Es gibt Hersteller, die einige Instrumente nur in kleiner Stückzahl produzieren. Professionelle Musiker wissen das und suchen solche limitierten Stücke gezielt. „Es kann sein, dass ein Orchestermusiker bei uns ein teures Bariton-Saxophon ausprobiert, von dem nur zehn Stück gebaut wurden. Vom ganzen Sound und von der Handhabe her ist das Instrument wie für ihn gemacht. Aber vielleicht kommt er mit der Federspannung an der untersten Ventil-Klappe nicht zurecht. Dann haben wir den Fachmann da, der das justieren oder zur Not auch umrüsten kann“, sagt Kahrig.
Gegen die China-Billig-Instrumente
Generell hat der Musikfachmann festgestellt, dass der Trend wieder zu Qualität geht. Preisbewusste Kunden haben China-Billig-Instrumente ausprobiert und danach wieder hochwertige Waren schätzen gelernt. „Der Online-Handel wird weiter wachsen; er macht bei uns momentan schon 60 Prozent des gesamten Geschäftes aus. Aber ich habe das Gefühl, dass das Ladengeschäft wieder zunimmt.“ Sind ja jetzt auch ein paar Quadratmeter mehr als damals vor 29 Jahren...
Dreimal aus Frankreich angereist für Traum-Instrument
„Das ist es. Genau das muss ich haben.“ Als ein Musikstudent aus Frankreich im Internet sein Traum-Instrument zu einem guten Preis entdeckt, ist es um ihn geschehen. Ohne lange zu fackeln, setzt er sich in den Zug und fährt 1200 Kilometer nach Brilon. Exakt dieses Fagott soll es sein. Aber hätte er bei aller Euphorie genau hingeschaut, hätte er gesehen, dass das Instrument nicht sofort verfügbar ist. Und so steht er in der „music world brilon“ und tritt mit leeren Händen die Heimreise an. Das Musikhaus verspricht aber, das Fagott schnellstmöglich zu besorgen und ordert sofort zwei davon. Schließlich soll der Student das gute Gefühl haben, auch wirklich eine Wahl treffen zu können. Und schlussendlich hat jedes der handgemachten Holzblasinstrumente eine eigene Seele und einen eigenen Charakter.
Wenig später treffen sich Fagotte und Student in Brilon. Diesmal kommt der Musikus mit seinen Eltern und per Auto ins Sauerland. Er probiert, spielt und ist begeistert. Was er vergessen hat: das Geld. Weder mit EC noch Eurocard lässt sich das Geschäft abwickeln. Und einem fremden Kunden mal eben nur wegen der schönen blauen Augen ein Instrument für 14 000 Euro mitgeben – wer würde das tun? Die „music world“ verspricht dem Musiker, ihm das Fagott nach Eingang des Geldes in Watte zu packen und per Post zu schicken. Aber der winkt ab. Was unterwegs passieren könnte...
Ein drittes Mal reist er an, auf dem Hinweg die Kohle im Gepäck und auf dem Rückweg das Instrument seiner Träume.
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