Brilon/Gevelinghausen.. Den misshandelten Therapiepferden der Briloner Jugendhilfeeinrichtung „Let’s go!“ geht es wieder gut. Alle Tiere sind inzwischen umgezogen.


Überraschung! Palim-Palim hatte ganz plötzlich doch noch ein Fohlen im Bauch. Ähnlich erging es Ziege Upsalla. Und Esel Maps heißt so, weil sein Fell wie eine Landkarte gezeichnet ist. Man merkt schon, dass hier Menschen eine besondere Beziehung zu Vierbeinern pflegen. Fast all diese Tiere haben eines gemeinsam: Sie haben die Schattenseiten des Lebens gesehen und waren mitunter schwer traumatisiert. Damit geht es ihnen ähnlich wie den rund 200 Kindern und Jugendlichen, die die Jugendhilfe „Let’s go!“ im Großraum Hochsauerland betreut.

Drei Pferde schwer verletzt

In den öffentlichen Fokus war sie gerückt, als vor fast fünf Wochen drei Therapiepferde der Einrichtung auf einer Koppel bei Brilon zum Teil schwer verletzt worden waren. Dem Kaltblut-Wallach „Furges“ wurden dabei vermutlich mit einer Zange oder einem Messer die Nüstern aufgeschnitten.

Die Polizei hat den oder die Täter noch nicht ermitteln können. Aber zum Glück: „Den Tieren geht es wieder gut und sie haben ihr Vertrauen zu uns Menschen behalten“, sagt Ergotherapeutin Nina Schönrock, die bei „Let’s go!“ arbeitet.

Tierquäler-Attacke nicht aufgeklärt

Der Name des Vereins stand wohl auch Pate, als sich die Jugendhilfe-Einrichtung unter dem Eindruck der Tierquäler-Attacke mehr oder weniger spontan entschloss, einen eigenen Reiterhof zu erwerben. „Der Hof Luhme in Gevelinghausen stand zum Kauf an. Es gab wohl weitere Interessenten, aber der Besitzer hat sich für uns entschieden, weil er unsere Arbeitsphilosophie und unsere pädagogische Idee unterstützt“, erklärt Britta Mohr, Vorsitzende und Leiterin von „Let’s go! e.V.“, der rund 250 Mitarbeiter beschäftigt und seinen Verwaltungssitz in Brilon-Wald hat.

10 000 Euro Förderpreis an „Let’s go!“ verliehen


Der Jugendhilfeverein „Let’s go!“ ist mit dem Förderpreis der Stiftung „help and hope“ ausgezeichnet worden. Er ist mit 10 000 Euro dotiert.



Die Stiftung „help and hope“ mit Sitz in Bönen kümmert sich um Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenslagen. Die Stiftung besteht aus 80 Wirtschaftsunternehmen. Der tiergestützte Ansatz, mit dem „Let’s go!“ arbeitet, hat die Stiftung nachhaltig beeindruckt.

„Wir hatten für den Förderpreis 46 Bewerbungen. Unsere Jury, der u. a. auch die ehemalige Eisschnellläuferin Anni Friesinger angehörte, war beeindruckt, wie viel Herzblut in die Arbeit mit Kindern und Tieren gesteckt wird“, sagt Marianne Lüke, die für die pädagogische Ausrichtung der Stiftung zuständig ist.
Das Arbeitsmodell aus Gevelinghausen soll für ähnliche Projekte als Modell-Beispiel dienen.

Weitere Informationen gibt es auch im Internet unter
www.letsgo.de


Apropos Philosophie: „Viele Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene, die zu uns kommen, haben bereits eine Vergangenheit. Sie sind zum Teil auch von Pädagogen und Therapeuten enttäuscht worden.

Daher verfolgen wir in unserer Arbeit den tiergestützten Ansatz“, sagt Britta Mohr. 25 Pferde, vier Schafe, fünf Ziegen und fünf Esel gehören momentan zur Menagerie, die bereits auf den Hof Luhme umgesiedelt ist. „Wir arbeiten mit einem Tierschutzverein in Südfrankreich zusammen; von dort kommen die meisten Tiere“, sagt Nina Schönrock. Oft sind es junge Pferde wie Bifi, die vor dem Schlachter gerettet wurde. Pferde, die nicht den Erwartungen und Ansprüchen der Besitzers entsprachen. Tiere, die so schlecht gepflegt wurden, dass die Halfter in Haut und Fell eingewachsen waren...

„Let’s go! e.V“ startete mit 36 Plätzen

„Hier bei uns treffen Kinder mit Geschichte auf Tiere mit Geschichte. Aber mit deren Hilfe können Geschichten wieder aufgearbeitet werden - auch gegenseitig“ sagt Britta Mohr von „Let’s go! e.V“, der 2007 mit 36 stationären Plätzen angefangen hatte. Heute sind es rund 200.

Und die Pferde, die am schlimmsten traumatisiert waren, sind heute die sichersten Therapeuten. Aber auch auf sie wird Rücksicht genommen. Kein Pferd wird – symbolisch betrachtet – gegen den Strich gebürstet. Sind die Pferde dreimal in der Woche im Einsatz gewesen, haben sie erstmal Pause. Britta Mohr: „Eine schwere Depression kann sich auch auf das Tier übertragen, daher braucht es eine Regenerationszeit.“ Denn das Tier ist Partner und Kollege; es hilft dem Menschen nur, wenn er ihm hilft.

Jetzt auf dem Reiterhof Luhme

„Let’s go!“ möchte sich auf dem großzügigen Reiterhof in Gevelinghausen aber keinesfalls abkapseln. Der Hof sei immer schon wichtig für andere reitbegeisterte Kinder aus der Umgebung gewesen. Das soll auch so bleiben. „Am 18. Dezember machen wir einen großen Adventsnachmittag, zu dem wir auch andere Kinder und alle Interessierten einladen“, sagt Britta Mohr, deren Verein bundesweit tätig ist und mit über 100 verschiedenen Jugendämtern zu tun hat.

Nicht nur Palim-Palim, Upsalla, Maps und Bifi würden sich dann über viele Besuchern freuen.

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