Altkreis. . 67 Prozent aller Sterbefälle werden bundesweit inzwischen eingeäschert. Ein Trend, den Bestatter auch im Altkreis Brilon bestätigen.
- Dauergrabpflege ist teuer
- Demographischer Wandel
- Viele Angehörige nicht mehr vor Ort
Das Bestattungswesen verändert sich. Urne statt Sarg, moderner Pop-Song von den Beatles statt Sterbelied aus dem Gotteslob oder Ruhewald statt Friedhof. „67 Prozent aller Sterbefälle werden bundesweit inzwischen eingeäschert. Vor 14 Jahren waren das vielleicht 40 bis 50 Prozent“, sagt Roland Hartmann. Er ist Betriebsleiter der Feuerbestattungen Diemelstadt GmbH in Rhoden. Die Gütergemeinschaft der Krematorien erhebt diese Zahl mittlerweile bundesweit aus allen Städten: und sie deckt sich auch mit heimischen Daten.
In Rhoden, das auch Anlaufstelle für viele heimische Bestatter ist, wird gerade für rund eine Million Euro ein dritter Ofen gebaut. „Wir arbeiten je nach Nachfrage 16 bis 24 Stunden, um auch eine Beisetzung binnen drei Tagen gewährleisten zu können“, sagt Hartmann. „Rund 8000 Einäscherungen hatte das Krematorium in Rhoden bisher im Jahr.“
Der Wunsch nach anderen Bestattungsformen hat enorm zugenommen. „Gründe hierfür sind der demografische Wandel, die Zunahme von Ein- und Zweikinderfamilien, von Singlehaushalten und kinderlosen Lebensgemeinschaften. Die Kinder oder die für die Grabpflege Verantwortlichen wohnen nicht mehr am Ort und eine Dauergrabpflege ist teuer“, sagt Hallenbergs Bürgermeister Michael Kronauge. All dies zwinge zum Umdenken. Nichts sei schlimmer als ein ungepflegtes Grab, deshalb würden Lösungen gesucht für pflegefreie Friedhofskonzepte mit überschaubaren Kosten. Außerdem suche man Möglichkeiten, um für sich selbst eine Vorsorgelösung zu planen und zu Lebzeiten zu bezahlen. Allein der Ruhewald in Hallenberg hat schon 136 „Vorbestellungen“ für einzelne Plätze und 19 für Familienbäume, unter denen bis zu 10 Urnen beigesetzt werden können.
Trend zu mehr Individualität
Den Trend vom Sarg zur Urne sieht auch Thomas Throenle, Sprecher des Erzbischöflichen Generalvikariats in Paderborn: „Aus Gesprächen können wir den Eindruck bestätigen, dass die Zahl der Urnenbestattungen im Verhältnis zu den Erdbestattungen auch auf katholischen Friedhöfen zunimmt.“ Das gelte insbesondere für pflegefreie Bestattungsformen. „Das hängt in unserer Wahrnehmung mit der Tatsache zusammen, dass oftmals Angehörige nicht mehr vor Ort sind oder man Angehörigen eine aufwändige Grabpflege nicht aufbürden möchte“, so Throenle.
Auch bei den Grabsteinen ändert sich einiges. „Urnengräber sind entsprechend kleiner. Aber generell geht der Trend auch bei der Gestaltung zu mehr Individualität“, sagt Steinmetz- und Steinbildhauermeister Norbert Köchling aus Marsberg. Standardware vom Lager sei kaum noch gefragt.
„Die Leute kommen mit sehr konkreten Vorstellungen. Wir sind Gestalter, Designer, Berater und Handwerker. Wir sprechen durch, was den Leuten so vorschwebt, wir machen Entwürfe und entwickeln so die Grabgestaltung“, so Köchling.
Immer häufiger sei nicht mehr der Hinterbliebene der Kunde. „Viele Menschen kümmern sich selbst darum, wie ihr Grab einmal aussehen soll. Aber auch da achten wir darauf, entsprechend zu beraten.“ Stirbt ein Ehepartner früher als der andere, ist die eigentlich angedachte Grabplatte vielleicht doch nicht das Richtige. Der Hinterbliebene ist unter Umständen froh, wenn er hier und da noch ein Blümchen pflanzen kann. Wir versuchen dann die Pflege-Intensität anzupassen.“
Auch kommt es vor, dass jemand einen alten Familiengrabstein aufgearbeitet haben möchte. Köchling: „Das ist dann keine Frage des Sparwillens; die Leute hängen an dem Stein, haben ihn vielleicht früher unter großen Entbehrungen erworben.
Wenn das Material noch in Ordnung ist, machen wir auch so etwas.“ Denn selbst ein bearbeiteter Fels kann Trost spenden...
Wer sich für die Begräbniskultur interessiert, dem sei das Museum für Sepulkralkultur in Kassel empfohlen.
Auch ein Blick auf die Homepage unter www.sepulkralmuseum.de lohnt sich.