Alme. . Der Performance-Künstler Oliver Kessler aus Alme ist der Robotman. Seit über 25 Jahren arbeitet der 49-Jährige auf Stelzen. Neueste Figur: ein lebendiger Baum.
- 130 handgemachte Kostüme zählen zum Fundus des Robotman
- Auf 1,50 Meter hohen Stelzen laufen und dem Wind trotzen
- Als lebendiger Baum beim NRW-Fest in Düsseldorf
Es ist heiß, sehr heiß. Mehr als 35 Grad. Und wer schon mal im Garten gerödelt und dabei Gummihandschuhe getragen hat, der weiß, wie sehr Hände schwitzen können. In Düsseldorf wird NRW-Tag gefeiert und ein lebendiger Baum ist der Hingucker auf der Festmeile. Die verblüffend nach einer Eiche aussehende Figur besteht aus Latex und in diesem riesigen Ganzkörper-Gummihandschuh steckt Oliver Kessler. Jeweils eine Stunde lang dauert sein Einsatz in dem Baum-Kostüm. Dann ist Pause, bevor es weitergeht. Aber gerade jetzt ist der Rundgang mit der Ministerpräsidentin an der Reihe und da darf der Baum nicht fehlen. Also noch eine halbe Stunde länger ölen: Ein Ölbaum.
Die Baum-Figur „Ed Wood“ ist der neueste Zuwachs
„Meine Güte, was habe ich da geschwitzt“, lacht Oliver Kessler. „Zwischendurch habe ich mich aus dem Kostüm gepellt, lang auf den Rasen gelegt, tief Luft geholt und dann Traubenzucker und Wasser nachgefüllt.“ Die Baum-Figur „Ed Wood“ ist der neueste Zuwachs im Repertoire des 49-jährigen Künstlers. Seit über 25 Jahren ist Kessler u.a. als Roboter, lebende Puppe, Pantomime, Stelzenläufer und sogenannter Walk-Act im Geschäft. 130 verschiedende Kostüme hängen fein säuberlich sortiert im Fundus des gelernten Bäckers, der anfangs als Modell und Showtänzer gearbeitet hat und jetzt – allein oder im Ensemble – u.a. als Robotman durch die ganze Republik und in Nachbarländer reist.
90 Prozent der Kostüme hat Oliver Kessler selbst gemacht. Sie sind aufwändig, zum Teil von oben bis unten mit Pailletten aus Spiegelglas übersät oder einfach nur fantasievoll und farbenprächtig. Ob als Biene, Grashüpfer oder Pinguin, im Rokoko-Gewand, als Charlie Chaplin, als Schneeflocke oder als Roboter – der Vielfalt und der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. „Es ist für mich selber schön zu sehen, dass ich nicht stehen geblieben bin, sondern mich ständig weiter entwickelt habe.“ Wichtig ist ihm bei allen Auftritten und bei allen Outfits: Es muss perfekt und leicht aussehen und es muss den Leuten ein beeindrucktes „Oooh“ und „Aaah“ entlocken.
Heiligabend als Weihnachtsmann auf Stelzen
Und das tut es immer wieder. Bei großen Gala-Abenden, bei Messen und Firmenpräsentationen, an diesem Sonntag beim Herbsteinkaufstag in Medebach, beim Weihnachtsmarkt in Brilon, bei der Eröffnung des Dresdener Striezelmarktes oder an Weihnachten im Nobelhotel Kempinski in Kitzbühel. Dort wird Oliver Kessler auch in diesem Jahr wieder an Heiligabend als Weihnachtsmann auf Stelzen zwischen 15 Meter hohen Christbäumen die Hotelgäste beschenken. Mit fünf Kollegen reist er dann nach Österreich, die Kostüme für Väterchen Frost, Weihnachtshelfer, Schneeflocken und Co. im Gepäck. Bei manchen Terminen nimmt er das Kostüm sogar in zweifacher Ausführung mit. „Das gilt für den Robotman. Der ist mittlerweile so hochtechnisiert und aufwändig. Wenn da mal ein Kabel aus der Steckbuchse geht, kann ich nicht erst lange reparieren.“
Damit Oliver Kessler auf den bis zu 1,50 Meter ausziehbaren Alu-Stelzen, die mit Klettband um die Beine gezurrt werden, eine gute Figur macht, geht er regelmäßig ins Fitnessstudio. „Die Kraft brauche ich aber eigentlich nicht, um die Kostüme, die hohen Hüte oder die 3,5-Kilo-Batterie zu tragen, mit der zum Beispiel der Ventilator betrieben wird, der eine der Phantasiefiguren ständig aufbläht“, sagt er. Probleme bereite ihm vielmehr der Wind.
„Wenn ich zum Beispiel das Schmetterlingskostüm aus schwerem Pannesamt trage, ist das eine hervorragende Angriffsfläche für ds kleinste Lüftchen. Das haut einen sonst schnell von den Stelzen.“ Das Baum-Kostüm ist übrigens auf Anfrage des NRW-Umweltministeriums entstanden. „Dafür habe ich auch gleich fünf Folgeauftritte bekommen. Denn das Kostüm hat eine Kollegin gefertigt, die in einem Theater-Atelier arbeitet und für das Latex-Modell eigens Abdrücke von einer echten Eiche in ihrem Garten genommen hat.“ Mal eben 3500 Euro kostet die Ed-Wood-Hülle.
Ein Baum, der Bäume verschenkt
Dass an dem Baum aber auch niemand ohne Staunen vorüber geht, versteht sich von selbst: Beim dreitägigen NRW-Fest in Düsseldorf sollte Oliver Kessler 1400 kleine Baumpflanzen verteilen. Schon am ersten Tag waren alle Setzlinge unters Volk gebracht und mindestens genauso viele Selfies von Gästen mit dem originellen Stelzenbaum geschossen worden.
Oliver Kessler liebt seinen Beruf. „Nur, wenn man etwas aus Überzeugung und mit ganzem Herzen macht, macht man es auch wirklich gut“, sagt er und zeigt mit Stolz auf Auszeichnungen wie „Künstler des Jahres“ oder „Germany at its best“. Aber dafür bekommt er auch viel positives Feedback. „Ich vermittele Nostalgie und mache Erwachsene für einen Moment wieder zu Kindern. Was gibt es Schöneres?“
Was noch?
Unter www.robotman.de gibt es jede Menge weiterer Fotos und Einblicke in die Welt von Pantomime, Stelzenzauber und Comedy.
Der Titel „Robotman“ ist eigens über das Deutsche Patent- und Markenamt geschützt.
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