Medebach/Arnsberg. . Eine Mutter, die sich wegen des Vorwurfs der Körperverletzung mit Todesfolge an ihrem Sohn verantworten muss, hat ihr zehntes Kind zur Welt gebracht.

  • Prozess gegen zehnfache Mutter steht noch aus
  • 2014 war ein Kind verhungert
  • Wohl des Neugeborenen schützen

Bis vor kurzem hatte sie neun Kindern das Leben geschenkt. Jetzt kam ein weiteres hinzu. Ein Junge war im Februar 2014 gestorben, eine Tochter beinahe. Die Staatsanwaltschaft wirft der 38-jährigen Frau vor, sie habe ihren Sohn verhungern lassen. Der Fall wurde im Januar vor dem Amtsgericht Medebach verhandelt und schlussendlich ans Landgericht Arnsberg verwiesen. Das Jugendamt des Hochsauerlandkreises schließt jetzt in Anbetracht der Vorgeschichte ein Gefährdungspotenzial des erst kürzlich Neugeborenen zumindest nicht aus, so Kreissprecher Martin Reuther. Daher kommt es heute vor dem Familiengericht in Brilon zu einem Gespräch zwischen Eltern, Jugendamt und Familiengericht. Über das Ergebnis muss das Gericht keine Angaben machen; der Termin ist aus Schutz der Personen nicht öffentlich.

Der Fall war spektakulär. Der Mutter aus dem Großraum Winterberg war vorgeworfen worden, den beiden Kindern nicht ausreichend Nahrung und Flüssigkeit gegeben zu haben. Zu dem Ergebnis waren verschiedene Gutachter gekommen. Nach einer umfangreichen Beweisaufnahme geht die Staatsanwaltschaft inzwischen nicht mehr von einer fahrlässigen Tötung bzw. einer fahrlässigen Körperverletzung aus. Sie unterstellt eine Körperverletzung mit Todesfolge und eine Körperverletzung – beides unter „bedingtem Vorsatz“. Daher wurde der Fall an das Landgericht als Schwurgericht verwiesen. Dort, so Sprecher Richter Daniel Pauland, sei noch kein Termin für das neue Verfahren anberaumt. „Die Zweite Kammer hat zurzeit sehr viele Haftsachen, die fristgebunden und daher vorrangig behandelt werden müssen.“

In dem gesamten Verfahren waren immer wieder schwere Kontroll-Versäumnis-Vorwürfe gegen das Jugendamt des Hochsauerlandkreises laut geworden. Die Staatsanwaltschaft hat daraufhin ein Ermittlungsverfahren gegen eine Sozialarbeiterin eingeleitet. „Wäre sie ihren Pflichten nachgekommen, wären der Tod eines Kindes und das Leiden von zwei Kindern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermeidbar gewesen“, hatte Amtsrichter Fischer der Frau vorgeworfen.

Auch für das Kreisjugendamt blieb das Ganze nicht ohne Folgen. Im Kreisjugendhilfeausschuss wurde mehrfach über Organisation, Fallzahlen und die Belastung der Mitarbeiter diskutiert. Inzwischen wurden weitere Personalstellen ausgeschrieben und das Landesjugendamt hat sich zumindest auf dem Papier die Arbeitsweise der Kreisbehörde angeschaut.

Umstrukturierungen

Derzeit laufen Überlegungen, einige Außenstellen aufzulösen und an zwei, drei Stellen zu bündeln. Das ist auch ein Vorschlag aus der Stärken-Schwächen-Analyse des LWL. „Außenstellen mit ein bis drei Fachkräften sind weder fachlich noch organisatorisch angemessen. Erst durch eine Zusammenführung wird Teamarbeit, die für die Qualität der Arbeit notwendig ist, ermöglicht“, heißt es in dem Bericht.

Das heutige Gespräch vor dem Briloner Familiengericht ist laut Kreissprecher Reuther auf Initiative des Jugendamtes zustande gekommen. Ein Zeichen dafür, dass das Netzwerk „Frühe Hilfen“ offensichtlich funktioniert.

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