Brilon. .
Sie gehörte zu den Highflyern der im neuen Jahrtausend aufboomenden deutschen Solarbranche. Von dem kleinen Modul- und Kollektorenhersteller in Markranstädt bei Leipzig entwickelte sie sich zu einem international tätigen Player, der in den neuen Bundesländern auf ehemaligen Militärflugplätzen riesige Solarkraftwerke projektierte und in der Wüste von Kalifornien sogar ein gigantisches Zwei-Milliarden-Dollar Projekt stemmen wollte.
Im Frühjahr 2012 war alles aus. Die solarhybrid AG meldete Insolvenz an. Der damals angegebene Grund: Die geplanten Einschnitte bei der Solarförderung in Deutschland. Vor Weihnachten holte die Vergangenheit die solarhybrid AG ein. Die Staatsanwaltschaft Arnsberg rückte an.
In einer gemeinsamen Aktion mit der Schwerpunktbehörde der Polizei für Wirtschaftskriminalität in Dortmund ließ sie bundesweit 17 Objekte durchsuchen. Dabei, so Oberstaatsanwalt Thomas Poggel zur WP, habe es sich um Geschäfts- und Privaträume von Personen gehandelt, die seinerzeit in verantwortlicher Position für die solarhybrid AG tätig waren und aus deren Umfeld. Anlass: Der Verdacht auf Insiderhandel in Zusammenhang mit der Insolvenz im Frühjahr 2012.
In Insolvenzverfahren 247 Forderungen angemeldet
Am 20. März 2012 stellt Geschäftsführer Tom Schröder den Insolvenzantrag.
Am 1. Juni 2012 eröffnet das Amtsgericht Arnsberg das Insolvenzverfahren.
Am 19. November 2012 zeigt Insolvenzverwalter Dr. Axel Kampmann (Dortmund) an, dass Masseunzulänglichkeit vorliegt.
Im Rahmen des Insolvenzverfahrens sind 247 Forderungen in einem Gesamtvolumen von 88 Millionen Euro angemeldet worden. Davon hat der Insolvenzverwalter bisher 23 Millionen Euro festgestellt.
Parallel versucht der Insolvenzverwalter im Rahmen eines in den USA laufenden Konkursverfahrens rund um die Solar Millennium AG, der die solarhybrid AG im Oktober 2011 für ein auf zwei Milliarden Dollar taxiertes Photovoltaikprojekt ein unbesichertes Darlehen über 7 Millionen Euro gegeben haben soll, an einen Quotenanteil zu kommen.
Am 20. März jenes Jahres hatte Firmengründer und Vorstandsvorsitzender Tom Schröder (41) beim Amtsgericht Arnsberg den Insolvenzantrag gestellt. Dabei gerieten Vorgänge ins Visier der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die sich zwei Wochen vorher abgespielt hatten.
Von 525 000 Aktien getrennt
Am 7. März 2012 hatte das börsennotierte Unternehmen per Ad hoc-Meldung eine Gewinnwarnung herausgegeben: Die von der Bundesregierung angestrebte Reduzierung der Förderung von Photovoltaik-Freianlagen habe „gravierende Auswirkungen auf die Ertragslage“ des Unternehmens, gefährde „eine für die Unternehmung bedeutende und bereits weit fortgeschrittene Finanzierungsmaßnahme“ und stelle letztlich „das gesamte Geschäftsmodell“ in Deutschland in Frage. Folge: Der Aktienkurs, der im Sommer 2010 noch an der 15-Euro-Marke gekratzt hatte, stürzte weiter ab. Was der BaFin suspekt vorkommt: An jenem 7. März hat die Tom Schröder zugeordnete S Quadrat-Holding 525 000 solarhybrid--Aktien zum Kurs von 1,05 Euro veräußert. „Der Vorstand verlässt das sinkende Schiff“ schrieb ein Börsendienst. Seit dem 5. März war der Aktienkurs um 85 Prozent auf 0,63 Euro gefallen.
Bereits unmittelbar nach dem Insolvenzantrag hatte die BaFin die sogenannten Director’s Dealings – neben Tom Schröder hatte sich auch ein weiterer Geschäftsführer in jenen frühen Märztagen von einem Aktienpaket getrennt – die starken Kursbewegungen unter die Lupe genommen, „routinemäßig“, so BaFin-Sprecherin Anja Schuchhardt zur WP. Bei dieser ersten Analyse gehe es um die Frage, ob es möglicherweise Hinweise auf einen Insiderhandel gibt. Also ob jemand internes Firmenwissen missbraucht hat. Schuchardt: „Dann entscheiden wir: Stellen wir die Untersuchungen ein oder erstatten wir Anzeige?“ Dass die Anzeige erst jetzt nach drei Jahren erfolgt sei, habe mit dem „großen Personenkreis und dem komplexen Sachverhalt“ in diesem Fall zu tun, so Anja Schuchhardt weiter. Insgesamt 17 Objekte ließ die Staatsanwaltschaft durchsuchen, unter anderem den neuen, ursprünglich als Firmensitz der AG errichteten Kubus am Briloner Bahnhof. Zudem rückten die Ermittler u.a. in Frankfurt, Düsseldorf, Köln und weiteren Örtlichkeiten an.
Langwierige Auswertung erwartet
Auf Anfrage der WP bestätigte Tom Schröder die Durchsuchung seiner Privat- und Geschäftsräume aufgrund des „Anfangsverdachts des Insiderhandels im Zusammenhang mit der solarhybrid AG, deren Vorstandsvorsitzender ich war“. Der Geschäftsmann betont in seiner schriftlichen Stellungnahme, dass er „Verkäufe von Aktien aus meinem Bestand immer umgehend der BaFin nach den vorgegebenen Regeln für Organmitglieder gemeldet und ferner über die Internetseite der solarhybrid AG veröffentlicht“ habe. „Damit“, so der 41-Jährige weiter, „habe ich mich nach meiner Kenntnis gesetzeskonform verhalten.“
Zum weiteren Personenkreis der Beschuldigten machte Oberstaatsanwalt Poggel keine Angaben. Die Auswertung der Dokumente und die Befragung von Beschuldigten und Zeugen werde „einige Zeit dauern“. Ob sich der Anfangsverdacht gegen die ehemaligen solarhybrid-Geschäftsführer tatsächlich erhärtet, bleibt also abzuwarten.
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