Brilon. . Prozess war nur auf Indizien aufgebaut. Die genaue Schadenshöhe bleibt unbekannt, weil die Stadt Olsberg keine genauen Berechnungen anstellen konnte. Punktuelle Überwachungen reichen nicht aus
Freispruch lautete das Urteil gegen eine 32-jährige Frau aus Olsberg, die wegen Betruges vor dem Amtsgericht Brilon angeklagt war. Sie soll über mehrere Monate Sozialleistungen in Höhe von mehreren Tausend Euro von der Stadt Olsberg für eine Wohnung bezogen haben, in der sie gar nicht lebte.
„Mosaiksteinchen reichen nicht. Allein auf Vermutungen können wir niemanden verurteilen“, sagte Richter Härtel nach seinem Urteil. Es gebe zwar einzelne Hinweise, die Rückschlüsse auf die Tatvorwürfe zulassen, diese reichen aber keinesfalls aus.
Über elf Monate hinweg soll die Angeklagte Sozialleistungen für eine Wohnung bezogen haben, obwohl sie bereits über ein Jahr in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Freund gelebt haben soll. Bei Kontrollen der Stadt Olsberg an der Wohnung der 32-Jährigen sei die nie angetroffen worden. „Ich habe zwar immer mal wieder ein paar Tage bei meinem Lebensgefährten verbracht, meinen Lebensmittelpunkt hatte ich dort aber nicht“, wie die Angeklagte zu Protokoll gab. Den extrem niedrigen Stromverbrauch in ihrer Wohnung erklärte sie damit, dass sie nur wenige Elektrogeräte und keine ganze Küche gehabt habe.
Um der Frau auf die Schliche zu kommen, änderte ein Beamter der Stadt sogar seinen Arbeitsweg, um täglich zu überprüfen, ob die Frau auch in ihrer Wohnung sei. Auch eine Überwachung der Wohnung hatte die Stadt Olsberg durchführen lassen. „Dabei“, so der Beamte, „hat sich die Sachlage für uns bestätigt“. Nachbarn wollen die Olsbergerin nur ein einziges Mal – und zwar beim Einzug – gesehen haben.
Überwachungen nur an fünf Tagen
Dass die Überwachungen dabei nur an fünf Tagen im November stattgefunden haben, machte selbst Richter Härtel stutzig. So könne nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, ob jemand dort wohne oder nicht. „So was lässt sich nur durch eine 24-Stunden-Observation feststellen.“ Dafür habe die Stadt Olsberg allerdings keine Mittel gehabt.
„Selbst die Höhe des Schadens ist hier eine Schätzung. Die Miete geht direkt an den Vermieter, daraus hat meine Mandantin keinen persönlichen Nutzen“, sagte Verteidiger Michael Fischer. Kein Kontrolleur vom Sozialamt habe die Wohnung jemals von innen gesehen. Nachbarn und äußere Eindrücke waren die einzigen Indizien.
Für Staatsanwalt Christian Theiss dennoch ein Bild, das sich aus mehreren Mosaiksteinchen zusammensetzen ließ. 900 Euro Geldstrafe forderte er für die Olsbergerin, die „auch wenn ein erheblich geringerer Betrug zugrunde liegt, als angeklagt wird, nicht mehr in der Wohnung gelebt hat“.
Richter Härtel hatte „erhebliche Zweifel an der Feststellung der Stadt Olsberg“. Selbst der sehr geringe Stromverbrauch in der Wohnung beweise lediglich, „dass dort sehr wenig Strom verbraucht wurde“. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.