Elpe. Nicht nur in Elpe erinnert man sich heute an den Flugzeugabsturz, bei dem genau vor einem Jahr zwei Piloten ums Leben kamen und das Dorf nur knapp einer Katastrophe entkam.
Es ist ein Tag des Gedenkens, ein Tag des Dankes und ein Tag des Nachdenkens. Heute genau vor einem Jahr haben zwei Piloten aus Schleswig-Holstein beim Zusammenstoß ihres Learjets mit einem Militärflugzeug über Elpe ihr Leben verloren. Sie wurden 50 und 43 Jahre alt. Das Gedenken an die beiden Männer, die bei dieser militärischen Übung ums Leben kamen, wollen die Elper in Ehren halten. Dafür haben sie ein Holzkreuz errichtet, das heute um 17 Uhr in einer Gedenkstunde eingesegnet werden soll.
650-Seelen-Dorf entging einer Katastrophe
Das 650 Seelen-Dorf möchte aber auch danken. Dafür, dass nicht noch Schlimmeres passiert ist. Jeder in Elpe denkt heute darüber nach, wo er an jenem Tag um 14.39 Uhr war und was gewesen wäre, wenn das Flugzeug nur wenige Meter woanders zu Boden gegangen wäre.
Für das Militär ist das Kapitel abgehakt. Landrat Dr. Karl Schneider hatte noch am Unglücksort die Frage gestellt, ob und warum solche Übungsflüge über bewohntem Gebiet stattfinden müssen. „Die Bundeswehr hat damals in ihrer offiziellen Mitteilung davon gesprochen, das Unglück sei über ,unbewohntem Gebiet’ passiert. Diese Formulierung hat uns schon sehr geärgert“, sagt Ortsvorsteher Dominik Beule (28). Nur ein paar Meter neben der Wiese stehen Wohnhäuser. Die Bezeichnung „unbewohnt“ grenzt an Sarkasmus.
Die Übungsflüge gehen weiter
Passiert ist seitdem auf Militärseite nichts. Die Flieger fliegen weiter genau diese Übungsflüge, mit denen das Abdrängen einer Privatmaschine durch einen Militärjet geprobt wird. Und vermutlich auch über Elpe. Der stark beschädigte Eurofighter, der nach der Kollision noch sicher in seinem Horst in Nörvenich landen konnte, ist vor wenigen Wochen per Tieflader auf der Autobahn in die Nähe von Ingolstadt gebracht worden.
„Das Schadensbild ist sehr umfangreich und bedarf einer genauen Begutachtung. Einen solchen Schaden hat es vorher noch nicht gegeben“, sagt Oberstleutnant Jörg Langer, Sprecher der Luftwaffe. Man müsse abwarten, ob der Eurofighter jemals wieder starten könne und ob sich eine Instandsetzung lohne. Der Systempreis für einen solchen Flieger – darin ist u.a. die Ausbildung der Piloten an dem Fluggerät enthalten – soll 140 Millionen Euro betragen. Für die Bundeswehr ist die Schuldfrage geklärt; sie liegt zumindest nicht auf ihrer Seite.
Akte noch nicht geschlossen
Für Oberstaatsanwalt Werner Wolff hat nach dem vorläufigen Gutachten vermutlich ein fliegerischer Fehler im Cockpit des Learjets zum Unglück geführt. Die Staatsanwaltschaft wartet aber noch auf das endgültige Gutachten, bevor die Akte geschlossen werden kann.
BfU rechnet Ende Juli mit Abschlussbericht zur Unglücksursache
In Braunschweig bei der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BfU) liegt das abschließende Gutachten zur Unglücksursache in den letzten Zügen. „Wir hatten gehofft, es noch rechtzeitig zum Jahrestag des Absturzes fertigstellen zu können. Aber es besteht aus sehr umfangreichen Kommentierungen, die noch nicht abgeschlossen sind“, sagte BfU-Sprecher Germout Freitag gegenüber unserer Redaktion. Er rechne Ende Juli mit einem fertigen Bericht, der dann auch für jeden auf der Internetseite der BfU nachzulesen sein wird.
Kilometerweit waren damals Teile der beiden verunglückten Flugzeuge verstreut worden. Rund 100 Kubik Boden, so der Landrat, seien an der direkten Absturzstelle wegen der akuten Umweltgefährdung entsorgt worden. Ob die Wiese in Elpe heute wieder genutzt werden kann? Der Eigentümer möchte über das Thema nicht mehr reden. Ihm wäre es vermutlich lieb, wenn im doppelten Wortsinn Gras über die Sache wachsen würde. Denn immer noch befinden sich Metallteile im Boden.
Franz-Josef Volmer, Vorsitzender des landwirtschaftlichen Stadtverbandes in Winterberg, hat in einer Entfernung von etwa zwei bis drei Kilometern von der eigentlichen Absturzstelle in Antfeld eine Fläche. Bis dorthin waren große und kleine Flugzeugteile geflogen.
„Ich muss zumindest sagen, dass die Versicherung sehr kulant war.“ Er habe den Futterrestanteil erhöhen dürfen und dafür einen Ausgleich bekommen. Heißt: Wenn die Kuh sonst 10 Prozent des Heus aufgrund von Staub oder kleinen Steinresten nicht anrührt, durfte ihr der Trog schon bei einem Rest von 15 Prozent weggenommen werden. „Es lagen aber auch viele Kleinteile auf der Wiese. Teile aus Metall, die nicht magnetisch waren und die man daher nicht so leicht aufsammeln konnte“, so Volmer. Er hat seine Fläche in diesem Jahr mit Getreide und nicht mehr mit Gras bewirtschaftet.
Gedenkfeier am "Krummen Auwer"
Viele Menschen werden heute zur Gedenkfeier am „Krummen Auwer“, wie die Absturzstelle heißt, erwartet. Jeder Elper wird sich dort seine Gedanken machen. Vielleicht wird er auch Danke sagen, denn viele glauben, dass einer der Piloten vielleicht doch noch im letzten Moment am Steuerknüppel gezogen und wenigstens inmitten der Wohnbebauung ein unbewohntes Fleckchen erwischt hat.