Winterberg/Bestwig. Karin Berkenkopf alias Frieda Braun hat ein neues Programm. Das Sauerländer Original verordnet sich diesmal eine „Sprechpause“.

. Das Sauerländer Original Frieda Braun ist durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Die Kabarettistin Karin Berkenkopf, die sich inzwischen 90 Mal im Jahr in die liebenswerte, viskosebejackte Hornbrillenträgerin verwandelt, aber schon. Dann nämlich, wenn sie Bekannte auf der Straße trifft, die ihr freudig-erregt zurufen: „Du, ich hab’ schon Karten für Dein neues Programm!“ und sie noch kaum eine Zeile dafür geschrieben hat. Die 52-jährige Winterbergerin, die ihren Job als Werbetexterin seit Mitte 2013 an den Nagel gehängt hat und sich nur noch der Bühne widmet, braucht den Druck. „Dann fallen mir die besten Ideen ein.“ Herausgekommen ist diesmal eine „Sprechpause“. Am Freitag und Samstag hat das neue Programm in Bestwig Premiere. Für beide Abende gilt: Ausverkauft!

Frieda und ihre Freundinnen von der Splittergruppe unternehmen jedes Jahr eine sogenannte Plastikfahrt, bei der sie sich eine „Statuette“ anschauen. ‘s Thekla hatte diesmal die grandiose Idee: Wir machen ein Schweigeseminar. Pro Tag nur zehn Worte, ansonsten Klappe halten. Wenn man schweigt, werden schließlich andere Organe geschärft. Aber abends, als jeder Teilnehmer für sich noch einmal „dem Lärm des Tages nachspüren“ soll, gerät Frieda per Zufall in einen proppevollen Saal mit Menschen. Und da muss es aus ihr raus, dort bricht sie ihr Schweigen. Sie erzählt vom strapaziösen Lehrgang, wo Sprechen verboten, aber Schmatzen erlaubt ist und in der Stille erschreckend hörbar wird. Von einer Art Tupperparty mit erotischem Erwachsenenspielzeug und vom Staubsauger-Roboter (nicht das Modell Heinzelmann), den sie auch privat ins Hausfrauenherz geschlossen hat. „Du siehst diese Saugspur im flauschigen Teppich und hast Deine helle Freude!“

Kein Schweigetyp

Schweigen oder gar Meditieren – für Karin Berkenkopf zwei absolute Undinger. „Aus einem Yoga-Kurs in Düsseldorf sind eine Freundin und ich einmal rausgeflogen, weil wir einen unkontrollierbaren Lachanfall bekommen hatten. Generell gibt es die unmöglichsten Situationen, in denen Lachen überhaupt nicht angebracht ist, wo es aber aus mir heraus bricht.“ Beim Bücherregal-Schleppen oder beim Bettwäsche-Tüsseln. Aber dass das Nicht-Sprechen so viel Spaß-Potenzial beinhalten kann, wurde ihr erst klar, als eine andere Freundin so ganz beiläufig von einem Schweigeseminar erzählte. Damit war die Idee für das neue Programm geboren.

Karin Berkenkopf geht mit offenen Augen und Ohren durchs Leben. Dabei fallen ihr die vielen Alltagsgeschichten ein, die jeder schon mal so oder ähnlich erlebt hat. In ihr Handy, das Frieda wegen des Darüberstreichelns so liebevoll „Zartphone“ nennt, spricht sie ihre Ideen. Dann zieht sie den Stöpsel aus dem Telefon, klinkt sich aus allen sozialen Kontakten aus und brütet. Nur ihr inzwischen fast 35 Jahre alter Nymphensittich „Männe“ sitzt ihr dabei zu Füßen und spürt irgendwie, dass da oben am Schreibtisch Schwerstarbeit geleistet wird. „Dabei gibt es Phasen, wo ich denke: Boah, is doch alles Kappes! Und am nächsten Tag geht’s dann doch wieder ganz gut. So ein Programm zu schreiben – das ist für mich wie ‘ne Prüfung.“

Eine große Hilfe dabei ist ihr Lebenspartner, der Clown und Schauspieler Joseph Collard, der zurzeit mit dem Cirque du Soleil in Japan unterwegs ist. „Wir skypen oft und er bringt mich bei manchen Geschichten auf einen ganz anderen Dreh. Ich brauche so einen Blick von außen, von Leuten, die so schräg denken wie ich.“

Und davon gibt es viele. Vergangenes Jahr war sie das erste Mal „im Osten“ und ganz gespannt, ob die Leute dort über dieselben Sachen lachen wie hier. „Ein ganz liebenswertes Publikum. Nur die Nummer mit dem Brokat-Poncho über dem Telefonen, die zündete dort nicht. Die hatten offenbar damals in der DDR keine solchen Samtüberzieher für den Hörer.“ Dieses Jahr geht Frieda sogar auf Tour in die Schweiz.

Mit sich im Reinen sein

Das kann sie tun. Denn seit die Lockenwickler und das Kopftuch in der Kommode verschwunden sind, ist das schrullige 1,62 Meter Persönchen eine zeitlose Frau von Welt, die auch mal ein bisschen mehr Garderobe haben möchte. Eine in sich stimmige Person, die niemals Scherze auf Kosten anderer macht (naja, bis auf die royalen Segelohren von Prinz Charles). „Das geänderte Outfit hat nichts mit einer Weiterentwicklung der Figur zu tun. Ich habe sie jetzt eigentlich da, wo ich sie haben will. Frieda ist jemand, der neuen Dingen mit einer neugierigen Naivität begegnet. Sie hadert nicht mit sich und ihrem Alter und klagt nicht über Falten. Sie redet über Cellulite, aber an sich selbst würde sie Orangenhaut nicht stören. Sie ist mit sich im Reinen.“

Und wer kann das schon von sich behaupten…