Erndtebrück. . Die Kontraste konnten kaum größer sein. Auf der einen Seite feiern die Erndtebrücker im Kreis und trällern ein lustiges DFB-Pokal-Lied, auf der anderen Seite müssen die unterlegenen Siegener zehn Runden auslaufen. Was war passiert? Oberligist TuS Erndtebrück warf den abwehrstärksten Regionalligisten Sportfreunde Siegen mit 2:1 (2:0) aus der zweiten Runde des Westfalenpokals.

Warum die Siegener Defensive nach sechs Meisterschaftsspielen nur zwei Gegentore kassiert hat, war aber vor 700 Zuschauern im Pulverwaldstadion zu keinem Zeitpunkt zu sehen. Die Viererkette um Christoph Klippel leistete sich in der Anfangsphase einen Blackout nach dem anderen. Klippel fing schon mit seinem ersten Ballkontakt an, er lud Erndtebrücks Kapitän Markus Waldrich zum Toreschießen ein. Doch Waldrich nahm in der zweiten Minute das Geschenk nicht an und scheiterte mit seinem etwas zu laschen Schuss an Raphael Koczor.

Apropos Koczor. Der bis dato in der Meisterschaft tadellose Schlussmann patzte gegen die Wittgensteiner gleich zweimal und stand dann auch kurz vor der Ampelkarte.

Der Reihe nach. Zunächst ließ Koczor einen eher harmlosen Freistoß von Erndtebrücks Jose Matuwila ins Tor flutschen (16. Minute). Allerdings hatte Markus Waldrich dem Ball noch eine entscheidende Richtungsänderung gegeben. Der Stadionsprecher hatte zunächst Matuwila als Torschützen angegeben, dies aber später revidiert.

Auf jeden Fall auf seine Kappe nehmen muss Koczor aber den zweiten Gegentreffer in Minute 22. Die wie entfesselt auftretenden Erndtebrücker bekamen einen Freistoß zugesprochen. Experte Marco Maser nahm aus 30 Metern Anlauf, Koczor ließ die Kugel nach vorne abprallen, Johannes Burk ließ sich nicht zweimal bitten und staubte zum 2:0 ab.

2:0 nach 22 Minuten für die Erndtebrücker gegen pomadige Siegener, die scheinbar dachten, dass sie nach drei Siegen in Folge gegen Erndtebrück mal so im Vorbeigehen gewinnen. Da hatten sie sich aber gründlich getäuscht.

Siegens Trainer Michael Boris war bitter enttäuscht: „So funktioniert Fußball nicht. Wir haben die erste Halbzeit schon mit einem Fehlpass eröffnet. Das ist aber kein Qualitätsproblem, sondern fehlende Einstellung. Das 2:0 zur Pause ging in Ordnung für die Erndtebrücker. Aus der Pause kamen wir mit mehr Schwung. Alex Hettich schießt das Anschlusstor und wir haben noch über eine halbe Stunde Zeit. Erndtebrück hat aber in der Schlussphase keine Chance mehr zugelassen und verdient gewonnen.“

Boris wünschte den Wittgensteiner als fairer Verlierer noch ein Spiel im Viertelfinale gegen Drittligist Arminia Bielefeld.

Das würde Erndtebrücks Übungsleiter Peter Cestonaro allzu gerne erleben. Der ehemalige Bundesliga-Spieler war voll des Lobes: „Nach den Ereignissen der letzten Tage ist es bemerkenswert, wie meine Mannschaft aufgespielt hat. Die erste Halbzeit war richtig gut, wir haben wenig zugelassen. Allerdings können wir dieses Tempo nicht über 90 Minuten gehen. Wir haben dann den Siegenern zu viele Standards erlaubt. Am Ende haben wir den Vorsprung aber ordentlich über die Bühne gebracht.“

Die Erndtebrücker waren den Sportfreunden - zumindest im ersten Durchgang - in allen Belangen überlegen. Das änderte sich in Halbzeit zwei, als die Siegener die Gastgeber in der eigenen Hälfte einschnürten. Doch nach dem Tor von Hettich kam nicht mehr allzu viel. Die beste Möglichkeit, doch noch in die Verlängerung zu kommen, hatte wieder Alexander Hettich. Doch der Ex-Windecker köpfte Erndtebrücks starkem Torwart Timo Bäcker den Ball in die Arme (85. Minute).

So blieb es beim unter dem Strich verdienten 2:1. Die Männer aus dem Pulverwald feierten bei Herbst-temperaturen frenetisch den Sieg und konnten die enttäuschten Siegenern noch beim Auslaufen zuschauen. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.