Siegen/Erndtebrück. .

Ein alter griechischer Mythos besagt, dass Schwäne vor ihrem Tode noch einmal mit trauriger, jedoch wunderschöner Stimme ein letztes Lied anstimmen. Nun „stirbt“ am kommenden Sonntag die Fußball-NRW-Liga, nach insgesamt nur vier Jahren. Die Liga hatte am 15. August 2008 den Spielbetrieb aufgenommen, ersetzte die bisherigen Oberligen Nordrhein und Westfalen – am 3. Juni 2012, ist die fünfthöchste Spielklasse Geschichte.

Siegen war vorzeitig „durch“

Mit dem VfB Hüls, KFC Uerdingen (beide 53 Punkte), dem SV Bergisch Gladbach und ETB Schwarz-Weiß Essen (beide 52 Punkte) kämpfen vier Teams um die drei freien Plätze und die Chance, den Sprung in die neue Regionalliga West zu schaffen. Der 34. Spieltag verspricht also so etwas wie ein Herzschlagfinale zu werden. Am Sonntagnachmittag gegen 16.45 Uhr wird feststehen, welcher Verein aus der fünften Klasse gescheitert ist und welche drei NRW-Ligisten nach der Spielvereinigung Velbert in die Relegation gehen dürfen. Direkt am Montag, 4. Juni, folgt dann die Auslosung der Aufstiegsrunde. Die NRW-Ligisten treffen im Hin- (6. oder 7. Juni) und Rückspiel (10. Juni) auf die Westfalenliga-Meister SV Lippstadt und Wattenscheid 09 sowie den Ersten vom Niederrhein, den FC Kray. Weil kein Mittelrheinligist gemeldet hat, erhält ein NRW-Ligist ein Freilos und kann ohne weitere Anstrengung in die neue Regionalliga West, in der bereits 16 Teams fest dabei sind, aufsteigen.

Die Sportfreunde Siegen indes muss dies alles nicht mehr kümmern. Die Mannschaft von Trainer Michael Boris hat das Ziel Aufstieg in die Regionalliga nach einer bravourösen Saison bereits vor dreieinhalb Wochen erreicht. Fünf Spieltage vor Saisonende hatten die Krönchenkicker den Tabellenführer Viktoria Köln mit 3:0 an die Wand gespielt und anschließend die spontane Aufstiegsparty gefeiert. Siegen war „durch“, leistete sich zunächst aber dennoch keinen Durchhänger, marschierte mit klaren Siegen gegen den SV Schermbeck (3:2), RW Ahlen (3:1) und den VfB Homberg (3:0) durchs Restprogramm. Von Woche zu Woche schmolz der Vorsprung der „Übermannschaft“ Viktoria Köln.

Jetzt hatte die Elf von Trainer Michael Boris plötzlich sogar den Meistertitel vor Augen. „Ausgeruht“ nach einem einwöchigen Sonderurlaub versemmelten die „Feierfreunde“ jedoch den ersten Matchball mit einer 1:2-Niederlage in Speldorf. Die Vorlage von Trainer „Didi“ Schacht, der mit seinem SV Bergisch Gladbach den Kölnern zwei Punkte abknöpfte, ließen die Siegener sträflich ungenutzt. Der Kopf leer, die Luft raus, die Spieler in Ermangelung von einem letzten Saisonziel mental auf dem Zahnfleisch kriechend.

„Double“ ist noch drin

Am Mittwochabend hatten sich dann die „Lewes“, Hettichs & Co. noch mal gehörig zusammengerissen und den Liga-Nachbarn TuS Erndtebrück, immerhin der Pokalverteidiger, der lange auf Augenhöhe dagegen gehalten hatte, mit letzter Kraft die „Krone“ vom Kopf gerissen. Nun ist es also drin, das „Double“, nach dem Gewinn des Pokals noch die Meisterschaft zu holen. Beim letzten (Schwanen-)Gesang der NRW-Liga könnten die Sportfreunde noch mal ein besonders schönes Lied anstimmen, das Meisterlied nämlich. Wenngleich die Chancen, als letzter Meister in der Geschichte der NRW-Liga in die Annalen einzugehen, verschwindend gering sind.

Grundvoraussetzung dafür ist zunächst der Heimsieg am Sonntag gegen den TuS Dornberg. Doch ein Erfolg im Leimbachstadion gegen den „zwischen Baum und Borke“ hängenden Tabellenzwölften reicht da allein noch nicht aus. Viktoria Köln müsste zeitgleich in seinem Heimspiel gegen den Dreizehnten SV Schermbeck straucheln, sprich verlieren, oder lediglich ein Unentschieden holen. Die Vorstellung eines solchen Fußballwunders fällt schwer, doch die Minimalchance der Siegener auf den Meistertitel besteht eben noch.

Mit einem Rekord könnten die Sportfreunde jedoch noch das letzte Lied zum Abgesang anstimmen: Die Bestmarke der wenigsten Gegentore in der NRW-Liga-Historie stellte Viktoria Köln im Vorjahr mit 25 Gegentreffern auf. Die „Binder-Nowak-Koczor-Connection“ hat bislang nur 22 Gegentore zugelassen. Zwei Stück könnten sie sich also noch „erlauben“...

  • SF Siegen – TuS Dornberg (Sonntag, 15 Uhr): Im letzten Spiel der NRW-Liga treffen die Sportfreunde am Sonntag im Leimbachstadion auf den TuS Dornberg (Hinspiel 3:0). Sollte Siegen gewinnen und Viktoria Köln gegen Schermbeck nur einen Zähler holen, ist Siegen sogar Meister. Die Aufstiegsparty, die gibt es anschließend aber sowieso.
  • RW Ahlen – TuS Erndtbrück (Sonntag, 15 Uhr):Im letzten Spiel der NRW-Liga muss der TuS Erndtebrück auswärts ran. Am Sonntag tritt das Team von Trainer Peter Cestonaro als Tabellendrittletzter beim Vorletzten RW Ahlen an. Die Wittgensteiner wollen in jedem Fall mit einem Sieg die Spielzeit 2011/12 beenden. Das Hinspiel verlor der TuS mit 1:2.