Vuokatti (Finnland). Bei Temperaturen von -20 Grad muss der 27-Jährige vom SK Wunderthausen taktisch umplanen. Wie der Athlet den finnischen Bedingungen erfolgreich trotzte.

Klirrende Kälte, jede Menge Schnee und das Thermometer lügt nicht: minus 20 Grad. Die Bedingungen für Sebastian Marburger vom SK Wunderthausen sind beim Sprint-Weltcup im finnischen Vuokatti alles andere als optimal. Es ist derart kalt, dass die Wettkampfrichter überlegen müssen, ob sie den Wettkampf stattfinden lassen. Das bekommt auch Marburger zu spüren. „Weil es minus 20 Grad waren, stand das Rennen auf der Kippe. Normalerweise wird eine Grenze gezogen, ob der Wettkampf stattfindet oder nicht. Letztendlich ging es los und darüber war ich sehr glücklich“, sagt der 27-Jährige.

„Ich habe versucht, so wenig Zeit in der Kälte zu verbringen wie möglich und wollte mich taktisch warm machen, um nicht direkt auszukühlen.“

Sebastian Marburger
SK Wunderthausen

Denn bereits im Prolog erwischt Marburger einen Sahnestart im Eis und legt einen größeren Zeitabstand als erwartet auf die Skier. „Damit war ich sehr zufrieden, weil ich nicht genug einschätzen konnte, wie ich im Feld liege. Ich bin dann ins Halbfinale weitergerückt und konnte dort etwas taktischer laufen und die Lage ein bisschen von hinten beobachten“, schildert er.

Sebastian Marburger brilliert beim Klassik-Sprint-Weltcup im finnischen Vuokatti

Souverän vom Anfang bis zum Ende: Sebastian Marburger gewinnt beim Weltcup im finnischen Vuokatti den Klassik-Sprint in der Startklasse der stehenden Männer.

Bis eine Stunde vor dem geplanten Startschuss war nicht klar, ob der Sprint überhaupt wie geplant über die Bühne würde gehen können. Die Jury diskutierte die Witterungsbedingungen, die schon in den Tagen zuvor herausfordernd gewesen waren; am Dienstag knackten die Thermometer die Marke von minus 20 Grad. Es gab dennoch grünes Licht, „die richtige Entscheidung“, wie der deutsche Bundestrainer Ralf Rombach fand. Und besonders einer aus seinem Team war in der finnischen Eiseskälte sofort on fire: Sebastian Marburger vom SK Wunderthausen.

Der 27-jährige Klassik-Spezialist düpierte im Prolog die Konkurrenz und hatte neun Sekunden Vorsprung auf den Zweitschnellsten, Taiki Kawayoke (Japan). Sein Halbfinale gewann Marburger ebenfalls überlegen, im Finale wurde er seiner neuen Favoritenrolle gerecht und verwies den Sprint-Paralympics-Sieger von 2022, Benjamin Daviet aus Frankreich, und Mark Arendz (Kanada) auf die Ränge zwei und drei. Rombach adelte seinen Auftritt als „überragende Leistung: Er hat sein Niveau konstant gehalten und verdient gewonnen“. Für Marburger, der vor zwei Jahren in Vuokatti sein Debüt gegeben hatte, war es der erste Weltcup-Sieg. red

Immer mit dabei: Die klirrende Kälte Finnlands. Grund genug, sich die Kräfte bereits im Halbfinale einzuteilen und zu analysieren, wo er gerade rangtechnisch steht. Als dann klar ist, dass Marburger ins Finale einzieht, ist seine Marschrichtung klar: Alles auf Angriff. „Im Finale war meine Taktik von Anfang an „all-out“, um das Ding nach Hause zu holen.

„In der Vergangenheit waren es mal minus 15 Grad, aber minus 20 Grad ist nochmal ein Unterschied.“

Sebastian Marburger
SK Wunderthausen

Doch die Kälte bremst ihn in seiner Vorbereitung im finnischen Vuokatti immer wieder aus. Bei minus 20 Grad wird jeder Schritt und jeder Gedanke förmlich zu Eis. „Es fängt schon bei der Planung an, wie man sich am besten warmmacht. Ich habe versucht, so wenig Zeit in der Kälte zu verbringen wie möglich und wollte mich taktisch warm machen, um nicht direkt auszukühlen“, sagt Marburger und fügt an, dass es keine Möglichkeit gab, sich schonender warmzumachen.

Da bleibt nur eines übrig: umplanen. „Normalerweise nimmt man sich als Athlet eine halbe Stunde vor dem Start Zeit und macht was Schnelleres zum Eingewöhnen. Fünf bis zehn Minuten vor Rennstart kann es dann schon intensiver werden. Nicht diesmal. Ich habe mich entschieden, die Zeit zu halbieren“, schildert der Athlet. Das heißt für ihn: 15 statt 30 Minuten Vorbereitung. „Ich bin eine viertel Stunde vorher auf die Ski, habe mich kurz warmgemacht, bin mit dicken Klamotten zum Start und habe dann nur die Jacke ausgezogen und es ging los. Das mit der Planung war in der Kälte schon etwas blöd“, erzählt Marburger seinen Rennstart.

Dass er bei so kalten Temperaturen einmal die Skier durch den Schnee gepflügt hat, daran kann er sich nicht erinnern. „In der Vergangenheit waren es mal minus 15 Grad, aber minus 20 Grad ist nochmal ein Unterschied“, betont Marburger.

Für ihn geht es in Finnland vor Weihnachten noch mit einem Zehn-Kilometer-Skating-Wettkampf weiter. Eigentlich nicht seine klassische Disziplin, doch der Athlet vom SK Wunderthausen möchte etwas Neues probieren. „Das ist für mich ein Testwettkampf, weil ich aktuell noch nicht skate und mich auf die klassischen Läufe konzentriere. Ich will mich mal rantasten und reinkommen, auch für die kommende Saison. Das reizt mich einfach: Probieren und schauen, was für die Zukunft möglich ist“, sagt Marburger. Immerhin bei etwas wärmeren Temperaturen. Für den Wettkampf-Donnerstag zeigt das Thermometer in Vuokatti immer „nur“ noch minus 9 Grad.