Siegen-Wittgenstein. Auf den Sportplätzen wimmelt‘s von Originalen. Vom dauerhungrigen Imbissgänger bis zum Statistik-Fanatiker - mit einem Augenzwinkern stellen wir sie vor.
Möglicherweise kennen wir sie alle: Urgesteine, Schlachtenbummler und Fans, die jeden Spieltag auf dem Sportplatz die Zeit einfach schöner machen - oder schlimmer. Wir haben klischeehaft acht Charaktere analysiert, die sich auf heimischen Fußballplätzen finden lassen - und vielleicht wird der ein oder andere Leser sich denken: Ja, so jemanden kenne ich auch.
1. Der Alles-Kommentierer
Er hat das Spiel schon vor Anpfiff im Kopf durchgespielt und analysiert jede Aktion, als wäre er bei einer Live-Übertragung. „Da musst du doch früher abspielen!“, oder „Wieso geht der nicht auf den zweiten Pfosten?“ sind seine Standardsätze. Mit seiner sonoren Stimme kommentiert er unaufgefordert jedes Dribbling, jeden Zweikampf und jede taktische Verschiebung. Selbst wenn die eigene Mannschaft 5:0 führt, findet er Gründe zu meckern. Dass der Trainer Lizenz und Erfahrung hat, interessiert ihn nicht – er weiß es besser. Seine Nachbarn drehen die Köpfe weg oder nicken höflich, um nicht in eine Diskussion gezogen zu werden. Sollte er doch mal schweigen, dauert es nicht lange – der nächste Fehlpass kommt bestimmt. Immerhin sorgt er dafür, dass niemand auf der Tribüne ein Nickerchen macht.
2. Der Ultra-Fan
Mit Trikot, Schal, Fahne und manchmal sogar einer eigenen Choreografie taucht er auf. Schon beim Aufwärmen der Mannschaft stimmt er erste Gesänge an und macht die Trommel schwingend klar: Hier geht’s um Leben und Tod. Er kennt jede Zeile der Fangesänge – inklusive der wenig jugendfreien. Ein Tor seiner Mannschaft wird gefeiert, als hätte er selbst den Ball reingeschossen. Wenn es schlecht läuft, lässt er seiner Enttäuschung freien Lauf, wobei gegnerische Spieler und Schiedsrichter die Hauptschuldigen sind. „Schiri, wir wissen, wo dein Auto steht!“ ruft er völlig ernst. Für andere ist er vielleicht ein bisschen „drüber“, für ihn ist Fußball eine Religion.
3. Der Dauer-Miesmacher
Schon beim Betreten des Platzes murmelt er vor sich hin: „Das wird heut nix!“ Egal, wie die Mannschaft spielt, er hat immer etwas zu kritisieren. Ein gelungener Pass? „Das war Glück!“ Ein Tor? „Na endlich, hat ja lange genug gedauert!“ Das Spielfeld, die Trainerbank, die Qualität der Bratwurst – alles ist schlecht. Seine finstere Miene verzieht sich nur kurz zu einem mürrischen Grinsen, wenn seine Vorhersagen eintreffen. Andere Fans versuchen, seine schlechte Laune zu ignorieren, doch er schafft es, sie wie ein dunkler Regenwolken-Schleier zu verbreiten. Der Grantler glaubt, seine negative Energie hält das Universum im Gleichgewicht. Selbst bei einem 7:0-Sieg bleibt er standhaft: „Früher waren wir besser.“
4. Der Linienrichter-Experte
Er verfolgt jede Entscheidung des Linienrichters mit einem Blick, als wäre er ein Geheimagent im Dienst. Jede Fahnenbewegung analysiert er mit chirurgischer Präzision. „Nie im Leben war das Abseits!“ Seine Stimme überschlägt sich, wenn er eine Fehlentscheidung wittert. In seinen Augen braucht der Assistent eine Brille, einen neuen Job oder gleich beides. Bei strittigen Szenen hebt er selbst den Arm und zeigt an, wo genau das Foul oder Abseits nicht war. Eigentlich müsste der Linienrichter laut ihm ständig „mal hinschauen“, aber der Experte weiß ja selbst alles besser.
5. Der Amateur-Scout
Er hat immer ein kleines Notizbuch dabei, auch wenn er selten etwas hineinschreibt. Jedes Spiel analysiert er auf Talente, die „ganz groß rauskommen“ könnten. „Der Junge da vorne – hat Potenzial, wenn man ihn richtig einsetzt.“ Er redet von „strategischer Passgenauigkeit“ und „spielerischer Übersicht“ wie ein Profi-Trainer. Allerdings kennt er die meisten Spieler nur vom Sehen und nicht beim Namen. Auf die Frage, warum er nie selbst gescoutet hat, zuckt er mit den Schultern: „Zu viel Büroarbeit.“ Andere denken, er fantasiert, doch er sieht sich als der „versteckte Juwelenfinder“.
6. Der Kiosk-Dauergast
Er verbringt mehr Zeit in der Bratwurst-Schlange als am Spielfeldrand. Sein Ritual: Erst ein Bier, dann eine Bratwurst, vielleicht noch eine Portion Pommes. Wenn er die Tribüne wieder betritt, ist meistens schon Halbzeit. Andere fragen ihn nach dem Spielstand? „Keine Ahnung, aber die Wurst war super!“ Tore verpasst er konsequent, aber er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Seine Antwort auf jedes Fußballproblem? „Noch ein Bier hilft.“ Mit seinem „Snack-Gipfel“ in der Hand wirkt er glücklich, egal wie das Spiel ausgeht. Für ihn ist der Fußballplatz einfach ein gut versteckter Imbissstand mit Unterhaltung nebenbei.
7. Der Nostalgiker
Er lebt in einer Fußballwelt, die es seit 30 Jahren nicht mehr gibt. „Damals, als wir noch mit Lederbällen gespielt haben...“ beginnt jede zweite seiner Geschichten. Für ihn war alles früher besser: die Spieler, die Trikots, der Platz, sogar das Wetter. Modernes Pressing? „Das gab’s bei uns nicht, wir haben einfach Fußball gespielt.“ Bei jeder Spielszene erinnert er sich an ein legendäres Spiel aus den 80ern. Seine Augen leuchten, wenn er von den „guten alten Zeiten“ erzählt, während andere Fans nur höflich nicken. Sein größter Schatz ist eine zerknitterte Eintrittskarte von einem Spiel, das niemand mehr kennt. Für ihn ist Fußball keine Entwicklung, sondern ein Denkmal.
8. Der Hobby-Statistiker
Mit einer App bewaffnet, notiert er jede noch so kleine Statistik. „Das war der vierte Fehlpass in Folge“ murmelt er mit einem Stirnrunzeln. Er kennt den Ballbesitz, die Zweikampfquote und sogar die Laufleistung der Spieler – zumindest schätzt er sie gekonnt. Während andere Fans jubeln oder stöhnen, analysiert er nüchtern: „Wir haben nur 37 Prozent Ballbesitz, das kann nicht gutgehen.“ Seine Liebe zu Statistiken lässt ihn manchmal das eigentliche Spiel vergessen. In der Halbzeitpause erklärt er bereitwillig seine Zahlenkolonnen, obwohl keiner danach gefragt hat. Wenn jemand den Spielstand wissen will, liefert er eine detaillierte Analyse der Spielereignisse. Für ihn sind Zahlen wichtiger als Emotionen.