Siegen. Eine echte Helden-Pokalgeschichte: Sportfreunde-Torhüter wird extra für das Elfmeterschießen eingewechselt - und pariert den entscheidenden Strafstoß.

Das war mal wieder nichts für schwache Nerven. Aber am Ende triumphiert Fußball-Oberligist Sportfreunde Siegen im Elfmeterschießen und steht im Halbfinale des Westfalenpokals. Rihukei Nabesaka verwandelt eiskalt im Siegener Nieselregen den entscheidenden Ball vom Punkt. 5:4 lautet das Endergebnis, das den Pokaltraum der Sportfreunde weiter leben lässt. Der Regionalliga-Neunte FC Gütersloh und seine 60 Fans im Gästeblock müssen geschlagen die Heimreise nach Ostwestfalen antreten.

Trainer Thorsten Nehrbauer hatte in der Nachspielzeit Ersatzkeeper Mateo Drljo für André Weis zwischen die Pfosten beordert. Der Coach traute ihm zu, hier zum mit entscheidenden Faktor zu werden. An den letzten Gütersloher Ball bekam er die Finger, von dort prallte die Kugel gegen den Pfosten und sprang ins Feld zurück. Also: Alles richtig gemacht. Nabesaka vergoldete den Abend.

Danielle Werlein hatte einen schweren Stand im Siegener Sturmzentrum.
Danielle Werlein hatte einen schweren Stand im Siegener Sturmzentrum. © René Traut | René Traut

„Das war für mich sonnenklar, er ist ein Elfmeterkiller“, so Nehrbauer, nachdem er ein wenig zu Atem gekommen war. „Ich musste mich schon ab der 70. Minute warm machen. Ich hatte schon in der Jugend bei einigen Elfmeterschießen die Finger dran“, fand Mateo Drljo nach der Entscheidung die Worte. „Es war vorher so abgesprochen.“

Sportfreunde Siegen - FC Gütersloh 5:4 (0:0) nach Elfmeterschießen

Siegen: Weis (90.+1 Drljo) - Nabesaka, Mayer, Ticha, Krumm - Krämer, Dej - Kyere (76. Pursian), Scheld (57. Mavroudis), Oubeyapwa - Werlein (69. Kader).

Gütersloh: Matuschewsky - Schauerte, Henke, Rother, Winke, Lanfer - Firmino Dantas - Beckhoff, Kandic (59. Touratzidis), Frieling (73. Freiberger) - Twardzik.

Schiedsrichter: Stefan Tendyck (Gelsenkirchen).

Elfmeterschießen: 0:1 Schauerte, 1:1 Dej, 1:2 Lanfer, 2:2 Krämer, 2:3 Twardzik, 3:3 Mavroudis, 3:4 Touratzidis, 4:4 Pursian, Firmino Dantas: Pfosten, Oubeyapwa: drüber, Beckhoff: Drljo lenkt an den Pfosten, 5:4 Nabesaka.

Zuschauer: 1280.

Nachdem schon in der vorherigen Runde Regionalligist Türkspor Dortmund vom „Punkt“ bezwungen werden konnte, musste in Siegen auch der zweite Viertligist die Segel streichen. Und das nach vorausgegangenen 90 Minuten, in denen die Siegener ein Spiel auf Augenhöhe lieferten. Mit ganz viel Herz warfen sie sich in die Zweikämpfe, boten vor allem in der Defensive eine Top-Leistung. Und hätte Schiedsrichter Stefan Tendyck aus Gelsenkirchen in der 84. Minute nach dem Foul von Justus Henke am eingewechselten Georgios Mavroudis auf den Elfmeterpunkt gezeigt, niemand hätte sich beschweren können. Doch der Unparteiische winkte ab, gab den Elfmeter nicht.

Vor den Fans wurde der Halbfinal-Einzug gefeiert. Der Pokaltraum der Sportfreunde lebt.
Vor den Fans wurde der Halbfinal-Einzug gefeiert. Der Pokaltraum der Sportfreunde lebt. © René Traut | René Traut

Nach der Pause war den Gästen anzumerken, dass sie die Entscheidung wollten. Da gab es viel Druck für die Siegener Defensive, die sich aber nicht anfällig zeigte. Und Torhüter André Weis musste nach einer Stunde ins kurze Eck abtauchen, als Luis Frieling nach einer an den kurzen Pfosten geschlenzten Eckball zum Kopfball kam. Ansonsten aber blieb es ein Spiel ohne die ganz großen Möglichkeiten, sieht man vom Lattenschuss von Phil Beckhoff nach 36 Minuten ab, als Weis aber auch die Finger dran hatte.

Auf der anderen Seite fanden die Siegener nur selten eine Lücke in der Gütersloher Fünferkette. Der zunächst für Cagatay Kader stürmende Danielle Werlein zeigte sich zwar sehr beweglich in der Spitze, blieb aber wirkungslos. Er hätte in der 39. Minute den Blick haben müssen für den auf der linken Außenbahn völlig frei mitlaufenden Shaibou Oubeyapwa. Doch Werlein verlor den Ball. Das wäre die Chance geworden.

Ab der 70. Minute schienen die Sportfreunde die zweite Luft zu bekommen. Plötzlich bauten sie nach guten Kombinationen Druck auf, fanden aber auch jetzt nicht die Lücken, um richtig Gefahr herauf zu beschwören. Der eingewechselte Kader konnte nichts ausrichten, auch Oubeyapwa lief sich immer wieder fest.

Und dann das Nervenspiel vom Punkt, das der Ex-Käner Julian Schauerte mit seinem Treffer für die Gütersloher startete. André Dej, in den 90 Minuten ein Vorbild in Sachen Einsatz und Kampfgeist, ließ das 1:1 folgen. Bis zum 4:4 durch Leon Pursian, der ebenso wie die vorausgegangenen Schützen keine Nerven zeigte. Dann visierte Allan Firmino Dantas den Innenpfosten an, und Oubeyapwa hatte die Entscheidung auf dem Fuß. Doch sein Ball flog hoch übers Tor. Als dann Mateo Drljo den Schuss von Phil Beckhoff mit ganz langen Fingern an den Pfosten lenkte, schlug die Stunde für Rihukei Nabesaka, der die Kugel eiskalt in den linken Winkel platzierte und für ausgelassenen Siegener Jubel sorgte.

„Ich habe meine Mannschaft mit der besseren Spielanlage gesehen“, lobte Thorsten Nehrbauer sein Team, „aber vor allem kämpferisch haben wir wirklich alles in die Waagschale geworfen. Hut ab vor dieser Leistung.“