Wittgenstein/Dänemark. Prinzessin Nathalie zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg äußert harsche Kritik am Dänischen Reitsportverband. Droht eine Eskalation im gespaltenen Vorstand?
Etwas ist faul im Staate Dänemark. Die Worte Hamlets passen gut zur aktuellen Lage des Dänischen Reitsportverbands, denn dort brodelt es im Vorstand gewaltig. Bereits zum zweiten Mal seit der konstituierenden Sitzung im April dieses Jahres hat eine Gruppe rund um Prinzessin Nathalie zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg deutliche Kritik am Vorsitzenden des Dänischen Reitsportverbands, Dan Boyter, ausgesprochen.
Konkret geht es um einen aus Sicht der Gruppe teils „diktatorisch anmutenden Führungsstil, um Geldverschwendung und das bewusste Unterschlagen von Informationen“ seitens des Vorsitzenden. Weiter spricht die Gruppe von „fehlender Einbeziehung in strategische Ausrichtungen und der Verweigerung weiterer Vorstandssitzungen“.
Der Vorsitzende ist nun in die Offensive gegangen und hat auf der Webseite des DRF einen offenen Brief veröffentlicht, den unter anderem auch die dänische Zeitung Billed Bladet zum Anlass für eine Berichterstattung nimmt. Die Gruppe um Nathalie bezieht Gegenstellung.
Vorsitzender des Dänischen Reitsportverbands kritisiert Gruppe um Prinzessin Nathalie scharf
Boyter schreibt in einer Stellungnahme, dass er „von Anfang an mit internen Herausforderungen im neuen Vorstand des DRF zu kämpfen gehabt“ habe. Vier Vorstandsmitglieder haben sich nach Auffassung Boyters von Tag eins an für eine konfrontative Linie entschieden. Nun sprechen zum zweiten Mal vier Mitglieder des Vorstands ihr Misstrauen gegen Boyter aus, darunter auch Prinzessin Nathalie zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg. Die Aufforderung: Boyter muss zurücktreten.
Doch der denkt nicht daran und geht in die Offensive: Er sei „tief überrascht und besorgt“, dass man ihm bereits nach 38 Tagen zum ersten Mal das Misstrauen ausgesprochen habe und dass man dies erneut tue.
Seine Haltung bleibe unmissverständlich: „Aus diesem Grund sehe ich es nicht als die richtige Lösung für den DRF an, einfach ohne Weiteres zurückzutreten.“ Wenngleich er bestätigt, dass der Vorstand derzeit gespalten und handlungsunfähig sei.
„Aus diesem Grund sehe ich es nicht als die richtige Lösung für den DRF an, einfach ohne Weiteres zurückzutreten.“
Auf einer Vorstandssitzung am 20. September sollte das fehlende Vertrauen angesprochen werden. Doch die vier Abweichler zogen nicht mit. „Trotz der geäußerten Kritik erhielt der Vorschlag überraschenderweise keine Unterstützung von den vier genannten Vorstandsmitgliedern.“
„Alter Groll“ und „persönliche Angelegenheiten“ blockieren laut Boyter die Vorstandsarbeit
Die Abweichler, betont der DRF-Vorsitzende, würden sich bewusst gegen andere Reiter und Personen stellen, die in die Entscheidung involviert waren, das Landestrainer-Setup im Dressurbereich vor einigen Jahren zu ändern.
Weitergehend seien „alter Groll“ und „persönliche Angelegenheiten“ der Grund dafür, dass die zukünftige Ausrichtung des Verbandes negativ beeinflusst wird. „Es gibt zum Beispiel ein Vorstandsmitglied, das einen externen Berater eingeschaltet hat, der aktiv belastendes Material über bestimmte Spitzenreiter sucht.“
„Einzelne Vorstandsmitglieder umgehen die vereinbarte Sprecherstruktur und äußern sich anonym direkt gegenüber der Presse, sodass es den Anschein hat, als sei der DRF in zentralen Ansichten gespalten.“
Laut Boyter sei der Verband in eine „völlig unhaltbare Situation“ gebracht worden, die den „Fortschritt der wichtigen Vorstandsarbeit“ stoppe.
Es habe zudem mehrere Verstöße gegen eine gute Vorstandspraxis gegeben. „Einzelne Vorstandsmitglieder umgehen die vereinbarte Sprecherstruktur und äußern sich anonym direkt gegenüber der Presse, sodass es den Anschein hat, als sei der DRF in zentralen Ansichten gespalten.“
Gruppe um Prinzessin Nathalie antwortet mit deutlichem Gegenstatement
Die Gruppe rund um Prinzessin Nathalie reagiert prompt mit einer eigenen Darstellung der Geschehnisse. Es gebe im Vorstand des Dänischen Reitsportverbands eine „problematische Führungspraxis“. Eine, die die Geschäftsordnung und Satzung des Dänischen Reitverbands nicht beachte und Entscheidungen von einer eigenmächtigen Führung ohne Einbeziehung des Vorstands treffe.
Zudem spricht die Gruppe von der Situation, die die Interessen und das Ansehen des Reitsports nicht beachtet und persönliche Belästigungen gegenüber Vorstandsmitgliedern beinhaltet, die sich gegen eine eigenmächtige Führung wenden.
Vier Vorstandsmitglieder kritisieren die Amtsausübung des Vorsitzenden Dan Boyter
Die Gruppe rund um Prinzessin Nathalie stellt mehrere Fragen in den Raum: Etwa, ob es konfrontativ sei, wenn Vorstandsmitglieder kritisch darauf hinweisen, dass der DRF einen Zuschuss von 500.000 Dänischen Kronen (rund 67.000 Euro) an einen privaten Veranstalter bereitstellt, wenn die Finanzen des Verbands so angespannt seien, dass umfassende Sparpläne umgesetzt werden müssen. Der Zuschuss müsse, so die Gruppe um die Prinzessin, am Ende mit Eigenkapital des DRF finanziert werden.
„Ist es konfrontativ, wenn Vorstandsmitglieder, die sich gegen eine eigenmächtige und diktatorische Führungspraxis wenden, unter Druck, persönlicher Belästigung, Strafmaßnahmen und drohender Rhetorik leiden?“
Ob es konfrontativ sei, wenn Vorstandsmitglieder die fehlende Einbeziehung des Vorstands in strategischen Priorisierungen ansprechen und die Notwendigkeit für mehr Vorstandssitzungen zur dringenden Bearbeitung von dringenden Themen betonen.
Weitergehend möchten die Vorstandsmitglieder mit direktem Verweis auf die Verbandssatzung die Einbeziehung der Fachdisziplinen als direkte Sparringspartner, um mehr Fachlichkeit in Entscheidungen zu gewährleisten. Zudem prangert die Gruppe an, dass der Vorstand nicht bei Entscheidungen einbezogen werde und wesentliche Informationen bewusst verschwiegen werden. Ob das alles konfrontativ sei, fragt die Gruppe.
Herrscht beim Dänischen Reitsportverband eine „diktatorische Führungspraxis“?
Die letzte Frage ist direkt an Boyter gerichtet: „Ist es konfrontativ, wenn Vorstandsmitglieder, die sich gegen eine eigenmächtige und diktatorische Führungspraxis wenden, unter Druck, persönlicher Belästigung, Strafmaßnahmen und drohender Rhetorik leiden?“
Boyter habe erfahren, dass er zwar Vorsitzender sei, aber nicht automatisch eine Mehrheit für seinen Weg habe. Dass der Vorsitzende die Wünsche nach mehreren Sitzungen ignoriere oder Sitzungen nach dem ersten Punkt der Tagesordnung verlasse, sei ein Zeichen dafür, dass „der Vorsitzende die demokratischen Entscheidungsprozesse des Vorstands nicht anerkennt.“
Auf die Äußerungen Boyters werde die Gruppe nicht weiter eingehen, heißt es abschließend. Die Angelegenheiten soll stattdessen im Ethikkomitee des Dänischen Sportverbands behandelt werden.