Siegen. Nach 2:0-Führung Fußballspielen eingestellt und starken Wattenscheidern die Offensive überlassen. Moral der Gäste wird belohnt.
Damit hatte aber keiner mehr im Leimbachstadion gerechnet. Die Wattenscheider wohl auch nicht. Nach der Siegener 2:0-Führung nach einer gespielten Oberliga-Stunde schien der Samstagabend geritzt. Aber eben nur scheinbar. „Das war eine unglaubliche Moral“, schwärmte nach den 96 Minuten völlig zurecht SG09-Coach Christopher Pache, voll der Eindrücke der verbleibenden Spielzeit. „Und das in Siegen, auf oberstem Oberliga-Level.“ Er hatte vollkommen recht damit, hatte sein Team doch mit vereinten Kräften, aber auch durch die Nachlässigkeit der Sportfreunde, noch die Partie aus dem Feuer gerissen. Vollkommen verdient nehmen die Wattenscheider mit dem späten 2:2 noch den einen, für sie so wertvollen Punkt mit.
So richtig waren die Mannen von Thorsten Nehrbauer nicht in diese Partie gekommen. „Die erste Halbzeit haben wir verschlafen, da waren wir einfach nicht wach genug“, analysierte der Sportfreunde-Coach vollkommen richtig. Denn die ersten Möglichkeiten hatten die Gäste, die sich zu keinem Zeitpunkt versteckten, mitspielten und im Spiel nach vorne die besseren Szenen hatten. So den Schuss von Berkan Firat in der 26. Minute, den Andre Weis aus dem Eck boxt. Drei Minuten später muss der Ex.-Käner Jamal El Mansoury die Ruhrgebietler eigentlich in Führung schießen, als er nach der Tendelei von Rihukei Nabesaka, der den Ball gegen Firat verlor, k blank am Elfmeterpunkt stand und doch die Kugel in den sich verdunkelnden Vorabend-Himmel drosch.
Für die Siegener blieben die besten Szenen in der Schlussphase dieser ersten Hälfte. Da schoss Cagatay Kader im Strafraum seinen eigenen Mitspieler an, Pursian sprang praktisch auf der Torlinie der Ball an den Rücken. Eine Führung in dieser Endphase der ersten Hälfte hätte dem Siegener Spiel gut getan.
„Die erste Halbzeit haben wir verschlafen, in der Pause bin ich dann mal laut geworden.“
Aber man nahm diesen Elan mit in die Kabine, wo Thorsten Nehrbauer zudem die richtigen Worte fand. „Da bin ich dann mal laut geworden.“ Seine Mannen wurden regelrecht geweckt, starteten die zweite Hälfte, um in der ersten Viertelstunde die besten Szenen und dann auch die verdienten Tore zur 2:0-Führung zu erzielen. Es war Arthur Tomas, der schon vor der Pause, gemeinsam mit Leon Pursian auf dem linken Flügel die besten Szenen kreiert hatte, der mit einem seiner ganz seltenen Tore für Stimmung auf den Rängen sorgte. 52. Minute: Mit dem Außenriss schlenzt er den Ball hoch in den Winkel des langen Ecks. Wohl überlegt und völlig unaufgeregt.
Nur sechs Minuten später wähnten sich die Siegener am Ziel ihrer Wünsche, als Leon Pursian im Fünfmeterraum zur Stelle war, nachdem der Lupfer von Kader von Torhüter Phil Lenuweit nur abgeklatscht werden konnte. Ein 2:0 aber, das die Sportfreunde zum Signal nahmen, das Fußballspielen einzustellen, die Gäste wieder stark zu machen. Statt das 3:0 nachzulegen, die Partie zu beruhigen und zu entscheiden, zogen sie sich zurück und sorgten dafür, dass die letzten 20 Minuten eigentlich nur noch die Gäste offensiv waren, Druck machten. Die belohnten sich dann nicht nur mit dem Anschusstreffer durch den Kopfball von Robert Nnaji in der 80., sondern eben auch noch mit dem durchaus verdienten Ausgleich durch den eingewechselten Maik Habitz in der Nachspielzeit. In beiden Szenen bekamen die Außenverteidiger - zunächst rechts, dann auf der anderen Seite - nicht den Zugriff bei den Wattenscheider Hereingaben. Auch das 2:2 resultierte aus einem Kopfball.
SF Siegen - SG Wattenscheid 2:2 (0:0)
Siegen: Weis - Nabesaka, Mayer, Ticha, Tomas - Mavroudis (90.+1 Zimpel), Dej - Kyere (70. Werlein), Scheld (67. Krämer), Pursian (82. Hodroj) - Kader.
Wattenscheid: Lenuweit - Ouid Seltana, Kacmaz (80. Habitz), Gabriel, Pasche - Renke, Sindermann (75. Broos) - El Mansoury (72. Deniz), Firat, Yesilova (57. Kouonang) - Nnaji.
Schiedsrichter: Johannes Liedtke (Ennepetal).
Tore: 1:0 Tomas (52.), 2:0 Pursian (58.), 2:1 Nnaji (80.), 2:2 Habitz (90.+3).
Zuschauer: 2104.
Beklagen dürfen sich die Siegener über die verlorenen Punkte nicht. Wer das Fußballspielen einstelt und einen Zwei-Tore-Vorsprung verwalten will, wird bestraft. Immer wieder ist es so, dass ein 2:0 eben kein Ruhekissen ist. Auch die letzten Offensivversuche nach dem Ausgleich der Gäste verpufften schließlich, da auch die Proteste nach einer Hereingabe von Danielle Werlein gegen die Entscheidung des Ennepetaler Schiedsrichters Johannes Liedtke, das reklamierte Handspiel von Joey Gabriel übersehen zu haben, nichts nutzten. Ein 2:2, das sich die Wattenscheider durch ihre große Moral redlich verdienten. „Ich kann nur den Hut vor der Mannschaft ziehen“, so noch einmal ein glücklicher Gäste-Trainer Pache, der mit den Seinen und den Fans im Gästeblock diesen Punktgewinn feierte.