Wittgenstein. Künftig darf nur noch der Kapitän mit dem Unparteiischen reden. Im Fußballkreis Wittgenstein sind nicht alle Zweifel an der Regel ausgeräumt.

Die Fußball-Europameisterschaft hat es vorgemacht, nun zieht der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nach. Die Funktionäre haben rückwirkend beschlossen, dass seit dem 1. Juli 2024 nur noch der Kapitän einer Mannschaft mit dem Unparteiischen und seinen Assistenten sprechen darf.

Wie der DFB in einer Pressemitteilung bekannt gibt, soll dem Kapitän damit weitreichende Entscheidungsbefugnis zugeteilt werden. „Die Kapitäne sind zudem dafür verantwortlich, dass ihre Mitspieler*innen die Unparteiischen respektieren, Abstand halten und sie nicht bedrängen. Ein Spieler, der die Rolle seines Kapitäns ignoriert, beim Referee reklamiert oder sich respektlos verhält, wird verwarnt.“ Sollte ein Torhüter die Rolle des Kapitäns innehaben, dann muss vor Spielbeginn ein Feldspieler als Ansprechpartner benannt werden.

Doch auch dem Schiedsrichter gibt der Fußball-Bund noch ein paar Instruktionen mit auf den Weg. „Die Unparteiischen werden ihrerseits dazu ermutigt, sich im Dialog mit den Kapitänen auszutauschen, um eine respektvolle Atmosphäre zwischen allen Parteien zu schaffen und eine Vertrauensbasis zu den Spieler*innen aufzubauen.“ So weit, so gut. Doch was sagen die einzelnen Akteure aus dem Fußballkreis Wittgenstein zu der neuen Regelung?

Yannik Lückel, der in der abgelaufenen Spielzeit als Kapitän des Bezirksligisten VfL Bad Berleburg aktiv war, begrüßt die neue Regelung: „Grundsätzlich hat die EM gezeigt, dass diese neue Regelung sinnvoll ist, besonders für Schiedsrichter muss es dadurch angenehmer werden. Wir müssen nur aufpassen, dass nicht jeder Kommentar, der sich zwangsläufig nicht vermeiden lässt, nicht direkt mit gelb geahndet wird. Da wird es auf das Fingerspitzengefühl des Schiris ankommen. Ansonsten könnte die Regelung aber helfen, das Spiel zu beruhigen und zügiger weiterlaufen zu lassen.“

„Wenn es dazu führt, dass weniger Diskussionen und Streitigkeiten auf den Sportplätzen stattfinden, dann ist es eine gute Sache.“

Admir Terzic
Kapitän TuS Erndtebrück

In eine ähnliche Kerbe schlägt auch Admir Terzic, der Kapitän des Westfalenligisten TuS Erndtebrück: „Ich stehe dem ganzen neutral gegenüber. Wenn es dazu führt, dass weniger Diskussionen und Streitigkeiten auf den Sportplätzen stattfinden, dann ist es eine gute Sache. Ich bin aber gespannt, was die Umsetzung angeht und wie Schiedsrichter und Spieler damit umgehen.“

Oliver Ullmann, der Coach von A-Ligist SF Birkelbach, stellt derweil eine andere Frage in den Raum: „Ich habe die Regelung in der Mannschaftsgruppe gesehen. Schiedsrichter nehmen ja bekanntlich selten Entscheidungen zurück. Darf ich als Trainer dann von außen eigentlich noch mitsprechen?“, fragt Ullmann und ergänzt: „Vielleicht kriegt man so Ruhe in eine aufgeladene Partie rein, vielleicht ist das auch ein Schritt in die richtige Richtung und es unterbindet das Meckern. Wir kriegen aber in der Kreisklasse keine Bundesliga-Schiris und das sind am Ende des Tages alles noch Menschen.“

Carsten Roth, Trainer vom VfB Banfe.
Carsten Roth, Trainer vom VfB Banfe. © Peter Kehrle | peter kehrle

Carsten Roth, Trainer des B-Ligisten VfB Banfe, sieht die Rolle des Kapitäns in der neuen Regelung bestärkt: „Ich war schon immer der Meinung, dass es einen Kapitän auch dafür gibt, um mit dem Schiedsrichter zu sprechen.“ Doch gleichzeitig zeigt er sich nachdenklich, was die Umsetzung betrifft. „Ich war in meiner aktiven Zeit lange Kapitän, da haben die Schiedsrichter selten einen Unterschied zwischen dem Kapitän und einem normalen Spieler gemacht. Ich habe da eine eigene Meinung zu. Es gibt Schiedsrichter, die sind für eine sachliche Diskussion offen und es gibt manche, die sind es nicht.“

Niklas Brachmann, der Vorsitzende von A-Ligist SV Schameder, hat sich nach eigenen Angaben noch keine richtige Meinung bilden können: „Die Mitteilung ist durch die Mannschafts- und Vorstandsgruppe gegangen. Ist das umsetzbar in der Kreisliga? Ich denke, dass das schwierig werden wird. Grundsätzlich finde ich die Entscheidung aber in Ordnung. Wir können nicht ändern, dass es kommt, aber eine endgültige Meinung habe ich noch nicht dazu.“

Muss er womöglich um Teile seines Kaders bangen? Andreas Schneider, der Übungsleiter des A-Ligisten Sportfreunde Edertal, sagt über sich selbst, dass auch er immer mal wieder das Gespräch mit dem Schiedsrichter suche. Durchaus auch in hitzigen Situationen: „Wir haben es bei der EM gesehen, aber ich befürchte, dass es nicht so schnell umgesetzt wird wie bei der Europameisterschaft. Ich habe Sorgen, dass es für uns gelbe Karten hageln wird. Wenn ich Gelb bekomme, dann ist das nicht dramatisch. Bei meinem kleinen Kader aber auf lange Sicht schon. Ich bin auch ein Kandidat für eine Diskussion mit dem Schiedsrichter. Darf ich dann überhaupt noch mit ihm reden?“, gibt sich Schneider selbstkritisch.

Andreas Schneider, Trainer der Sportfreunde Edertal
Andreas Schneider, Trainer der Sportfreunde Edertal © Wittgenstein | Carsten Loos

Er ergänzt: „Ich finde es gut, weil das Gemecker dann vielleicht aufhört. Im Amateurbereich kann dann aber ein kleiner Kader zum Problem werden. Ich habe damit gerechnet, dass das bis zur Regionalliga umgesetzt wird. Für den Schiedsrichter finde ich es eine gute Lösung. Die ein oder andere Sperre muss ich bei meinen Jungs jetzt aber wohl in Kauf nehmen, wenn sie sich nicht zusammenreißen.“

Fabian Werner, Spieler beim TuS Erndtebrück II, begrüßt die Regelung ausdrücklich: „Ich finde es sehr gut. Dadurch kommt viel mehr Ruhe rein und die Mittelspielzeit ist deutlich höher. Manche von uns müssen umdenken, denn unsere Sechser in der ersten Mannschaft sind sehr gesprächig. Jeder hat jetzt aber künftig die gleichen Voraussetzungen.“