Banfe. Der Umgang mit Dennis Hild stellt den B-Kreisligisten vor eine schmerzhafte Zerreißprobe. Am Ende ist das Votum aber klar. Trainer ist geschockt.
Der Fußball-B-Kreisligist VfB Banfe hat seinen Trainer Dennis Hild entlassen – und sportliche Gründe spielten dabei keine Rolle. Ausschlaggebend ist der Impfstatus des Herborners: Weil das Robert-Koch-Institut den Genesenstatus von vormals sechs Monaten auf drei Monate nach einer auskurierten Corona-Infektion verkürzt hat, hätte Hild – weil er eine Corona-Impfung nicht in Betracht zieht – nur noch unter erheblichen Einschränkungen seinen Aufgaben als Spielertrainer nachkommen können. Auch, aber nicht nur deshalb hat sich der Sportverein nach einer intensiven Diskussion für eine Entlassung des Trainers entschieden.
„Ich bin immer noch geschockt, weil ich es grundsätzlich nicht nachvollziehen kann, dass wir so weit sind, dass wir Leute diskriminieren und entlassen, weil sie nicht geimpft sind“, sagt Dennis Hild. Dem Vorsitzenden André Becker hat die Entscheidung schlaflose Nächte beschert: „Schön ist das nicht. Wir hatten einen guten Draht zu Dennis. Das waren ganz schwierige Gespräche.“
Schwer habe man sich mit der Entscheidung auch deshalb getan, weil Hild zwar Impfskeptiker sei, aber kein Coronaleugner – alle Schutzmaßnahmen neben dem Impfen habe er diskussionslos mitgetragen und auch „Bekehrungsversuche“ habe er nicht unternommen.
Die rechtliche Seite
Der VfB Banfe hat Dennis Hild als Spielertrainer angestellt. Diese Funktion hätte der 37-Jährige nur noch zur Hälfte ausfüllen können – als Trainer, aber nicht mehr als Spieler bzw. Verteidiger, denn aktiv am Sportwettbewerb teilnehmen dürfen nur noch Immunisierte.
Anders ist es bei den Trainern. Theoretisch hätte Paragraph 4, Absatz 4 der Coronaschutzverordnung Hild eine Fortführung seiner Arbeit erlaubt – mit tagesaktuellen Tests und dem Tragen einer medizinischen Maske während der gesamten Tätigkeit. „Für mich ist das im Prinzip eine Gesetzeslücke, die nicht viel Sinn macht“, sagt André Becker. „Wir haben das trotzdem in Betracht gezogen. Wir haben auch eine 14-tägige Freistellung diskutiert, um abzuwarten, ob es nach der kommenden Ministerpräsidentenkonferenz vielleicht Lockerungen gibt. Wir haben beide Überlegungen aber verworfen.“
Die sportliche Seite
Der VfB sieht sich punktemäßig im Soll, hatte nach einem schwachen Saisonstart eine steil steigende Formkurve vor der Winterpause. Deshalb hatte der Verein Hild eine Vertragsverlängerung angeboten, die der Herborner aber wegen der vielen Fahrkilometer im Auto ablehnte. Dennoch: Ohne Pandemie wäre eine vorzeitige Entlassung überhaupt kein Thema gewesen.
Eine Weiterbeschäftigung von Hild wäre nun aber auch sportlich schwierig geworden, denn es hätte eine stetige Unruhe und Ungewissheit um den Status des Trainers gedroht, dessen offizielle Immunisierung auch ohne den neuesten RKI-Beschluss im April ausgelaufen wäre. Becker: „Die Mannschaft hatte Sorge, dass wegen der rechtlichen Situation oder einer erneuten Quarantäne immer wieder ein anderer Trainer auf dem Platz steht. Die Lösung mit Tests und Maske haben wir nicht als praktikabel angesehen.“
Nachvollziehbar ist das: Das Hereinrufen von Anweisungen mit Maske wäre schwierig und womöglich unfreiwillig komisch geworden. Auch die Mimik als nonverbales Kommunikationsmittel wäre weggefallen, Emotionen somit kaum zu vermitteln gewesen.
Das moralische Dilemma
Als Verein sieht sich der VfB Banfe in sozialer Verantwortung und deshalb in einem Dilemma. Einerseits gilt der Grundsatz, dass der Sport ein Schmelztiegel sein soll, in dem andere Aspekte des gesellschaftlichen Lebens in den Hintergrund treten, wo Arme und Reiche, Alte und Junge oder politisch gegensätzlich eingestellte Menschen zusammenfinden. Nun passiert das Gegenteil: Ausgrenzung statt Integration. „Dennis gegenüber ist die Sache eine Diskriminierung. Das ist grauenhaft“, findet Becker.
Andererseits sind Impfungen ein Akt der Solidarität gegenüber der Gesellschaft – der in diesem Fall ausbleibt. „Gegenüber anderen Abteilungen in unserem Verein und großen Teilen der Gesellschaft wäre eine Weiterbeschäftigung nicht zu vertreten gewesen“, verweist der Vorsitzende auf Turner, Tänzer und Volleyballer im Verein, die ihrem Sport-Hobbys wegen der Pandemie fast zwei Jahre lang kaum nachkommen konnten. Das Verständnis für eine Sonderrolle beim Übungsleiter der Fußballer habe sich in überschaubaren Grenzen gehalten.
Becker: „Wir wollen eine einheitliche Linie fahren und müssen den ganzen Verein betrachten. Wir haben Abteilungen, für die viele Dinge nicht gelten, die im Außenbereich und im Ligabetrieb noch zulässig sind.“ Hinzu kommt der Aspekt Außenwirkung. Becker: „Unser Verein hat federführend ein Hygienekonzept für alle Sportvereine im Stadtgebiet mit erarbeitet, in dem auch der Appell enthalten ist: ,Bitte lasst euch impfen!’ Dazu hätte eine andere Entscheidung nicht gepasst. Und dazu, dass der Trainer als Aushängeschild eines Vereins ein Vorbild sein sollte, gibt es auch keine zwei Meinungen.“
Am Ende der fast zwei Stunden lang kontrovers, aber sachlich geführten Videokonferenz des VfB-Vorstands, an dem auch Spielervertreter beteiligt waren, stand eine Abstimmung von 14 Personen. Das Ergebnis zwar nicht einstimmig, aber klar gewesen.
Die Reaktion
„Eine Maske trägt keiner gerne, aber wollte es auch mit gerne durchziehen, weil ich es der Mannschaft schuldig gewesen wäre“, bedauert Hild sein Aus in Banfe, mit dem er sehr hadert. Die Entscheidung habe ihn überrascht und geschockt.
„Ich möchte dem Verein keinen Vorwurf machen, empfinde es aber als absolute Frechheit, dass es durch die Corona-Gesetze so kommen musste. Ich fühle mich nicht diskriminiert durch Leute, sondern durch die Maßnahmen, die teilweise völlig hirnrissig und widersprüchlich sind.“
Von den Spielern hat sich Hild bei einem Trainingsbesuch inzwischen persönlich verabschiedet, das Verhältnis sei intakt gewesen. „In der Kabine war mein persönlicher Status nie Thema. An der Theke bin ich mal von zwei Spielern gefragt worden, warum ich mich nicht impfen lassen möchte, aber das war alles.“
Doch was hält Hild vom Impfen ab? Öffentlich will der Herborner seine Beweggründe nicht nennen. „Ich leugne nicht, dass es Corona und schwere Fälle gibt. Aber ich bin gesund und möchte mich nicht impfen lassen. Das Warum ist meine persönliche Sache, dabei möchte ich es belassen.“
Im Verein habe er zuletzt zwei Lager ausgemacht. „Es waren wohl einige dabei, die der Meinung sind, dass ich nicht tragbar bin. Die Abteilung Fußball hat sehr viel Druck bekommen und letztlich hat man beschlossen, alles auf einen Einzelnen abzuwälzen.“ Ob ein Wiedersehen im Sommer denkbar sei? Hild ist unsicher – die Zeit werde es zeigen.
So geht es weiter
Zur neuen Saison übernimmt Carsten Roth, aktuell Trainer der Sportfreunde Birkelbach, die Mannschaft des VfB Banfe. Bis dahin fungiert der Sportliche Leiter Wolfgang Dietrich, wie in zwei Wochen im Herbst, als Interimstrainer – auch beim Test am Samstag (14.30 Uhr) gegen die SG Laasphe/Niederlaasphe. Der 62-jährige Feudinger arbeitet in Plettenberg und wird deshalb nicht jede Einheit leiten können – dann sollen erfahrene Spieler übernehmen.