Bad Berleburg. Trainerämter, Aushilfsjobs und mehr: Beim VfL Bad Berleburg ist Treude „in den letzten Jahren ein bisschen Mädchen für alles gewesen“.

Das Wort „Typ“ wird laut Duden so definiert: „Durch bestimmte charakteristische Merkmale gekennzeichnet.“ Jedem fällt sicher ein besonderer Typ ein, wenn man danach fragt. In Bad Berleburg und Umgebung wird man sagen: „Klar, der Andreas.“

„Andreas?“, werden sich die Fußballer des VfL Bad Berleburg nun fragen, denn nahezu keiner am Sportplatz am Stöppel benutzt diesen Namen, wenn es um Andreas Treude geht. Der Spitzname „Mimi“ hat sich schon seit etlichen Jahren etabliert. Bereits seinen Vater nannten die Leute so, weil er in der Kurstadt das Milchauto fuhr – und so wurde der Beiname eben mit vererbt.

Fußball-Laufbahn startet mit sieben Jahren

Doch dieser skurrile Spitzname ist nicht der Grund dafür, dass „Mimi“ Treude jedem ehemaligen und aktiven Spieler in Bad Berleburg ein Begriff ist. Denn der heute 57-jährige Physiotherapeut kann gut und gerne als „gute Seele des Vereins“ beschrieben werden. Stets freundlich, immer ein lustiger Spruch auf den Lippen und – das ist heutzutage selten – sich für nichts zu schade. „Man könnte sagen, ich bin in den letzten Jahren ein bisschen Mädchen für alles gewesen“, schmunzelt Treude, dem es – passend zu seiner angenehmen Art – ein wenig unangenehm ist, nun im Rampenlicht zu stehen. Müsste er seine Vereinsverdienste selbst beschreiben, würde er all seine Taten mit „halb so wild“ abtun.

Die Fußball-Laufbahn des gebürtigen Berleburgers fing dabei im zarten Alter von sieben Jahren an, als er erstmals die Schuhe für „seinen“ VfL schnürte. Immer mit dem Ehrgeiz, irgendwann einmal für die erste Mannschaft aufzulaufen, die damals noch den Amateurfußball aufmischte.

Wir hatten eine geile Zeit. Das waren unvergessliche Jahre mit unvergesslichen Geschichten. Die Gemeinschaft hat einen einfach geprägt.
Andreas „Mimi“ Treude - Klub-Legende des VfL Bad Berleburg

Zwar waren die Verbandsliga-Tage der Berleburger vorbei, als Treude aus der Jugend in die Senioren aufrückte, doch sein Ziel hatte er immerhin erreicht – bis zu seinem 35. Lebensjahr war der kleine Wadenbeißer Teil der ersten Mannschaft des VfL. Eine Zeit, die Treude noch heute ins Schwärmen geraten lässt. „Wir hatten eine geile Zeit. Das waren unvergessliche Jahre mit unvergesslichen Geschichten. Die Gemeinschaft hat einen einfach geprägt.“

Anekdote um Anekdote reiht der 57-Jährige in der Folge aneinander, von Partys in „Martinis Keller“ mit drei, teilweise vier Mannschaften. Von unvergessenen Mannschaftsfahrten, von Schindluder und Kuriositäten – würde Treude ein Buch über diese Zeit schreiben, es würde sich sicher gut verkaufen.

Trainer beim TuS Dotzlar

Doch endete sein Engagement mit dem Ausscheiden aus der ersten VfL-Seniorenmannschaft nicht. Viel eher hatte Andreas Treude das Gefühl, dass besonders jetzt die Zeit gekommen war, um dem Verein etwas zurückzugeben. „Ich habe mich verpflichtet gefühlt, ich hatte den Verantwortlichen viel zu verdanken. Es wurde sich immer um alles gekümmert, wir hatten immer tolle Trainer, die mir den Sport beigebracht haben, den ich so liebe“, erklärt der 57-Jährige selbst seine Motivation für die zahlreichen Trainerämter, Aushilfsjobs und Gefälligkeiten, die er in den zurückliegenden 20 Jahren für seinen Herzensklub übernommen hat.

Um die Jahrtausendwende übernahm „Mimi“ erstmals die zweite Mannschaft der Stöppel-Kicker als Spielertrainer für ein paar Jahre, ehe seine Expertise in der Jugend der Berleburger gebraucht wurde. „Das war auch geil, überhaupt kein Rückschritt. Die Jungs damals konnten alle kicken und spielen noch heute teilweise in der ersten Mannschaft“, freut sich Treude, der seinen ehemaligen Schülern noch heute jeden Sonntag beim Spielen zusieht.

Doch danach kam es zum Novum: Andreas Treude verließ tatsächlich den Verein, um beim TuS Dotzlar als Trainer anzuheuern. „Da haben wir A-Liga gespielt und ich habe überragende Typen kennengelernt, zu denen ich heute noch Kontakt habe“, schmunzelt Treude und malt mit dieser Aussage ein wiederkehrendes Muster: Überall wo er war, hinterließ er nicht nur sportlich Eindruck, sondern wusste auch menschlich zu überzeugen.

Mit über 50 noch am Ball

Ein paar Jahre später folgte die Rückkehr zum VfL, als Trainer der zweiten Welle übernahm er in höchster Not des Vereins, bis er 2015 das Ruder an Marco Winkler übergab und für den FC Ebenau anheuerte. Mit über 50 Jahren kam er in dieser Zeit sogar als Aktiver noch auf ein paar Einsatzminuten im grün-weißen Dress.

Andreas Treude hat auch mit über 50 noch die Fußballschuhe für den VfL Bad Berleburg II geschnürt.
Andreas Treude hat auch mit über 50 noch die Fußballschuhe für den VfL Bad Berleburg II geschnürt. © WP | Hans Peter Kehrle

„Ich glaube, danach habe ich mal ein Jahr ohne Fußball geschafft“, lacht „Mimi“, doch die Leidenschaft holte ihn wieder ein. Wieder drückte beim VfL Bad Berleburg der Trainerschuh, wieder stand der heute 57-Jährige parat – diesmal erneut in der Jugend. Zwischen 2020 und 2022 war er Co-Trainer der A-Jugend der JSG Edertal-Berleburg und betreute gleichzeitig noch die C-Junioren der Spielgemeinschaft. Jeden Tag der Woche stand er bei Wind und Wetter auf dem Sportplatz.

„Manchmal wurde ich scherzhaft gefragt, ob ich noch verheiratet bin“, witzelt der ehemalige Mittelfeldspieler, der im selben Atemzug aber betont, dass ihn seine Frau stets unterstützt hat. „Sie kannte es nicht anders. Sie war zu meiner aktiven Zeit selbst immer mit auf dem Sportplatz, auch bei Auswärtsspielen. Meine beiden Töchter sind quasi in der Vereinskneipe groß geworden. Das Verständnis war also immer da.“

Interimsweise auf der Trainerbank

Nun hat sich der Fußball-Alltag von Andreas Treude wieder ein wenig entspannt, zu Beginn der laufenden Spielzeit übernahm er allerdings nochmals interimsweise den Posten als Trainer des VfL Bad Berleburg II, als Stammcoach Mario Julius auf unbestimmte Zeit ausfiel.

Dank, Lob und Anerkennung möchte „Mimi“ dafür nicht hören, es ist für ihn eine Selbstverständlichkeit zu helfen, wenn Not am Mann ist. Eine Einstellung, die heutzutage so selten geworden ist, dass sie heraussticht. Weil der 57-Jährige die Freuden an jüngere Generationen weitergeben will, die er selbst einst beim Fußball erleben durfte. Ein absolutes Unikat – ein „echter Typ“ eben, ein Wittgensteiner Original.