Arfeld. Der Komiker und Fußballer steht durch seiner politischen Satire bei Impfgegnern am Pranger und muss nun sogar körperliche Konsequenzen fürchten.

Tobias Beitzel bezeichnet sich zwar selbst nicht als Satiriker, doch kommt der 24-jährige Arfelder dieser Kunstform verdächtig nahe. Denn laut Definition ist Satire „eine Kunstgattung, die durch Übertreibung, Spott und Ironie Kritik an Personen und deren Handlungen“ ausübt.

Und auch wenn Beitzel sich selbst als Komiker und Poetry-Slammer einordnet, scheint der Übergang zur Satire bei ihm fließend zu verlaufen. Bekannt geworden ist der junge Wittgensteiner mit seiner Radio-Sendung „Beitzels Lautsprecher“, in der er das aktuelle Tagesgeschehen der Bundesrepublik – gerne auch Themen aus der Politik – aufs Korn nimmt. Sein Bühnenprogramm „Dorfkind“ erfreut sich großer Beliebtheit und auch bei den sogenannten „Montagsspaziergängen“ der Covid-Impfgegner in Bad Berleburg ist der 24-Jährige regelmäßig dabei, um die Teilnehmer dieser Demonstration in Live-Videos zu verlachen.

Damit eckt Beitzel an, wird in Internetforen von seinen Kritikern denunziert und beleidigt. Nun wurde ihm in einer Telegram-Chatgruppe, die sich „Impffrei Siegen-Wittgenstein“ nennt, vor dem Auswärtsspiel seiner Sportfreunde Edertal III beim TuS Diedenshausen II von einem Teilnehmer besagter Gruppe indirekt eine harte Gangart angedroht.

Im Chat-Verlauf, der unserer Zeitung vorliegt, wird Beitzel zuvor als „dumm“ und „eklig“ beschimpft, ehe der Satz „Freitag spiele ich gegen ihn Fußball, mal sehen, ob ich da aus Versehen mal vor ihn laufe“ fällt. Eine Aussage, die zumindest Raum für Spekulationen bietet. Garniert ist dieser Kommentar mit drei lachenden Emojis und mehreren „Gefällt-Mir-Angaben“ – das Profilbild des Absenders zeigt Ex-US-Präsident Donald Trump vor einer wehenden Amerika-Flagge.

Im Interview spricht Tobias Beitzel über diese Androhung, erklärt seine grundsätzliche Herangehensweise an seine Kunst und spricht über seine liebe zum Kreisliga-Fußball.

Herr Beitzel, durch Ihre aufgegriffenen Themen polarisieren Sie im Netz und im Radio. Sie vertreten Ihre Meinung resolut und teilen kräftig aus, was nicht bei jedem gut ankommt. Wie ist es überhaupt dazu gekommen?

Tobias Beitzel Ich war schon immer jemand, der seine politische Meinung geäußert und sich gegen Rechts engagiert hat – besonders gegen die AfD. Auch in meinen Texten habe ich mich stets gegen die kruden Ideen dieser Partei und ihrer Anhänger gestellt. Bei den Montagsspaziergängen ist viel rechtes Gedankengut auf den Straßen, was ich nicht unkommentiert lassen will und kann. Dort werden Verschwörungstheorien und Wissenschaftsleugnungen verbreitet. Ich weiß, dass meine Wortwahl durchaus manchmal aneckt, aber ich bin eben Komiker, kein Journalist. Ich muss diese Themen nicht sachlich aufarbeiten. Durch meine Videos und Texte zwinge ich diese Menschen, ihre selbstgeschaffene Meinungsblase zu verlassen – und zeige ihnen, dass sie vom Großteil der Bevölkerung nicht ernst genommen werden.

Von der Gegenpartei wird Ihnen dabei angekreidet, dass Sie deren Meinungsfreiheit damit einschränken...

Das wird mir häufig vorgeworfen, aber ich sehe es so: Indem ich mich mit ihnen auseinandersetze, nehme ich

Bei seinen Auftritten als Poetry-Slammer nimmt Tobias Beitzel kein Blatt vor den Mund.
Bei seinen Auftritten als Poetry-Slammer nimmt Tobias Beitzel kein Blatt vor den Mund. © Lars-Peter Dickel

ihre Meinung ja automatisch ernst. Es wird viel davon gesprochen, dass unsere Gesellschaft beim Thema Impfen gespalten wäre, doch das sehe ich absolut nicht so. Unsere Gesellschaft ist nicht gespalten, sie ist geschlossen. Lediglich ein geringer Prozentsatz der Menschen sieht das Thema anders – eine absolute Minderheit, die aber leider sehr laut ist. Diese Leute sind allerdings schon immer sehr staatskritisch gewesen und können dies nun noch mehr ausleben.

Nun geht es – auf Ihre Person bezogen – so weit, dass Ihnen Zusammenstöße auf dem Fußballplatz angedroht werden. Was entgegnen Sie den Aussagen im besagten Chat?

Ich muss darüber schmunzeln. In dieser Gruppe steht häufig drin, dass ich doch bitte „von der Bildfläche verschwinden“ soll. Wenn die Politik aber auf das eigene Hobby übergreift, dann wird es für mich schwierig. Denn normalerweise sollten diese beiden Themen getrennt sein. Der Fußball steht schon immer dafür, dass auf dem Feld alle gleich sind. Ich liebe diesen Sport und finde es wirklich nicht so cool, dass Meinungsverschiedenheiten dort nun körperlich ausgetragen werden könnten.

Befürchten Sie für sich nun einen Spießrutenlauf am kommenden Wochenende?

Nein. Wobei jedes Spiel für mich – aufgrund meiner körperlichen Fitness – einem Spießrutenlauf gleichkommt (lacht). Die getätigten Aussagen kommen von einer Einzelperson und stehen absolut im Kontrast zu dem, was die Montagsspaziergänger ansonsten so gerne propagieren. In den Straßen laufen sie mit Friedenstauben und Herzen durch die Gegend, im Netz predigen sie dann aber Gewalt? Das passt für mich nicht zusammen. Die Leute sollen merken, dass solche Aussagen nicht getroffen werden dürfen und ich hoffe, dass nun einige ein Auge auf so etwas werfen. Explizit ausnehmen muss ich dabei – und das ist mir besonders wichtig – den TuS Diedenshausen. Das ist ein toller Verein, bei dem ich mich immer wohlgefühlt habe. Der Klub hat mit den Aussagen dieser Einzelperson nichts am Hut und sollte deshalb nicht ins Kreuzfeuer geraten.

Was bedeutet Ihnen Kreisliga-Fußball im Allgemeinen?

Neben dem, was den Fußball ohnehin geil macht, ist der Sportplatz eben schon immer ein Treffpunkt gewesen. Egal in welcher Klasse: Die Leute beschäftigen sich die ganze Woche mit dem Sport, als wäre es ihr täglicher Job. Man kommt zusammen, feiert Siege oder betrinkt sogar Niederlagen. Wenn man dann sieht, wie wichtig ein Erfolg der eigenen Mannschaft Fans und Anhängern ist – selbst in den Niederungen des deutschen Fußballs – dann versteht man, dass der Fußball die Menschen einfach berührt und zusammenbringt. Und dann soll es noch Leute geben, die Sonntags wirklich lieber spazieren gehen (lacht).