Yanqing/Brachbach. Es wird ernst für Jacqueline Lölling. Das Skeleton-Ass aus Brachbach fiebert den olympischen Rennen entgegen und will ihre zweite Medaille holen.

Diese Warterei. Sie ist diese Warterei so leid. Vor einigen Wochen zögerte sich die Ausstellung ihres Tickets zu den Olympischen Winterspielen in China – auf Grund eigenen Verschuldens – hinaus. Jetzt sahen die Pläne für das Yanqing National Sliding Centre erst die olympischen Wettbewerbe im Rennrodeln vor. „Es wird doch Zeit, dass es losgeht“, sagte Jacqueline Lölling im Gespräch mit dieser Zeitung. Denn die 27-jährige Skeleton-Pilotin aus Brachbach brennt auf Wiedergutmachung. Für Olympia 2018, für die zurückliegende Saison im Weltcup?

Favoritinnen sind andere

Rückblick: Als die Athletin der RSG Hochsauerland vor vier Jahren nach Pyeongchang aufbricht, nimmt sie nicht nur ihre Sportkleidung, Material und Glücksbringer mit nach Südkorea. Auch die Bürde des zweiten Sieges in Serie im Gesamtweltcup begleitet „Jacka“ zu ihren ersten Olympischen Winterspielen. Zudem reist sie als amtierende Weltmeisterin an. Kurzum: Wer, wenn nicht Lölling, sollte die Goldmedaille holen?

Ein T-Shirt ist der Glücksbringer

Jacqueline „Jacka“ Lölling (27) ist die Einzige im deutschen Skeleton-Team, die bereits olympisches Edelmetall gewonnen hat: Silber 2018 in Pyeongchang. Als Glücksbringer zieht sie immer das gleiche T-Shirt unterm Rennanzug an. Im Skeleton-Zirkus weiß die Brachbacherin den größten Fanklub stets hinter sich.

Neben Olympia-Silber 2018 ist der Weltmeistertitel 2017 ihr bislang größter Erfolg.

„Als ich zum ersten Training am Balken stand und die fünf Ringe gesehen habe, war meine Aufregung schon eine andere“, erzählt sie zurückblickend. Letztendlich feierte Lölling mit der Silbermedaille hinter der Britin Lizzy Yarnold zwar einen grandiosen Erfolg, wurde bereits während des Public Viewings in der Bärenschenke in Brachbach gefeiert und beim imposanten Empfang später ebenfalls – ein kleines Aber blieb jedoch.

„Dieses Mal gehe ich sicher nicht als Favoritin in das Rennen“, sagt Lölling vor dem Wettbewerb in China, der mit den Läufen eins und zwei am Freitag (2.30 Uhr und 4 Uhr MEZ) beginnt. Die Läufe drei und vier folgen am Samstag (13.20 Uhr und 14.55 Uhr MEZ). „Ich weiß, was ich kann, freue mich aber einfach auf das, was kommt.“

Diese Gelassenheit liegt an der vergangenen Weltcupsaison, die miserabel verlief und in der Lölling sogar an der internen Olympia-Qualifikation – dreimal eine Top-Acht-Platzierung – scheiterte. Erst eine Ausnahmegenehmigung sorgte für Löllings Fahrkarte nach China.

Streckenlänge könnte ein Vorteil sein

Diese verpatzte Weltcupsaison ist es, für die sich die Brachbacherin bei den Olympischen Winterspielen rehabilitieren möchte. Sie will zeigen, dass sie weiterhin zur zweifelsohne sehr breit gewordenen internationalen Spitze gehört. Die lange Bahn im Yanqing National Sliding Centre dürfte ihr dabei zum Vorteil geraten und den schwachen Start vergessen machen. Im Training zeigte die Brachbacherin bereits: Zum breiten Feld der Medaillenkandidatinnen gehört auch sie.

Jacqueline Lölling, hier beim Weltcup in Winterberg Anfang Januar, blickt den olympischen Rennen zuversichtlich entgegen.
Jacqueline Lölling, hier beim Weltcup in Winterberg Anfang Januar, blickt den olympischen Rennen zuversichtlich entgegen. © Dietmar Reker | Dietmar Reker

„Ich gehe mit einem ganz guten Gefühl nach den Trainingsläufen ins Rennen“, erklärt die Pilotin der RSG Hochsauerland: „Alles war dabei, ich habe ein paar Fahrfehler gemacht und weiß jetzt nach den Läufen, wie ich sie abzustellen habe. Es muss definitiv alles passen in den Läufen, in dieser Woche hatte fast jeder hier eine Bestzeit dabei. Es wird spannend, aber ich habe ein gutes Gefühl.“

Spannung ist garantiert

Bereits im Testrennen vor der Saison auf der Olympiabahn zeigte die Olympia-Zweite von 2018, dass sie den „Drachen“, so wird das Yanqing National Sliding Centre auf Grund seiner Form genannt, bändigen kann. Lölling belegte Rang vier hinter Siegerin Tina Hermann, der zweitplatzierten Hannah Neise und der Russin Elena Nikitina.

„Es wird ein sehr spannendes Rennen, ich habe ein ganz gutes Gefühl. Ich habe Lust auf den Wettkampf“, sagte Tina Hermann. Einen deutschen Olympiasieger oder eine deutsche Olympiasiegerin gab es im Skeleton übrigens noch nie. Bei diesen Winterspielen werden aber allen deutschen Startern Medaillenchancen eingeräumt.

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Chef-Bundestrainer Christian Baude ist vor allem mit Blick auf das Männer-Rennen überzeugt: „Gold wird nur über die Chinesen gehen.“ Vielleicht heißt mit Blick auf das Frauen-Rennen spätestens nach den ersten zwei Läufen auch: Gold wird nur über Jacqueline Lölling gehen. Das wäre – eine fast märchenhafte Pointe dieses Winters.