Bad Berleburg/Dotzlar. Obwohl im Profisport schon längst etabliert, ist die indische Lehre im heimischen Amateursport verpönt. Ute Dornseifer räumt mit Vorurteilen auf.

„In der Ruhe liegt die Kraft“, ist eine Floskel, die nahezu inflationär in der heutigen Gesellschaft benutzt wird. Doch steckt in dieser Aussage auch eine gehörige Portion Wahrheit.

Sich zu konzentrieren, die Seele baumeln zu lassen und dabei Kraft für neue Aufgaben zu sammeln ist im heutigen, hektischen Leben zu einer Kunst geworden, der sich nur wenige Menschen noch hingeben.

„Der Körper, der Geist und die Seele müssen in Einklang kommen. Nur so können wir unser volles Leistungspotenzial ausschöpfen“, erklärt Ute Dornseifer. Die 60-Jährige Yoga-Lehrerin predigt diese wichtige Verbindung dieser drei Komponenten in ihren Kursen – und hilft somit unzähligen Leuten in Wittgenstein, um vom Alltagsstress abzuschalten. „Geht es dem Geist gut, geht es auch dem Körper gut. Das ist wissenschaftlich belegt“, versichert die Dotzlarerin, die seit 2008 praktiziert. Atemübungen, Meditation und Dehnübungen bringt Dornseifer ihren Schülern dabei näher und spricht von einem „enormen Nutzen“ für den eigenen Körper.

Einen Nutzen, den seit vielen Jahren auch die Fußballer der Deutschen Nationalmannschaft für sich entdeckt haben. Yoga gehört im Leistungssport mittlerweile bei fast jedem Profi zum täglichen Training dazu. Ob Fußballer, Rennfahrer oder im Tennis: Alle Spitzensportler greifen auf die alternative Lehre zurück.

Als Humbug abgestempelt

Im Amateurbereich hingegen werden Yoga und Meditation oftmals als „esoterischer Humbug“ abgetan. Konditions- und spielnahes Training allein würden ausreichen, um die eigene Leistung zu verbessern.

Ein Irrglaube, wie Dornseifer findet: „Rennfahrer gehen vor dem Start mental die Strecke ab und fokussieren sich. Beim DFB ist seit 2006 ein Yoga-Lehrer eingestellt. Die Praktiken haben also einen Nutzen, aber im Amateursport macht fast keiner etwas in diese Richtung“, so die 60-Jährige, die unheimlich viel ungenutztes Potenzial für die heimischen Athleten auf mentaler Ebene vermutet. Dabei spricht Dornseifer auch von Verletzungsprophylaxe. Faszien-Yoga – verschiedene Dehnübungen für Beine und Rücken – halten Muskeln, Sehnen und Bäder elastisch. Der ganze Bewegungsapparat des Körpers wird angesprochen und dadurch verkürzte Muskulatur – besonders bei Fußballern ein riesiges Problem – ausgeglichen.

„Eine starre Dehnung, wie man sie im Fußball oft sieht, ist nicht gut. Yoga bringt schwingende Bewegungen in den Dehnprozess ein, der den Körper besser auf Extrembelastungen vorbereitet. Nach dem Sport ist die Muskulatur oft sehr kurz, aufgedehnt wird danach aber nur selten“, bemängelt die Yoga-Lehrerin, die auch anprangert: „Es wird sich dafür keine Zeit genommen. Wer legt sich nach dem Training noch auf den Platz und entspannt?“

Im Spitzensport nicht wegzudenken

Umso mehr freut es die Wittgensteinerin, dass Yoga nicht nur Einzug im Profisport gehalten hat, sondern auch von vielen Top-Stars empfohlen wird – und dies nun schon seit Jahren.

Lediglich hätten sich die positiven Effekte noch nicht bei allen Sportlern rumgesprochen. „Es liegt immer noch ein Schatten über dem Yoga, viele Menschen halten es für komisch. Besonders bei Fußballern wird es oft belächelt, weil es nicht um Kraft und Ausdauer geht“, schüttelt Dornseifer, die auch Seminare von DFB-Yoga-Lehrer Patrick Broome besucht hat, den Kopf. Viele Sportler wollen ihrem Hobby dabei so lange wie möglich nachgehen, doch nur die allerwenigsten sind dazu bereit – nachgewiesen hilfreiche – Alternativen auszuprobieren. Lediglich die Herrenmannschaft des TuS Dotzlar habe mal eine 90-minütige Sitzung bei Ute Dornseifer abgehalten. Das sei allerdings die fußballerische Ausnahme.

Grundsätzlich jedoch weiß auch Dornseifer, dass sich mehr und mehr junge Menschen für ihr Steckenpferd interessieren. Das Internet ist voll von hilfreichen und einfachen Einsteiger-Übungen für Interessierte. Da viele Sportler davor scheuen, direkt einen ganzen Yoga-Kurs zu besuchen, ist das Internet ein super Einstieg in die Materie.

„Man kann sich ohne Probleme Yoga ins Wohnzimmer holen. Ein paar Minuten am Tag bewusst den Körper bewegen hilft oftmals schon“, erklärt die Dotzlarerin, die fest davon ausgeht, dass Einsteiger schon nach wenigen Sitzungen einen großen Unterschied merken werden. „Es tut dem Körper gut und ist einfach eine tolle Addition zum herkömmlichen Training.“

Nun erinnert man sich an die Floskel „in der Ruhe liegt die Kraft.“ Wer dieses Mantra bewusst verinnerlicht, wird den Unterschied wohl schnell merken.