Bad Berleburg. Die Fitnessstudios erleben einen Re-Start mit Euphorie, aber wenig Andrang – auch wegen hoher Auflagen. Überall wird umgebaut und aufgerüstet
Nach dem allgemein gebräuchlichen Kalender, dem gregorianischen Kalender, beginnt das Jahr immer mit dem 1. Januar. Für die Fitnessstudios im Kreis Siegen-Wittgenstein beginnt das Jahr 2021 aber erst jetzt, mit dem 2. Juni so richtig. Nach sieben Monaten Leerlauf dürfen die Betreiber ihre Tore wieder öffnen, doch von einem Ansturm kann an den ersten beiden Tagen nicht die Rede sein.
weil es die neue Corona-Verordnung erlaubt. Es waren quälende Monate für eine gesamte Branche. Im vergangenen Jahr wurde nach dem ersten Lockdown bereits viel investiert, um die Hygienestandards zu erfüllen, doch genau wie die Gastronomie war die Fitness-Industrie im vergangenen November sehr schnell von den Schließungen betroffen. Nun dürfen Sportler wieder zurück an die Geräte, wenn auch nur unter Vorbehalt der „3Gs“: geimpft, genesen oder negativ getestet. Wir haben in einigen Fitnessstudios nachgefragt, wie der Re-Start angenommen wurde.
Pulsschlag Bad Berleburg
Bei unserem Ortsbesuch im Fitnessstudio Pulsschlag in Bad Berleburg sind zwei Männer und eine Frau an den Geräten. Zur Mittagszeit ist das Studio zwar nie voll, doch nach Start-Euphorie sieht es nicht aus. Was erst einmal nichts heißen muss. „Unsere Mitglieder haben mich überall, selbst auf dem Parkplatz des Supermarkts angesprochen und gesagt, dass sie wieder durchstarten wollen“, ist sich Astrid Braun, die zum Trainerteam des Studios zählt, sicher, dass es nicht am fehlenden Interesse liegt.
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Eine nicht unerhebliche Hürde für den Besuch der „Muckibuden“ ist die Pflicht, einen maximal 48 Stunden, negativen Corona-Test oder den Nachweis über eine vollständige Impfung oder Genesung vorlegen zu können. Doch selbst wer für den Aufwand, sich testen zu lassen, auf sich nehmen will, hat nicht immer Glück. Die Test-Termine bei Ärzten, Apotheken oder Drive-In-Stationen – Selbsttests aus dem Supermarkt zählen nicht – waren am Dienstag und Mittwoch fast überall ausgebucht, wohl auch wegen des bevorstehenden Feiertags
Die, die einen Termin bekommen haben, sind froh. „Jetzt geht es dem Speck an den Kragen“, sagt ein Besucher, dem es mit der Disziplin im Sport-Homeoffice nicht so leicht gefallen ist. Fast jeder zweite Deutsche hat seit Beginn der Pandemie zugenommen, im Durchschnitt 5,6 Kilogramm – dies zeigen die Ergebnisse einer gestern veröffentlichten Umfrage, die das Else Kröner Fresenius Zentrum für Ernährungsmedizin mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa durchgeführt hat.
Bene Fit
Die Vorfreude im Team des „Bene Fit“ in der Siegener Numbach war groß. Pünktlich um 7 Uhr öffnete das Studio. „Wir hatten einen Gast, der schon vor der Öffnung draußen gewartet hat“, sagt Finn Ising. Die Auslastung war für den ersten Tag sehr gut, wie Ising verrät: „Wir hatten nicht übermäßig viele Leute da, aber das Angebot wurde schon sehr gut genutzt. Wir sind einfach froh, dass wir die Sportlerinnen und Sportler wieder begrüßen dürfen.“
Das Team hat sich intensiv auf die Wiedereröffnung vorbereitet. „Wir haben uns zusammengesetzt und sind noch mal alles genau durchgegangen“, sagt Finn Ising. Der Fitnesscoach, der den Praxisteil seines Dualen Studiums im „Bene Fit“ absolviert, ist glücklich, dass er wieder an die Geräte kann: „Wir Trainer konnten uns während des Lockdowns auch nur zuhause fit halten. Mir hat das alles in den vergangenen Monaten sehr gefehlt.“ Neben den klassischen Übungen an den Geräten soll in naher Zukunft auch das Kursprogramm anlaufen, allerdings draußen, damit Abstände besser eingehalten werden können. „Wir arbeiten aktuell daran, dass wir auch die Kurse wieder in unser Angebot aufnehmen können“, ergänzt Finn Ising.
Be Fit
Auch ein paar Kilometer weiter südöstlich, im „Be Fit“-Studio in der Siegener Leimbachstraße, ist der Start geglückt. Trainerin Banu Montana ist froh, an ihren Arbeitsplatz zurückkehren zu können: „Ich habe die Nacht kaum geschlafen, so aufgeregt war ich. Es ist einfach schön, dass man wieder seiner Arbeit nachgehen kann.“
In den ersten Stunden nach der Wiedereröffnung kamen vor allem viele Seniorenpaare. „Die Leute haben richtig gestrahlt, dass sie endlich wieder ins Fitnessstudio dürfen. Vor allem die Älteren sind froh, dass sie wieder aktiv sein können hier bei uns“, sagt Banu Montana. Penibel wurde in den vergangenen Tagen darauf geachtet, dass alle Vorgaben erfüllt werden. „Die Geräte haben einen Abstand von fünf Metern. Das macht es nicht immer einfach, aber wir konnten das ganz gut umsetzen“, berichtet Banu Montana, die damit rechnet, dass in den kommenden Tagen der Betrieb richtig Fahrt aufnimmt: „Wenn das Wetter wieder schlechter wird, kommen die Sportlerinnen und Sportler eher ins Fitnessstudio.“
Premium Fit
Im „Premium Fit“ in Siegen-Eiserfeld wurde die Corona-Zwangspause dazu genutzt, das Studio auf einen Neustart vorzubereiten, zu modernisieren. „Wir haben ein UVC-Luftentkeimungsgerät angeschafft“, berichtet Marius Keller. Der Andrang hielt sich am ersten Tag zwar noch in Grenzen, doch tat dies der aufgehellten Stimmung bei Keller und seinen Mitarbeitern keinen Abbruch. Er ist überzeugt: „Wenn das Wetter wieder schlechter wird, legen die Leute ihre Zurückhaltung ab.“ Gut besucht war dagegen die erste Rehasport-Einheit.
Fitness Forum
Guido Wolf ist Geschäftsführer des „Fitness Forum“ in Freudenberg. Auch er strahlte am Mittwochmorgen mit der Sonne um die Wette: „Heute gibt es bei mir nur positive Gefühle.“ Ob es aber dabei bleibt? Wolf hat deshalb Zweifel, „weil die Leute wegen der Corona-Auflagen in NRW noch verunsichert sind, dadurch die Planungssicherheit leide. Weil zwischen 20 und 30 Prozent seiner Kunden ihre Mitgliedschaft gekündigt hätten, sieht Wolf den 2. Juni quasi als „Neueröffnung“ an. Im August will der Studio-Chef den Gerätepark weiter modernisieren.
T1
Das Gesundheitszentrum „T1“ in Siegen-Geisweid hat ebenfalls wieder geöffnet. „Die erste Stunde war noch ruhig, aber danach hat man gemerkt, dass es immer mehr wurde“, sagt Fenja Krenzer.
Die Umstände der noch vorhandenen Testpflicht, wenn man nicht genesen oder durchgeimpft ist, mache vielen Aktiven nichts aus. „Man merkt den Leuten einfach an, dass sie gewillt sind, für die Rückkehr ins Fitnessstudio auch diese kleinen Hürden zu nehmen“, ergänzt Krenzer. Das Kursangebot werde so schnell nicht Präsenzform zurückkehren, wie Fenja Krenzer verrät: „Da wir während des Lockdowns schon sehr gute Erfahrungen mit dem Online-Angebot gemacht haben, werden wir das auch erstmal so weitermachen. Unsere Kunden nehmen das Online-Angebot sehr gut an.“