Immerhin sieben aktive Schiedsrichterinnen gibt es zurzeit im Kreis Siegen-Wittgenstein. So werden sie eingesetzt, so funktioniert die Förderung.
Siegen-Wittgenstein. Diese Meldung vor zwei Wochen überraschte: Fußball-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus beendet nach zwölf Jahren ihre Karriere! Die 41-Jährige aus dem Harz war die erste Frau, die Spiele in der 1. Bundesliga geleitet hat. Jetzt ist wieder ein Vakuum entstanden. Aber: Wie ist es eigentlich im Fußballkreis Siegen-Wittgenstein um weiblichen Schiedsrichter bestellt? Gibt es überhaupt welche? Wie werden sie gefördert? Hat jemand Aufstiegschancen?
Andreas Kornmann, Schiedsrichter-Lehrwart- und Ausbilder und sowie Beobachter im Kreis 28, geht erstmal die komplette Liste „seiner“ Schützlinge durch. Unter den ca. 160 Namen finden sich immerhin sieben weibliche, viel mehr als in anderen Kreisen. In Hagen beispielsweise gibt es zurzeit nur eine. „Von daher sind wir eigentlich ganz gut aufgestellt“, sagt Andreas Kornmann. Gleichwohl hält diese ordentliche Quantität nicht Schritt mit der Qualität – zumindest noch nicht. „Unsere Schiedsrichterinnen pfeifen alle in den tiefsten Klassen oder Jugendspiele“, berichtet Andreas Kornmann.
Rückzug auch wegen Beleidigungen
Eine, die Seniorenspiele in der Männer-Bezirksliga geleitet hat und Assistentin in der 2. Frauen-Bundesliga war, verspürte keine Lust mehr und beendete ihre Karriere: Pilar Pfennig (FC Eiserfeld) galt als Hoffnungsträgerin, wurde 2014 als „Schiedsrichterin des Jahres“ im Kreis ausgezeichnet. „Sie hat sich aber auch deshalb zurückgezogen, weil sie die Beleidigungen und Anfeindungen nicht mehr ertragen konnte“, so Kornmann. Sexistische Kommentare von (männlichen) Kickern und Zuschauern seien gerade in den unteren Klassen keine Seltenheit. „Da ist das problematisch. In der Regionalliga und höheren Klassen schlägt den Frauen dagegen Respekt entgegen.“
Hoffnungsträgerin Elisa Klein
Bei der Aus- und Fortbildung wird im Kreis Siegen-Wittgenstein nicht differenziert, ob es ein männlicher oder weiblicher Bewerber ist. „Wir behandeln alle gleich“, sagt Andreas Kornmann und verweist auf den jüngsten, virtuell durchgeführten Anwärterlehrgang, aus dem fünf Neuanmeldungen hervorgingen – darunter mit Lorena Schilling (SV Germania Salchendorf) auch ein 16-jähriges Mädchen, das seit dieser Saison nun Jugendspiele leitet. Sogar erst 15 Jahre alt ist Joyce Michel Krüger (1. FC Kaan-Marienborn), die ebenfalls in den Jugendligen als Unparteiische unterwegs ist.
Nächster Anwärter-Lehrgang im Januar geplant
Um den aktuellen Bestand von rund 160 Schiedsrichtern halten zu können, müssen aus den Anwärterlehrgängen pro Jahr rund 20 Neulinge hervorgehen, um damit die Zahl der Abgänge kompensieren zu können.
Für Januar plant der KSA den nächsten Lehrgang, der aller Voraussicht nach nur noch eineinhalb Tage lang sein wird.
Seit gut einem Jahr dabei ist Chiara-Marie Stöcker (FC Benfe), während Elisa Klein (25) vom FC Ebenau im Februar 2019 ihre Prüfung erfolgreich abschloss. Von ihren Leistungen auf dem Platz ist Andreas Kornmann angetan. Seine Prognose: „Sollte sie mit dem Fußball spielen in Ebenau aufhören, wird sie in unser Programm aufgenommen. Dann wird sich zeigen, ob sie es wirklich will.“ Es ist jener Förderkader, über den es auch die männlichen Aushängeschilder des Kreises weit nach oben gebracht haben: Jonathan Lautz (SG Hickengrund) und Felix Weller (FC Freier Grund) haben sich in der Regionalliga etabliert, Björn Sauer (SV Netphen) leitet Spiele bis zur Oberliga. Alle drei bekommen regelmäßig sehr gute Kritiken.
Diesen Weg nach oben hätte auch Natasa Sekulic einschlagen können. Die 18-Jährige vom SuS Niederschelden pfeift seit fünf Jahren, bringt viel Freude, Talent und Durchsetzungsvermögen mit, „doch wir werden sie wohl verlieren, weil sie wegen des Studiums das Siegerland verlässt“, berichtet Andreas Kornmann von einem allgemeingültigen Problem.
Mit 67 noch an der Pfeife
Immerhin bis auf C-Liga-Ebene hat sich Monika Kreutz (43, VfL Klafeld-Geisweid) vorgewagt. Die fünffache Mutter, pfeift seit 1993 und hat auch ihre 17-jährige Tochter Celine vor dreieinhalb Jahren zur Pfeiferei animiert. Unerreicht aber ist Gudrun „Emmi“ Winkler.
67 Jahre alt und seit fast drei Jahrzehnten in der Rolle der Unparteiischen. „Mir macht das immer noch Spaß“, schmunzelt die Abteilungsleiterin Frauenfußball bei den Sportfreunden Siegen und ehemalige Betreuerin des sechsfachen Deutschen Frauen-Meisters TSV Siegen: „Fußball beherrscht doch mein ganzes Leben.“ Bis heute pfeift sie, wenn es die Zeit am Wochenende erlaubt, Jugendspiele: „Da geht es noch recht locker zu. Aber Seniorenspiele möchte ich nicht pfeifen.“
Dies wird Andreas Kornmann nicht gerne hören, doch sein Appell an die Vereine ist klar: „Meldet zum nächsten Lehrgang Anwärter, ob Frauen, Männer, Mädchen oder Jungen. Gerade im weiblichen Bereich ist bei guten Leistungen ein rascher Aufstieg möglich.“