Es gibt viele Nachbarschaftsduelle, die zwischen 2010 und 2020 für besondere Schlagzeilen sorgten. Wir haben uns für zehn Derbys entschieden.

Siegen-Wittgenstein. Es gibt viele Nachbarschaftsduelle in der Region, die in den vergangenen zehn Jahren für besondere Schlagzeilen sorgten und den Beteiligten – ob als Aktiver oder Zuschauer – lange in Erinnerung geblieben sind. Wir haben uns für diese zehn Derbys aus den Sportarten Fußball, Handball und Kunstturnen entschieden:

Fußball-NRW-Liga, 11. April 2012: TuS Erndtebrück - Sportfreunde Siegen 0:4. Die Siegener zeigen dem TuS, was eine Harke ist. Klar überlegen setzen sie sich vor 1800 (!) Zuschauern am Pulverwald durch und marschieren in Richtung Regionalliga. Erstmals besetzt wird der neu errichtete Gäste-Block an der Eder, im dem Siegener Fans im Überschwang der Siegesfreude bengalische Feuer entzünden und stimmungsmäßig selten in Erndtebrück erlebte Atmosphäre verbreiten.

Die SKV gewinnt das Turn-Derby bei der KTV Obere Lahn auch dank einer starken Reckübung von Sebastian Bock, der nach dem 40:39-Zittersieg und dem Einzug ins kleine DTL-Finale auf Händen getragen wird.
Die SKV gewinnt das Turn-Derby bei der KTV Obere Lahn auch dank einer starken Reckübung von Sebastian Bock, der nach dem 40:39-Zittersieg und dem Einzug ins kleine DTL-Finale auf Händen getragen wird. © lutz großmann

Kunstturn-Bundesliga, 19. November 2016: KTV Obere Lahn - Siegerländer KV 39:40. „SKV jubelt nach einem Turn-Thriller“ titeln wir nach dem Derby. 1426 euphorisierte Fans im Biedenkopfer Hexenkessel erleben ein Drama, in dem die Entscheidung, wer von beiden Teams ins kleine Finale der Deutschen Turn-Liga einzieht, mit den letzten Turnern jeder Mannschaft am Finalgerät Reck fällt. Sebastian Bock legt stark vor, KTV-Ass Andrey Likhovitskiy braucht die maximale Zahl von fünf Scorepunkten, um für Obere Lahn die Kohlen aus dem Feuer zu reißen. Auch er turnt großartig, erhält aber nur vier Punkte. Hauchdünn mit 40:39 gewinnen die Siegerländer und ziehen ins Finale um „Bronze“ ein. Es ist der größte SKV-Erfolg seit 37 Jahren.

Ferndorfer Jubel in Hagen (von links): Bennet Johnen, Heider Thomas und Kai Rottschäfer.
Ferndorfer Jubel in Hagen (von links): Bennet Johnen, Heider Thomas und Kai Rottschäfer. © Biene HageL

3. Handball-Liga, 27. Februar 2015: VfL Eintracht Hagen - TuS Ferndorf 25:30. 1725 Zuschauer sehen einen von Beginn an dominierenden TuS Ferndorf in diesem alten, oft emotional aufgeladenen Südwestfalen-Duell, in dem hunderte, in mehreren Bussen angereiste TuS-Fan Stählerwiese-Stimmung aufkommen lassen. Vor allem die Abwehr einschließlich Torhüter Lucas Puhl ist in der enervie-Arena eine Ferndorfer Bank. Im Angriff ragt Alexander Koke heraus. Hagens Haupttorschütze Jens-Peter Reinarz geht leer aus, der TuS bahnt sich unter Trainer Erik Wudtke unaufhaltsam den Weg in die 2. Liga.

Fußball-Westfalenpokal, 12. September 2012: TuS Erndtebrück - Sportfreunde Siegen 2:1. Der frisch gebackene Regionalligist enttäuscht vor 700 Zuschauern komplett. Am Ende lässt Trainer Michael Boris seine Mannschaft zehn Strafrunden drehen. In der „3. Halbzeit“ gibt es am Pulverwald Randale. Erndtebrücker Zuschauer provozieren, vermummte Siegener drängeln aus dem Gästeblock. Einschreitende Polizeikräfte werden attackiert, mehrere „Fans“ sogar festgenommen.

Handball-Verbandsliga, 8. Mai 2015 : TuS Ferndorf II - RSVE Siegen 24:23. Es ist ein Showdown vor mehr als 1000 Handballfans in der Kreuztaler Sporthalle Stählerwiese, ein echtes Saisonfinale. Der RSVE benötigt gegen den Rivalen aus dem Nordkreis den Sieg für den lang ersehnten Oberliga-Aufstieg, verliert am Ende aber knapp. Nachher beschweren sich die Eiserfelder Verantwortlichen, der TuS habe trotz anderslautender Absprache vier Stammspieler aus dem Drittliga-Team eingesetzt – ein Protest, der versandet.

Dramatisch ist das Pokalfinale 2015, hier mit Jan-Patrick Kadiata (Erndtebrück) und Janek Müller (Birkelbach).
Dramatisch ist das Pokalfinale 2015, hier mit Jan-Patrick Kadiata (Erndtebrück) und Janek Müller (Birkelbach). © peter kehrle

Fußball-Kreispokal-Finale, 10. Juni 2015 in Wingeshausen: Sportfreunde Birkelbach - TuS Erndtebrück 1:3 nach Verlängerung. Fast 1000 Zuschauer schnuppern im Wittgenstein-Derby an der großen Pokal-Überraschung. Der Bezirksligist bietet dem frisch gebackenen Regionalliga-Aufsteiger nicht nur Paroli, schockt den Nachbarn sogar mit dem 1:0, das der TuS erst in der Nachspielzeit ausgleicht. In der Verlängerung bezwingen dann Christian Runkel und Fatih Tuysuz den überragenden Birkelbacher Torhüter Janek Müller. Dennoch: Dieses Spiel bleibt den Birkelbachern lange in Erinnerung.

Fußball-Bezirksliga, 9. Oktober 2016: TSV Weißtal - SV Germania Salchendorf 5:5. Zehn Tore, ein offener Schlagabtausch, der rund 500 Zuschauer von den Sitzen in der Henneberg-Arena reißt – einmal mehr bietet das Derby zwischen Weißtal und Salchendorf Unterhaltung pur. „Alle Zutaten für ein Derby waren gegeben“, sagt Weißtals damaliger Trainer Alfonso Rubio Doblas, der in der hektischen Schlussphase wegen Meckerns aus dem Innenraum verwiesen wird, später. Kollege Thomas Scherzer pflichtet bei: „Das war ein unglaublich geniales Spiel.“

5:5 endet im Oktober 2016 das Bezirksliga-Derby zwischen dem TSV Weißtal (rechts mit Lars Schardt) und dem SV Germania Salchendorf (links mit Marcel Rigau Badenas und Christoph Weitz).
5:5 endet im Oktober 2016 das Bezirksliga-Derby zwischen dem TSV Weißtal (rechts mit Lars Schardt) und dem SV Germania Salchendorf (links mit Marcel Rigau Badenas und Christoph Weitz). © lutz großmann

In dem sieht Salchendorf bei einer 4:2-Führung (53.) und dem 5:3-Vorsprung (69.) schon wie der Sieger aus, doch Weißtal beweist eine großartige Moral – und wird belohnt. Der Doppelpack von Daniel Novakovic, der auch für das 3:4 gesorgt hatte, bedeutet bis zur 77. Minute das 5:5. Kurz vor Schluss trifft Moritz Klass für die Germanen nur den Pfosten.

Fußball-Oberliga, 23. September 2017: 1. FC Kaan-Marienborn - Sportfreunde Siegen 1:0. Es ist beim ersten Oberliga-Stadtderby zwischen ein stimmungsvolles Bild im Breitenbachtal. Die Sportfreunde-Fans unter den 1587 Zuschauern sind „ganz in Weiß“ per pedes „angereist“, tauchen die Stehstufen in ein Fahnenmeer. Den Sieg fahren in einem ausgeglichenen Spiel die Käner ein, durch einen von Mats Scheld in der 61. Minute verwandelten Elfmeter. Der Verlierer ist untröstlich, fließen nicht nur bei Björn Jost Tränen.

Fußball-Kreispokal-Achtelfinale, 9. Oktober 2019: FC Eiserfeld - Sportfreunde Siegen 1:0. Schon im Jahr zuvor wittern die Eiserfelder die Pokalsensation, als sie den Oberligisten ins Elfmeterschießen zwingen, aber knapp unterliegen. Jetzt aber soll es klappen: Der konterstarke Bezirksligist gewinnt durchaus verdient gegen enttäuschende Siegener, bei denen die Rotation von Trainer Dominik Dapprich bestraft wird. Tristan Meyer nutzt eine von vielen Möglichkeiten (42.), die sich Eiserfeld vornehmlich nach Standards erspielt.

Eigentor beschert Fortuna-Frauen einen Punkt

Im Frauenfußball hielt sich die Derby-Dramatik in den vergangenen zehn Jahren in Grenzen, weil die Sportfreunde Siegen lange Zeit die Szene beherrschten.

In der Saison 2019/2020 gab es das erste Westfalenliga-Derby zwischen Siegen und dem aufgestiegenen Nachbarn Fortuna Freudenberg. Es endete im September nach spannendem Verlauf 2:2.

Kurz vor Schluss unterlief Siegens Torfrau Lea-Marie Knipp ein Eigentor, über das die Fortuna-Frauen jubelten.

Fußball-Kreisliga C2, 9. November 2014: FC Ebenau - TuS Diedenshausen 3:5. 440 Zuschauer bei einem C-Liga-Spiel? Das gibt es nur in Wittgenstein. Nach Jahren der Abstinenz standen sich die Nachbarn mal wieder gegenüber und lieferten sich ein umkämpftes, mit acht Toren und einem Platzverweis für den Ebenauer Spielertrainer Marco Mannweiler gewürztes Derby. Auch die Stimmung unter den Fans an der Bande schaukelt sich hoch, doch alles bleibt friedlich.