Wittgenstein. Physiotherapeuten nehmen auf dem Spielfeld keine Hauptrolle ein, sind für viele Sportler in Wittgenstein aber abseits des Platzes unverzichtbar.
„Gesundheit ist die erste Pflicht im Leben“, das wusste schon Oscar Wilde. Diesen Leitsatz des legendären Schriftstellers nehmen sich jedoch nur die wenigsten Sportler wirklich zu Herzen.
Das nächste Spiel und der nächste Sieg sind wichtiger, als gewissenhaft auf den eigenen Körper zu achten. Glück haben die wenigen Sportler, die auf einen treuen und fachkundigen Freund zurückgreifen können – den Physiotherapeuten.
Mit mühevoller Arbeit pflegen die Teamärzte ihre Schützlinge zurück auf den Sportplatz, geben Hilfestellung zur Verletzungsprävention und dienen nicht selten auch als Hobbypsychologen für frustrierte Invaliden. Ein vielseitiger Job, der in allen Bereichen Fingerspitzengefühl verlangt, zu selten jedoch entsprechend gewürdigt wird.
Zuhören, bitte
Seit 13 Jahren ist beispielsweise Sven Euteneuer Physiotherapeut des VfL Bad Berleburg und hatte dementsprechend schon eine ganze Generation an Spielern der Stöppel-Kicker in seinen Händen.
„Durch meine eigenen Erfahrungen in den unterschiedlichsten Sportarten habe ich ein ganz gutes Gespür für die verschiedenen Verletzungen, Heilungsverläufe und Probleme. Die Herausforderung ist für mich, dass jeder Körper unterschiedlich ist und ich mich deshalb ständig umstellen muss“, erklärt der Wahl-Richsteiner, der sowohl Tennis, Judo, Handball als auch Football und Bobsport betrieben hat.
„Viele“, so Euteneuer weiter, „hören bei den Behandlungsmöglichkeiten nicht richtig zu, oder machen das Reha-Programm nicht konsequent und fangen zu früh an. Dann liegen sie in ein paar Wochen wieder hier bei mir.“
Geschätzt wird seine Meinung bei den VfL-Fußballern allerdings sowohl von Spielern, als auch den Trainern in den letzten Jahren, häufig tritt Euteneuer auch als „Kummerkasten“ in Erscheinung. „Wenn die Leute hier liegen, egal ob Fußballer oder nicht, dann erzählen die Menschen von ihren Problemen. Da hört man zu und versucht auch diese Probleme ein wenig in Einklang zu bringen.“
Für einen verletzungsfreien Sportstart nach der langen Corona-Pause rät er allen Athleten die Einheiten langsam aufzubauen und sich erst an die Belastung ranzutasten, die der Körper eigentlich in der Lage wäre zu leisten.
Aufwärmprogramme elementar
Ins selbe Horn stößt dabei auch Mareike Breuer, die sich seit Anfang des Jahres in der Hochstraße 50 in Bad Berleburg selbstständig gemacht hat.
Die 28-Jährige, die in den letzten Jahren sowohl für den TuS Erndtebrück, als auch für die Sportfreunde Birkelbach als Physiotherapeutin gearbeitet hat, wusste schon in der achten Klasse, dass sie Menschen helfen wollte. Die Kombination mit dem sportlichen Aspekt resultierte schließlich in der Ausbildung als Physiotherapeutin.
„Die Dankbarkeit der Menschen ist das schönste an der Sache“, erklärt Breuer, die in den letzten Jahren eine positive Entwicklung bei ihren Fußballer-Schützlingen ausgemacht hat. „Die Spieler werden immer bewusster, was ihren eigenen Körper angeht. Natürlich gibt es immer Härtefälle, die alle Tipps ignorieren, aber insgesamt sind viele Spieler offen für neue Behandlungswege.“
Ein Dorn im Auge ist der 28-Jährigen hingegen die Tatsache, dass viele Athleten und Trainer die Wichtigkeit des Dehnens und der Aufwärmphase ignorieren. „Dadurch würden sich viele Verletzungen verhindern lassen. Auch Yoga wird von vielen immer noch belächelt, dabei arbeiten fast alle Fußballprofis auf diese Art.“ Deshalb ist ihr Tipp für den anstehenden Trainingsstart, dass das Trainingsprogramm abwechslungsreich und langsam aufgebaut wird. „Viele Trainer fragen auch, was man ändern könnte, hören sich meinen Rat bei Verletzungen an und sind offen für neue Impulse. Das ist natürlich Bestätigung meiner Arbeit.“
Angesprochen auf den Begriff des „Hobbypsychologen“, stimmt die 28-Jährige nickend zu. Physiotherapeuten seien von Haus aus Vertrauenspersonen. Allein durch die körperliche Nähe ist die Distanz zwischen Arzt und Patient gebrochen. „Gerade im Sport spielt der Kopf eine große Rolle. Dann erzählen Spieler von Problemen, die sie ihrem Trainer nicht erzählen möchten und können sich so die Seele freireden. Dieses Verhältnis muss sich natürlich erstmal entwickeln, aber dann helfe ich gerne auch dabei“, so Breuer abschließend.
Ernährung ist der Schlüssel
Einen besonderen Standpunkt vertritt Moritz Braun, der seit kurzem neben seiner Lebenspartnerin Mareike ebenfalls seine eigene Praxis eröffnet hat (Hochstraße. 50, 57319 Bad Berleburg). Der 25-Jährige ist nämlich selbst noch aktiver Spieler beim SV Schameder und könnte sich quasi selbst therapieren. „Das war aber nicht der Grund für diese Ausbildung“, lacht Braun, der in erster Linie Menschen helfen möchte wieder auf die Beine zu kommen.
Als wichtigen Punkt sieht der gebürtige Erndtebrücker besonders die Ernährung. „Der Lebensstil und die richtige Ernährung sind entscheidende Faktoren. Das klingt banal, aber hat einen großen Effekt. Allein genügend Wasser zu trinken kann Verletzungen vorbeugen“, so der 25-Jährige, der sich indes nicht als Psychologen sieht. „Das sollen Fachmänner übernehmen. Natürlich ist man einfühlsam und hört zu, aber meine Aufgabe ist es erstmal die körperlichen Beschwerden zu beheben. Bei diesem Prozess helfe ich gern.“
In seiner neuen Praxis bietet der 25-Jährige in Kürze deshalb gezielt Kurse für Privatpatienten und Selbstzahler an. Eine Rückenschule, einen Osteoporosekurs und Nordic-Walking bietet Braun künftig an, um seinen Patienten schnelle Heilung von herrschenden Problemen zu garantieren.