Tschagguns. Die Nordischen Kombinierer fiebern dem Deutschlandpokal-Auftakt im September entgegen. Aktuell werden gezielt die Schwächen angegangen.

In der Nordischen Kombination und im Skisprung deutet sich während der Coronapandemie eine ganz langsame Rückkehr zur Normalität an. Die Sommerwettbewerbe sind zwar abgesagt, am 4. September plant der Deutsche Skiverband jedoch stützpunktübergreifende Leistungsvergleiche mit Deutschlandpokal-Wertung in Berchtesgaden. Zwei Wochen danach soll es in Oberhof gleich um die nächsten Punkte gehen, am 23. Oktober in Oberstdorf um die Deutschen Meisterschaften.

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Die Athleten des SC Rückershausen unter Trainer Thomas Wunderlich haben zur Vorbereitung nun mit den Sportlern des SK Winterberg und in Begleitung des Landestrainers Jens Gneckow ein viertägiges Trainingslager im österreichischen Tschagguns absolviert. Ursprünglich war dieser Lehrgang zwar im bayrischen Rastbüchl geplant, doch wegen der weniger strengen Corona-Auflagen in Österreich machte eine Verlegung Sinn.

Die Kombinierer des SK Winterberg und SC Rückershausen am Stausee am Golm (von links): SCR-Trainer Thomas Wunderlich, Jonah Müller, Ryan Horn, Mika Wunderlich, Sean Steenbakkers, Lukas Wied, Spezialspringer Lukas Nellenschulte, Emily Schneider, Marie Nähring und Lenard Kersting.
Die Kombinierer des SK Winterberg und SC Rückershausen am Stausee am Golm (von links): SCR-Trainer Thomas Wunderlich, Jonah Müller, Ryan Horn, Mika Wunderlich, Sean Steenbakkers, Lukas Wied, Spezialspringer Lukas Nellenschulte, Emily Schneider, Marie Nähring und Lenard Kersting. © Verein

„Wir mussten flexibel sein. In Rastbüchl dürfen derzeit maximal drei Springer gleichzeitig auf einer Sprungschanze trainieren, zudem ist der Lift ist stillgelegt und der Aufstieg müsste per Shuttlebus erfolgen, was einen sinnvollen Trainingsablauf unmöglich gemacht hätte. In Tschagguns ist mehr erlaubt und der Aufzug läuft, wenn auch für vier Personen pro Gondel“, erläutert Thomas Wunderlich die Hintergründe.

Hier wurde trainiert: Die hochmoderne Schanzenanlage in Tschagguns.
Hier wurde trainiert: Die hochmoderne Schanzenanlage in Tschagguns. © Verein

Der Fokus im Training liegt aktuell auf dem Skispringen, der schwächeren Teildisziplin der meisten Athleten aus dem Kader des Westdeutschen Skiverbandes. Dazu bot die moderne, 2014 in Betrieb genommene Anlage im Montafon, unter anderem mit einer K60- und K97-Schanze ausgestattet, optimale Bedingungen.

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Komplettiert wurde das Programm durch Skiroller-, Inliner- und Crossläufe in Kombination mit Hallentraining und Krafteinheiten sowie einem Kombinations-Trainingswettkampf. Der fand in der Crosslauf-Variante hinauf zum Stausee Latschen am Golm als Abschluss statt – sogar mit Urkunden und anschließender Siegerehrung.

„Es war ein wichtiger Lehrgang. In den vier Tagen blieb wenig Zeit für andere Dinge, da man die guten Bedingungen bei tollem Wetter effektiv nutzen wollte“, resümierte SCR-Trainer Thomas Wunderlich. Für Anfang August ist noch ein weiteres Trainingslager geplant

Lukas Nellenschulte kein „Kombinierter“ mehr

In der Heimat findet ein eingeschränktes Training seit Anfang Juni auf den Lahntalschanzen in Rückershausen sowie in Winterberg statt. Landestrainer Jens Gneckow lobt das Engagement der SCR-Sportler Emily Schneider, Lukas Wied, Mika Wunderlich, Ryan Horn und Sean Steenbakkers sowie der drei Winterberger Asse Lenard Kersting, Jonah Müller und Marie Nähring. „Es haben sich alle extrem reingehängt und ihre Sache gut gemacht, obwohl es eine ganz schwierige Phase war. Im Leistungsvergleich mit anderen Gruppen, die in Tschagguns waren, war es im großen und ganzen ein ordentlicher Einstieg.“ Besonders dem „fliegenden Holländer“ Sean Steenbakkers bescheinigt Gneckow derzeit große Fortschritte.

In Tschagguns mit von der Partie, aber nicht mehr im Team der Kombinierer ist Lukas Nellenschulte, der ins Lager der Spezialspringer an den Standort Willingen wechselt. Der 14-jährige Winterberger gewann im Februar die Bronzemedaille bei den Deutschen Schülermeisterschaften und wurde für seine Leistungen in der abgelaufenen Saison in die Lehrgangsgruppe IIb des Deutschen Skiverbandes berufen, die besseren Perspektiven sieht er jedoch im Spezialsprung, der seine deutlich stärkere Teildisziplin in der Nordischen Kombination war – und auch Deutscher Schülermeister war er in dieser Spezialdisziplin schon.

„Das musst du in Winterberg erstmal werden“, sagt Steffen Tepel, Fachwart für Skisprung und Nordische Kombination im SK Winterberg. Den Wechsel zu den Spezialisten hatten die Winterberg vor einem Jahr für Nellenschulte auf dem Schirm. „Lukas ist kein Ausdauertyp, vom Wesen her ist Lukas aber der geborene Spezialspringer. Er ist super schnellkräftig und drahtig, bringt also körperlich alles mit. Darüber hinaus ist auch seine Herangehensweise an den Sport gut. Es gehört viel Mut zum Skispringen – und den hat er wie wenige andere“, sagt Tepel.

Vorbild Andreas Wellinger

An sich sei es für Nellenschulte nicht verkehrt gewesen, vorerst bei den Kombinierern anzufangen. „Der Andreas Wellinger hat auch so angefangen, aber irgendwann musst du den Wechsel machen. Wenn du immer mehr Lauftraining machst, verlierst du sonst die Schnelligkeit, die du beim Springen brauchst.“

Lukas Nellenschulte im Sommer 2019.
Lukas Nellenschulte im Sommer 2019. © Jan Simon Schäfer

Lukas Nellenschulte startet vorerst weiter für den SK Winterberg und trainiert vorerst auch weiter in seiner Heimatstadt – unter dem neuen Landestrainer Marius Kappes. Bei Lehrgängen und Wettkämpfen soll er aber vom Willinger Trainer Heinz Koch betreut werden.

Den Kaderstatus beim Deutschen Skiverband kann Nellenschulte übrigens nicht von den Kombinierern zu den Spezialspringern „mitnehmen“. Tepel: „Das ist aber nicht so schlimm. Der DSV wollte Lukas schon im vergangenen Jahr bei den Skispringern dabei haben, er wird einiges mitmachen können. Und wenn es normal läuft, ist er in einem Jahr ohne Probleme drin im Kader.“