Wittgenstein. Uwe und Bernd Jansohn fahren alle Wittgensteiner Orte per Fahrrad ab – die offiziellen und die gefühlten. Die Tour offenbar einige Sonderfälle.

Ortstafeln spielen im Radsport seit jeher eine wichtige Rolle. Sie stehen symbolisch für erreichte Ziele und werden gerne als Endmarke für spielerische Wettkämpfe genutzt, die einer Trainingsfahrt den richtigen Kick geben können – Stichwort Ortsschildsprint. Die Brüder Uwe und Bernd Jansohn haben sie Ende April, als der Großteil der Kontaktbeschränkungen noch gilt, als Anreiz für eine besondere Radtour genutzt, indem sie sämtliche Wittgensteiner Ortschaften ansteuerten.

Die Protagonisten

Die Zwillingsbrüder sind 56 Jahre alt und leben in Weidenhausen bzw. Sassenhausen. Früher haben beide Fußball für den FC Weidenhausen und die Sportfreunde Sassenhausen gespielt, jetzt schwören beide auf Ausdauersport: Laufen, Radfahren und Triathlon. Für das inoffizielle Radteam „Rothaar Bike Racing“ nahmen beide in den in den Vorjahren an Mountainbike-Rennen teil. Laut Tracking-App „Strava“ haben sie 2020 schon 4500 bzw. 2400 km auf dem Rad absolviert.

Die Idee

Die Ursprungsidee hatte Roland Pape aus Berghausen, der die Ortsschild-Runde bereits vor einigen Jahren hinter sich gebracht hat. „Normalerweise wäre jetzt im Frühling die MTB-Rennserie gestartet. Wir haben uns dann gedacht: Zur Zeit ist eh nix los, also machen wir einfach das, was Roland damals gemacht hat“, sagt Bernd Jansohn: „Wir sitzen ja sowieso gerne auf dem Fahrrad. Wir haben hier den Vorteil, dass wir hier gut rausfahren und schöne Runden drehen können.“

Die Strecke

260 Kilometer an drei Tagen legten die Zwillinge zurück, um 49 Ortschaften mit gelben Ortsschildern abzuklappern. Mit weniger Kilometern ginge es auch, doch Lust, eine möglichst effizienten Route auszutüfteln, hatten beide nicht.

Bernd Janson und Uwe Janson bei der Wittgensteiner Ortsschild-Challenge.
Bernd Janson und Uwe Janson bei der Wittgensteiner Ortsschild-Challenge. © Privat

„Man kann es fahren wie man will. Wir sind von Weidenhausen nach Beddelhausen gestartet und dann durch das Elsofftal in Richtung Odeborn- und Edertal gefahren“, fasst Bernd Jansohn Tag eins zusammen. Da war am Ende noch Energie „im Tank“, doch die Familie wartete – so blieb es bei 100 km.

„Am zweiten Tag haben wir den ganzen Laaspher Raum bis hoch nach Puderbach, Sohl und Heiligenborn abgefahren. Am dritten Tag waren wir vor allem rund um Erndtebrück unterwegs. Christianseck, den Hof Dammbach und das Didoll haben wir ausgelassen.“

Die Sonderfälle

Die Auslassungen haben die Jansohn-Brüder mit einigen Zusatzkilometern kompensiert – zu Ortschaften, die politisch nicht mehr zu Wittgenstein zählen, gefühlt aber eben doch. „Bei Lützel waren wir uns selbst nicht sicher, ob es zu Wittgenstein zählt“, begründet Bernd Jansohn den Abstecher ins Hilchenbach zugeordnete Höhendorf, das Wittgenstein kulturell nahe steht.

Gleiches gilt für den katholisch geprägten Weiler Rüspe, der zur „OE“-Gemeinde Kirchhundem zählt – naturräumlich aber viel näher an Wittgensteiner Orten liegt.

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Auch Müsse war eine Station. „Wir sind von allen Richtungen reingefahren und haben festgestellt, dass die gar kein Ortsschild mehr haben. Nur ein Holzschild“, berichtet Bernd Jansohn. Laut Gesprächen mit den Einwohnern soll das Ortsschild von einem Autofahrer umgefahren und nie ersetzt worden sein – ein Mythos. Tatsache ist: Obwohl Müsse ein Schützenfest, eine Burschenschaft und einen Schalke-Fanclub hat, ist es keine offizielle Ortschaft, sondern ein zu Aue und Wingeshausen zählender Teilort.

Offiziell zählt der „Freistaat Lindenfeld“ zu Banfe. Durch die abgeschiedene Lage im Ilsetal ist es gefühlt eine eigene Ortschaft.
Offiziell zählt der „Freistaat Lindenfeld“ zu Banfe. Durch die abgeschiedene Lage im Ilsetal ist es gefühlt eine eigene Ortschaft. © Privat

Jux sind die „Wallachei“ in Bad Laasphe sowie der zu Banfe zählende „Freistaat Lindenfeld“ im Ilsetal. Das selbst gestaltete Ortsschild lässt auf „Ureinwohner“ schließen, die auf die relative Abgeschiedenheit ihres Weilers mit einem gewissen Stolz blicken. Noch ein individuell gestaltetes gelbes Ortsschild gibt es in der Banfer „Musecke“ – das war den Jansohns noch nicht bekannt.

Das Resümee

„Man macht sich noch mal klar, dass wir in einem schönen Landstrich leben, da kann man nicht einmal bestimmte Ecken hervorheben. Vor allem stellt man fest, wie groß unser Wittgenstein doch ist. Manche glauben gar nicht, wie viele Orte es gibt“, weiß Bernd Jansohn aus Gesprächen.

„Bei der Arbeit haben manche Leute gestaunt. Einige der kleineren Orte waren da teilweise unbekannt. Man muss ja auch erstmal einen Grund haben, sie überhaupt anzufahren.“ Zwei Gründe wären: Freude am Radfahren und das Meistern der Ortsschild-Challenge (siehe Extra-Kasten).