Erndtebrück. Aufbruch, Niedergang, Erneuerung: Die Festschrift zum 125-Jährigen des TuS Erndtebrück ist ein bildreicher Streifzug durch die letzten 25 Jahre.

Eigentlich hätte die Hauptversammlung der Verkaufsstart sein sollen, nun ist es nur durch Bestellungen (siehe Info-Kasten) zu haben: Das Buch zum 125-jährigen Bestehen des TuS Erndtebrück. Der Verein hat wahre Fleißarbeit geleistet: Auf 250 Seiten wird auf die Entwicklung des Vereins in den zurückliegenden 25 Jahren geblickt – das Buch ist bewusst nur eine Ergänzung zur Festschrift zum Hundertjährigen in 1995. Dies spiegelt sich in einem vergleichsweise kleinen Textanteil wider. Das Buch ist geprägt von Bildern – über 400 an der Zahl. Dazu haben die Abteilungsleiter die Entwicklung der jüngeren Vergangenheit resümiert – mal mehr, mal weniger anekdotenreich.

Über allem steht das auf dem Cover abgedruckte Motto „Sport ist im Verein am Schönsten!“. Die Frontseite verrät zwei weitere Hauptaugenmerke: Es zeigt einerseits den Fußballplatz und damit die Abteilung, durch die der Verein mit dem zweimaligen Regionalliga-Aufstieg und sowie mit drei DFB-Pokal-Erstrundenspielen zuletzt überregional bekannt wurde. Hinter dem Feld sind die Vereinsgebäude zu sehen, welche die gewaltige Entwicklung der Infrastruktur dominieren.

Begeisterter Prinz

„Inzwischen spricht man von einem Sportzentrum“, stellt der Vorsitzende Harald Wittig angesichts der Erweiterungen mit dem Mehrzweckgebäude, dem Gästekäfig, dem Fitnessstudio (an dem der TuS zur Hälfte beteiligt ist) sowie der Skihütte fest. „Nebenbei“ wurde die Pulverwaldhalle und die Vereinsgaststätte renoviert. Da die Baumaßnahmen zu großen Teilen auf Spenden basieren, sollen der „Fitness-Point“ und die Sportstiftung die Abhängigkeit reduzieren.

Gewachsen ist nicht nur die Infrastruktur, sondern auch die Mitgliederzahl – seit 1995 kamen rund 500 hinzu, allerdings mit einer zuletzt mit einer Fluktuation von jährlich 100 Personen. „Einmal Verein, immer Verein gilt nicht mehr – oder nur bedingt“, stellt Wittig fest.

Das Grußwort von Jörg Sieratzki betont die „gewinnbringende Zusammenarbeit“ und den großen Stellenwert der Bundeswehr im TuS. Manfred Helmer hat die Geschichte der Vereinsgaststätte akribisch aufgearbeitet. Er bezeichnet die aktuellen Betreiber Maria und Friedhelm Bauer als „außerordentlichen Glücksgriff“ – dass dies nicht selbstverständlich ist, zeigt die Zahl von 25 Pächtern in 65 Jahren seit Eröffnung der Pulverwaldgaststätte.

Survival-Lehrgang bei der Abteilung Anti-Terror-Streetfight (ATS) des TuS Erndtebrück. Hier wird demonstriert, wie ein Feuer gemacht werden kann.
Survival-Lehrgang bei der Abteilung Anti-Terror-Streetfight (ATS) des TuS Erndtebrück. Hier wird demonstriert, wie ein Feuer gemacht werden kann. © Verein

Knapp 200 Seiten sind den zwölf Abteilungen gewidmet. Seit dem letzten Jubiläum sind zwar die Kraftsportler verschwunden, dafür aber Taekwondo, Antiterrorstreetfight (ATS) und Badminton hinzugekommen. Die ATSler ihr Revier im Steinbruch des „Alt-Immergrün“ haben. Den stellt Prinz Wittgenstein zur Verfügung, weil es ihn begeistert, dass die Abteilung der Jugend die Natur beim Survivaltraining näher bringt – die Bilder zeigen es eindrucksvoll mit der Zubereitung von Fischen und Wildtieren.

In der Staffel mit Evi Sachenbacher

Der Kampfsport ist im TuS nicht nur beim ATS, sondern auch in der Taekwondo-Abteilung beheimatet, die inzwischen zwölf Mitglieder vom Schüler- bis zum Meistergrad geführt hat und 2015 von der DTU ausgezeichnet wurde. Angeboten werden inzwischen auch mit großem Zuspruch Kickboxen und die koreanische Kampfkunst Hapkido.

Deutschlandpokal-Gesamtsieger in den Jahren 2007/2008 und 2008/2009: Jurij Propp.
Deutschlandpokal-Gesamtsieger in den Jahren 2007/2008 und 2008/2009: Jurij Propp. © WP | Friedrich Lück

Andere Abteilungen dokumentieren einen Abschwung. Die Skiabteilung ist in Sachen Infrastruktur zwar gut aufgestellt, doch es fehlt der Schnee und vor allem Nachwuchs. Mitte der 90er Jahre gab es nicht nur eine erfolgreiche Alpingruppe, aus der heraus es die Knoche-Brüder später in den Skicross-Weltcup schafften, sondern auch starke Nordische: Jurij Propp und Steffi Völkel holten Gesamtsiege im Deutschlandpokal und Medaillen bei Deutschen Meisterschaften, Ramona Roth sogar Bronze bei der Weltmeisterschaft: Mit Evi Sachenbacher lief sie 1999 in der deutschen Staffel. Lang ist’s her.

Auf der Kegelbahn ist nicht mehr so viel Betrieb wie früher. Das Foto zeigt die Gemeindemeisterschaften im Jahr 2016.
Auf der Kegelbahn ist nicht mehr so viel Betrieb wie früher. Das Foto zeigt die Gemeindemeisterschaften im Jahr 2016. © WP

Beim Kegeln und Gerätturnen ist der Pulverwald-Club sogar ganz von der Bildfläche verschwunden, was Wettkämpfe angeht – für die Fitness wird in diversen Gruppen aber immer noch viel getan. Auch die Volleyballer und Badminton-Spieler fristen ein aktives, aber vergleichsweise unauffälliges Dasein.

Tambourcorps lockt noch Jugendliche

Beim Tambourcorps kann davon nicht die Rede sein – und dies nicht nur, weil die Proben für die anderen Abteilungen unüberhörbar sind. Die „stramme Formation, die stets frisch und zackig auftritt“ verzeichnet 40 Aktive und ein versteht es weiter, Jugendliche zu begeistern. Bei Wettstreiten von der „Perle von Geest“ bis zum goldenen Reiterpokal räumt der Zug immer wieder Preise ab. Hinz kommen Auftritte wie bei 2009 bei der Steubenparade in New York oder beim Fußballspiel zwischen Bayern München und dem Hamburger SV im Olympiastadion – ein Foto zeigt, wie Lothar Matthäus die Pauke signiert.

Festzug zum 750-jährigen Jubiläum der Gemeinde Erndtebrück: Hans-Georg Seifert auf dem Laufband.
Festzug zum 750-jährigen Jubiläum der Gemeinde Erndtebrück: Hans-Georg Seifert auf dem Laufband. © WR | Dickel, Lars-Peter

Herbe Gesellschaftskritik übt Leichtathletik-Abteilungsleiter Hans-Georg Seifert, der vom Schulsport über Korruption bis hin zum schwächelnden Ehrenamt ein düsteres Bild zeichnet. „Es muss mehr Wert darauf gelegt werden, dass man sich bewegt und Sport treibt“, findet Seifert. Fraglich findet er, dass immer mehr Spielangebote statt Wettkämpfe durchgeführt werden.

Mut macht dagegen die Tischtennisabteilung, die aus einem Zwischentief herausfand. Seit 2010 gab es zwar kein Jugendteam mehr, aktuell ist aber wieder Nachwuchs da. Nachdem es zwischenzeitlich nur ein Seniorenteam war, sind es nun sogar drei – und 2020/21 könnte der TuS sogar zur ersten Kraft in Wittgenstein werden.

Das Buch kann zum Preis von 20 Euro per E-Mail an tus-reichmann@gmx.de oder unter bei Rolf Arno Reichmann bestellt und abgeholt werden. Die vorherigen Festschriften können günstig dazu gekauft werden.