Feudingen. Frank Filipzik ist seit 2016 Vorsitzender des SV Feudingen. Im Interview spricht er über Corona, die sportliche Entwicklung und die Zukunft.
Es ist wohl aktuell aus sportlicher Sicht die Frage aller Fragen beim SV Feudingen: Steigt der Tabellenführer der Fußball-Kreisliga B2 trotz der grassierenden Coronakrise in die A-Liga auf oder scheitert dieses Vorhaben als Konsequenz einer Saisonannullierung? Der gebürtige Siegerländer Frank Filipzik (52) ist seit seinem Umzug in das kleine Wittgensteiner Dorf im Jahr 2003 Mitglied beim SV Feudingen und seit vier Jahren Vorsitzender. Im Interview spricht er über die Herausforderungen rund um die Coronakrise, die sportliche Entwicklung der vergangenen Jahre sowie die strategische Ausrichtung für die Zukunft.
Herr Filipzik, wie nehmen Sie die Herausforderungen rund um das Coronavirus in ihrem Verein wahr?
Frank Filipzik: Erstmal geht es bei dem Coronavirus um Menschenleben, das heißt der Fußball ist aktuell eine absolute Nebensache, von daher müssen wir uns auch dahingehend in der Wertigkeit zurücknehmen. Zumal es bei vielen Menschen um Existenzen geht. Für uns als Verein bedeutet der Coronavirus schon Einnahmeverluste, die sich aus den Eintrittsgeldern und dem Verkauf bei Heimspielen ergeben. Aber wir haben ganz gute Rücklagen, das heißt wir werden deswegen finanziell keine Schwierigkeiten bekommen.
Aus sportlicher Sicht hat der Trainer der 1. Mannschaft, Sascha Schwarz, gesagt, dass man im Falle einer Annullierung der Saison, so dass keine Mannschaft auf- oder absteigt, um den verdienten Lohn gebracht werde. Wie sehen Sie diese Thematik?
Würde zum Beispiel dem FC Liverpool durch dieses Szenario die Meisterschaft genommen, wäre das für die Menschen dort vermutlich schwer zu verstehen, denn die leben den Fußball. Und nichts anderes ist das in vielen Dorfvereinen. Wir haben 400 Mitglieder, 160 Fußballer und über 70 Helfer, die rund um den Verein tätig sind. Wenn jetzt der Verband entscheidet, die Saison zu annullieren, würde man damit ausschließlich den Verein bestrafen, der nach 19 Spielen die meisten Punkte gesammelt hat. Das wäre aus meiner Sicht die ungerechteste Lösung, aber eins ist auch klar: Wir werden jede Entscheidung des Verbandes vollumfänglich akzeptieren.
Was wäre denn aus Ihrer Sicht die fairste Lösung?
Also es gibt keine perfekte Lösung, man könnte theoretisch die Hinrundentabelle nehmen, wo jeder schon einmal gegeneinander gespielt hat. Ich persönlich würde den aktuellen Stand der Ligen nehmen, kein Team absteigen und die Tabellenersten aufsteigen lassen. Davon hätte im Vergleich zu einer Annullierung kein Team einen Nachteil.
Als Sie 2009 selber noch Trainer der „Ersten“ waren, haben Sie gesagt, dass Sie „eigentlich nie zufrieden“ seien. Wie würden Sie als Nimmersatter die Entwicklung des SV Feudingen seitdem bewerten?
Man muss einfach wissen, dass wir ein kleines Dorf sind und trotzdem 400 Mitglieder haben. Hier herrscht einfach ein unglaublich guter Zusammenhalt und es geht nicht immer darum, ob man jetzt Erster, Zweiter oder Fünfter wird, sondern wichtig ist, dass die Menschen gerne auf den Sportplatz kommen, mitfiebern und sich austauschen können. Aber das ist ja hier nichts anderes als in Berghausen, Banfe oder Birkelbach auch und das ist unheimlich viel wert. Als ich das 2009 gesagt habe, standen wir ziemlich im Keller und sind später dann auch aus der A-Liga abgestiegen.
Wann fing die Entwicklung an, dessen Ergebnis man heute in den vier Seniorenteams sehen kann?
Das ist aber schon etwas frappierend, da wir damals 2016 in der Reserve so viele ältere Spieler hatten, dass wir aufpassen mussten, überhaupt zukünftig zwei Teams stellen zu können. Zu dieser Thematik gab es einige Sitzungen damals. Und nun haben wir vier Heimspiele an einem Sonntag und wenn nicht was ganz Doofes passiert, hat jedes Team drei bis vier Spieler auf der Bank, sogar die dritte Mannschaft. Ehrlich gesagt, können wir gar nicht genau sagen, woher dieses plötzliche Interesse kam, dass wir so einen Zulauf an Spielern erlebt haben. Doch das ist eben auch nicht alles. Zum Beispiel helfen sonntags bei so einem langen Heimspieltag 20 Leute aus dem Verein beim Verkauf, als Platzkassierer, Betreuer oder als Ordner mit, damit alles reibungslos läuft. Und das bekommt man nur hin, wenn sich die Leute auch wohlfühlen und man diesen Einsatz für den Verein auch wertschätzt. Das Gute dabei ist, dass ich als Vorsitzender gar nicht so wichtig bin, denn viele Mitglieder übernehmen von sich aus Verantwortung und kümmern sich um gewisse Dinge, ohne, dass ich etwas sagen muss.
Laut eigener Aussage bezahlen Sie ihren Spielern kein Geld, doch ist diese Strategie zukunftsfähig, wenn Sie in der A-Liga sind oder gar in die Bezirksliga kommen?
Wir haben vor zwei Jahren als Sascha kam schon gesagt, dass wir mit der Ersten in die A-Liga und uns mit der Reserve in der C-Liga etablieren wollen. Prinzipiell wollen wir das Bestmögliche rausholen und sehen, wie weit uns diese Geschichte hier bringen kann. Doch das ist natürlich irgendwann limitiert, denn wir bezahlen keinen unserer Spieler Geld. Das gab es schon mal Ende der 90er Jahre in Feudingen, damals wurden Spieler aus dem Siegerland geholt und bezahlt, während die eigenen Leute in die Röhre geguckt haben. An diesen Situationen zerbrechen Mannschaften, was damals auch passiert ist. Wir werden definitiv keine Spieler mit Geld holen, nur damit wir mal ein Jahr Bezirksliga spielen können. Dann würden wir uns das, was wir uns aufgebaut haben, kaputt machen. Daher wird es das unter dem jetzigen Vorstand nicht geben. Die Spieler sollen wegen des Vereins hier spielen und nicht wegen des Geldes.
Was macht Schwarz anders als seine Vorgänger, damit er aktuell so erfolgreich ist?
Sascha und Philipp, wir sprechen hier immer von einem Duo, haben noch die Lockerheit ihrer ersten Trainertätigkeit. Beide sind sehr ehrgeizig und haben einen ganz klaren Plan. Das sind zwei 30-jährige, die aber ihre Vorstellungen durchstrukturiert haben, wie sie zum Beispiel die Spieler motiviert bekommen, dass fast fast vollzählig zum Training erscheint. Ebenso sind sie sich auch nicht zu schade sind, mal zu fragen oder sich einen Rat einzuholen. Wir debattieren oft zusammen, denn die Jungs machen genauso Fehler, wie jeder andere auch.
Wäre für Sie ein kampfloser Aufstieg im Falle einer Wildcard bei einem Saisonabbruch oder ein sportlicher Aufstieg im Jubiläumsjahr schöner?
Wenn mir einer garantieren würde, dass wir nächstes Jahr aufsteigen, würde ich lieber den emotionalen, sportlichen Aufstieges im nächsten Jahr nehmen. Aber da es diese Sicherheit nicht gibt, wäre auch die kampflose Variante in Ordnung.