Erndtebrück. Zwei Eigengewächse und sieben Nationalitäten in der Auswahl. Dass Spieler wie Laurenz Wassinger und Tim Treude fehlen, zeigt die Qual der Wahl.

Es hat eine Menge an Spielern gegeben, die in der Blütezeit des TuS Erndtebrück angeheuert und ihre Spuren hinterlassen haben. Der TuS aus der 7000-Seelen-Gemeinde an der Eder hat im abgelaufenen Jahrzehnt ja auch ein Stück Fußball-Geschichte geschrieben, die den Club weit über die Grenzen Wittgensteins in die Schlagzeilen brachte.

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Der zweimalige Aufstieg in die Regionalliga, die dreimalige Qualifikation für den DFB-Pokal – das sind die großen Ausrufezeichen, die die Erndtebrücker unter Trainer Florian Schnorrenberg setzten.

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Mit dem Titel in der Westfalenliga und dem Aufstieg in die 2011/2012 letztmals ausgespielte NRW-Liga unter Trainer Peter Cestonaro nahm der Ritt auf den höheren Fußball-Wellen seinen Anfang.

Dreimal in der Hauptrunde des DFB-Pokals

Den ersten Auftritt in der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals hatten die Kicker aus dem Pulverwald am 7. August 2015 im Siegener Leimbachstadion gegen den damaligen Bundesliga-Aufsteiger Darmstadt 98 (0:5).

Unvergesslich: In der ersten Runde des DFB-Pokals 2018 spielte der TuS Erndtebrück gegen den Hamburger SV 3:5.
Unvergesslich: In der ersten Runde des DFB-Pokals 2018 spielte der TuS Erndtebrück gegen den Hamburger SV 3:5. © peter kehrle

Am 12. August 2017 hieß der Erstrunden-Gegner Eintracht Frankfurt (0:3). Der in die 2. Liga abgestiegene Hamburger SV gewann am 18. August 2018 im Leimbachstadion 5:3 gegen den TuS.

Der semiprofessionelle Fußball ist oft ein flüchtiges Geschäft. Über 130 Spieler aus über 20 verschiedenen Nationen liefen im vergangenen Jahrzehnt für die Erndtebrücker „Erste“ auf.

Viele Namen dürfte das Wittgensteiner Publikum bereits aus dem Gedächtnis gestrichen haben. Einige Konstanten und Spieler, über deren Können man noch lange Sprechen wird, gab es aber doch. Hier die Spieler, die unsere Redaktion aus den vergangenen zehn Jahren in die „Mannschaft des Jahrzehnts“ berufen hat.

Viele Torhüter versuchten Timo Bäcker als Nummer Eins beim TuS Erndtebrück zu verdrängen, am Ende spielte aber meist doch der Wittgensteiner.
Viele Torhüter versuchten Timo Bäcker als Nummer Eins beim TuS Erndtebrück zu verdrängen, am Ende spielte aber meist doch der Wittgensteiner. © PETER KEHRLE

Timo Bäcker

Torhüter kamen und gingen beim TuS, doch irgendwie stellte er sie alle in den Schatten. Er war die Nummer Eins, auch wenn er berufsbedingt das Training reduzieren musste. Der 36-Jährige, oftmals das einzige echte Eigengewächs im Kader, hätte auch „draußen“ spielen können, die Fähigkeiten hat er. Beim VfL Bad Berleburg zeigt er sie derzeit noch in der „Zweiten“.

Fatih Tuysuz war in der Erndtebrücker Verteidigung eine Bank.
Fatih Tuysuz war in der Erndtebrücker Verteidigung eine Bank. © Peter Kehrle

Fatih Tuysuz

Lima Ribeiro auf links, Tuysuz auf der rechten Seite. Vier Jahr bildeten die beiden ein kongeniales Außenverteidiger-Gespann. Von den Sportfreunden Siegen gekommen hatte Tuysuz schon eine lange Reise durch Ober- und Regionalliga hinter sich. Fortuna Köln und Germania Windeck gehörten zu sein Stationen.

Mory Konate (m.) fand über den TuS Erndtebrück und Borussia Dortmund II den Weg in die erste belgische Liga. Hier ist er im Spiel beim FC Brünninghausen zu sehen.
Mory Konate (m.) fand über den TuS Erndtebrück und Borussia Dortmund II den Weg in die erste belgische Liga. Hier ist er im Spiel beim FC Brünninghausen zu sehen. © Lutz Großmann

Mory Konaté

Zum zweiten Regionalliga-Aufstieg präsentierte der TuS den talentierten Guineer, der nach dem Abstieg zu Borussia Dortmund II wechelte, wo es für ihn in der Regionalliga weiterging. Inzwischen spielt der schlaksige 26-Jährige beim belgischen Erstligisten St. Truiden, für Konaté 100.000 Euro Ablöse zahlte und aktuell auf Platz zehn rangiert. Konaté hat dort einen Vertrag bis 2021. In Erndtebrück spielte er im defensiven Mittelfeld und in der Innenverteidigung.

Ahmet Saglam (r.) verteidigte resolut.
Ahmet Saglam (r.) verteidigte resolut. © Lutz Großmann

Ahmet Saglam

Der in Bonn geborene Innenverteidiger verbrachte den Großteil seiner Karriere in der Türkei. 2015 kam er zum Regionalliga-Aufsteiger und war am Pokalauftritt gegen Darmstadt beteiligt. 2017 wechselte er in den Norden zum VfB Oldenburg und wird seitdem als grundsolider Verteidiger mit großartigen Fähigkeiten im Spielaufbau vermisst.

Leonardo Lima Ribeiro im Spiel gegen die Hammer SpVg.
Leonardo Lima Ribeiro im Spiel gegen die Hammer SpVg. © Rene Traut

Leonardo Lima Ribeiro

Er war einer der zahlreichen Brasilianer, die in der Ära Calmund nach Leverkusen kamen – bei Bayer setzte er sich jedoch nicht durch. Seine Karriere in unteren Ligen führte ihn 2013 nach Erndtebrück. Der Außenverteidiger war am ersten Regionalliga-Aufstieg beteiligt, vor dem zweiten verließ er den TuS. Inzwischen hat der in Rio geborene 31-Jährige seine Karriere beendet und ist doch wieder bei Bayer gelandet. Diesmal in der Pharma-Firma, nicht als Fußballer.

Kaum zu halten auf dem Flügel: Jan-Patrick Kadiata, hier im Auswärtsspiel bei Westfalia Rhynern.
Kaum zu halten auf dem Flügel: Jan-Patrick Kadiata, hier im Auswärtsspiel bei Westfalia Rhynern. © Lutz Großmann

Jan-Patrick Kadiata

Ihn zog es sogar zwei Mal nach Erndtebrück. Zunächst im Winter 2014, als er aus Zweibrücken kam, dann kehrte er zum Regionalliga-Aufstieg 2017 aus Alfter an den Pulverwald zurück. Der in Bonn geborene Kongolese spielte zuletzt beim VfB Oldenburg. Seine Athletik und seine pfeilschnellen Sprints auf den Flügeln begeisterten das Erndtebrücker Publikum.

Leon Spaltenberger (links, VfB Banfe) gegen Tokio Nakai (TuS Erndtebrück). Zum Auftakt des Dorfturnier-Wochenendes im Jahr 2014 trugen beide Vereine ein Freundschaftsspiel aus.
Leon Spaltenberger (links, VfB Banfe) gegen Tokio Nakai (TuS Erndtebrück). Zum Auftakt des Dorfturnier-Wochenendes im Jahr 2014 trugen beide Vereine ein Freundschaftsspiel aus. © Benedikt Bernshausen

Tokio Nakai

Er war der erste von neun Japanern, die den Weg ins Wittgensteiner Land fanden. Von der TuS Koblenz nach deren Regionalliga-Abstieg gekommen wurde er drei Jahre lang zu einer verlässlichen Stütze mit Tordrang im Erndtebrücker Mittelfeld. Über Bergisch Gladbach und Bergheim ist Tokio, der an der Eder ein Publikumsliebling war, mittlerweile in Weilerswist gelandet.

In seinem letzten Jahr war er sogar Co-Trainer beim TuS Erndtebrück: Philipp Böhmer (l.), hier mit Trainer Michael Müller, stieg zwei Mal mit dem Verein die Regionalliga auf.
In seinem letzten Jahr war er sogar Co-Trainer beim TuS Erndtebrück: Philipp Böhmer (l.), hier mit Trainer Michael Müller, stieg zwei Mal mit dem Verein die Regionalliga auf. © Lutz Großmann

Philipp Böhmer

Der Betzdorfer fand über Bayer Leverkusen den Weg zum TuS, wo er ab 2013 sechs Jahre lang eine feste Größe und Integrationsfigur war. Später war er Co-Trainer neben seiner Mittelfeld- bzw. Stürmerrolle.

Ein unvergesslicher Abend und ein unvergesslicher Spieler: Yannik Jaeschke zieht im Schnee-Spiel gegen den SC Verl zum 5:0 für den TuS Erndtebrück ab.
Ein unvergesslicher Abend und ein unvergesslicher Spieler: Yannik Jaeschke zieht im Schnee-Spiel gegen den SC Verl zum 5:0 für den TuS Erndtebrück ab. © Peter Kehrle

Yannik Jaeschke

Ihn hätten die Erndtebrücker gern einige Jahre länger gesehen. Nach durchwachsenem Start in der ersten Regionalliga-Saison 2015/16 war der vom SV Rödinghausen gekommene Außenstürmer ein echter Leistungsträger im zweiten Oberliga-Meisterjahr 2016/17. Da er aber zurück in den Norden wollte, konnte er die Saat der errungenen Meisterschaft in der zweiten Regionalliga-Saison nicht mehr ernten. Er wechselte zum TSV Havelse.

Der „Panzer“ in Aktion: Manfredas Ruzgis, hier im Test gegen den SSV Langenaubach am Ball.
Der „Panzer“ in Aktion: Manfredas Ruzgis, hier im Test gegen den SSV Langenaubach am Ball. © Florian Runte

Manfredas Ruzgis

Papa Kestutis hat die Karriere seines Sohnes immer verfolgt. Aus der U17 der Sportfreunde ging es für Manfredas in die Nachwuchsabteilung des SC Paderborn, 2016 ging es für den Litauer zum 1. FC Köln. 2018 folgte die Rückkehr zu seinem Heimatclub, bei dem auch der Vater seine letzten Jahre als Fußballer absolvierte. Trotz der geschwundenen finanziellen Möglichkeiten des TuS hat sich „Manni“, dessen zweiter Spitzname „Panzer“ nicht von ungefähr kommt, vor dieser Saison zum Verbleib entschlossen. Ruzgis ist der große Hoffnungsträger im Kampf um den Klassenerhalt.

Das ist tatsächlich Markus Waldrich (r.): In seinen ersten Jahren beim TuS lief der Siegerländer noch mit voller Haarpracht auf. Das Haupthaar wurde im Laufe der Jahre zwar weniger, die Tore dafür immer mehr. In drei Oberliga-Spielzeiten hintereinander „netzte“ Waldrich zweistellig.
Das ist tatsächlich Markus Waldrich (r.): In seinen ersten Jahren beim TuS lief der Siegerländer noch mit voller Haarpracht auf. Das Haupthaar wurde im Laufe der Jahre zwar weniger, die Tore dafür immer mehr. In drei Oberliga-Spielzeiten hintereinander „netzte“ Waldrich zweistellig. © kerhle

Markus Waldrich

Er kam 2008 vom TSV Weißtal an den Pulverwald und gestaltete und Trainer Peter Cestonaro den Aufschwung des Vereins mit. Durch seine Tore als stets vorbildlich arbeitender Mittelstürmer trug er maßgeblich dazu bei, dass es über die NRW-Liga später auch in die Oberliga Westfalen ging und schließlich 2015 auch in die Regionalliga West. Nach dem ersten Halbjahr im Regionalliga-Kader ging es dann in die zweite Mannschaft, bevor am Saisonende 15/16 die Karriere endete. Beim Bezirksligisten TSV Weißtal ist er inzwischen in die sportliche Leitung eingebunden.

Trainer des Jahrzehnts: Florian Schnorrenberg

Zur Saison 2010/2011 kam Florian Schnorrenberg zum TuS Erndtebrück und legte äußerst beeindruckend los, indem er die zweite Mannschaft als Spielertrainer binnen zwei Jahren von der Bezirks- in die Westfalenliga führte. Im Sommer 2012 übernahm er den Co-Trainer-Posten bei der „Ersten“ unter Peter Cestonaro in der Oberliga, den er 2013 beerbte.

Der erste von vier Aufstiegen mit dem TuS: Florian Schnorrenberg (l.) schrie und jubelte sich nach dem Spiel die Seele aus dem Hals - hier mit mit Florian Schäfer. Zu Saisonbeginn kehrte „Schnorre“ an den Pulverwald zurück und führte sein Team direkt zur Meisterschaft in der Bezirksliga 6.
Der erste von vier Aufstiegen mit dem TuS: Florian Schnorrenberg (l.) schrie und jubelte sich nach dem Spiel die Seele aus dem Hals - hier mit mit Florian Schäfer. Zu Saisonbeginn kehrte „Schnorre“ an den Pulverwald zurück und führte sein Team direkt zur Meisterschaft in der Bezirksliga 6. © Benedikt Bernshausen

Zwei Jahre später räumte der TuS Erndtebrück alles ab: Als Oberliga-Meister stiegen die Blau-Weißen in die Regionalliga auf und qualifizierten sich zugleich erstmals in der Vereinsgeschichte für den DFB-Pokal. Hinzu kam im Spiel gegen die Sportfreunde Birkelbach der Gewinn des Kreispokals.

Die Elf des Jahrzehnts beim TuS Erndtebrück.
Die Elf des Jahrzehnts beim TuS Erndtebrück. © Manuela Nossutta

Im Jahr darauf stiegen „Schnorre“ und der TuS wieder ab, 2016/17 aber direkt wieder auf. Während der Saison 2017/2018 absolvierte der jetzt 42-Jährige den Fußballlehrer-Lehrgang und verabschiedete sich als Regionalliga-Absteiger vom Pulverwald. Die dritte Qualifikation für die erste Hauptrunde des DFB-Pokals war aber erneut ein großer Erfolg.

Im Oktober 2018 stieg der Brachbacher beim abstiegsbedrohten Drittligisten SG Sonnenhof Großaspach ein, bei dem er aber im Mai 2019 wieder freigestellt wurde. Der Vertrag dort läuft noch bis zum Sommer. Ein neues Engagement ist noch nicht in Sicht.