Geisweid. Sport steht auch im Winter hoch im Kurs. Wie wichtig Ernährung, Kleidung und Vorbeugung sind, erklärt Dr. Florian Becher im Interview.

Bislang machen Eis, Schnee und Temperaturen weit jenseits des Gefrierpunktes noch einen Bogen um das Siegerland. Die milden Temperaturen lassen auch Sportarten außerhalb des Wintersports im Freien noch zu. Doch wann ist der richtige Zeitpunkt gekommen, doch die einladende Wärme einer Halle aufzusuchen, wie reagiert man am besten auf eine sich anbahnende Erkältung und was sind Möglichkeiten, sich vor möglichen Verletzungen bestmöglich zu schützen? Darüber haben wir mit Dr. Florian Becher aus der allgemeinmedizinischen-sportmedizinischen Gemeinschaftspraxis Dr. Becher & Dr. Michael Klock gesprochen. Becher betreut zudem zusammen mit Dr. Falk Uhlig die Kunstturn-Bundesliga-Mannschaft der Siegerländer KV.

Der Winter hierzulande war bisher nicht so streng wie er es sein kann. War das bislang was Krankheiten und Verletzungen angeht aus sportmedizinischer Sicht für Sie eher ein ruhiger Winter?
Dr. Florian Becher: Das kann man nicht wirklich sagen. Wir hatten einen recht nassen Herbst und Winter. Dadurch waren Sportverletzungen, die durch Wegrutschen oder sonstige Sachen entstanden sind, nicht minder vorhanden. Ich will sogar sagen, etwas mehr als sonst. Bei Schnee treibt es weniger Leute raus als bei Regen; dadurch hatten wir etwas mehr Sportverletzungen. Aber auch Infekte waren durch das nasskalte Wetter etwas gehäufter.

Was sind in einem normalen Winter die Risikofaktoren?
Wenn man den Skisport rausnimmt, sind Bänder-Verletzungen die häufigsten Sachen, primär im Bereich des Knies. Wenn wir an Joggen denken und der Boden noch eisig ist, dann sind es eher Bänder-Verletzungen im Bereich des Sprunggelenks oder Sturzverletzungen. Oft fallen Leute auf den ausgestreckten Arm, daraus resultiert dann zumeist eine Unterarmfraktur.

Skiverletzungen behandeln Sie auch hier in Ihrer Praxis?
Wenn das im Urlaub passiert, kann man selbst nach Hause fahren oder es folgt eine heimatnahe Verlegung. Die Nachversorgung wird hier gemacht. Die Frage ist immer, ist das dort schon operativ versorgt worden oder muss es hier noch versorgt werden. Wir und, oder die Chirurgen, kümmern uns dann um die Versorgung.

Dr. Florian Becher verzeichnet durch das nasskalte Wetter eine recht hohe Anzahl von Infekten bei seinen Patienten.
Dr. Florian Becher verzeichnet durch das nasskalte Wetter eine recht hohe Anzahl von Infekten bei seinen Patienten. © Carsten Loos

Was empfehlen Sie als Arzt? Draußen weiter machen oder die eine wetterfeste Halle aufsuchen?
Ich denke, die gesunde Mischung macht es am Ende. Man hat ja draußen einige andere positive Effekte, die man in einer Halle nicht hat. Man hat einen schönen knackig kalten Tag mit Sonnenschein, da ist dann die Vitamin D-Ausschüttung in aller Munde. Die aktive Form wird in der Haut erst hergestellt. Nur Sport im Inneren machen, ist das, was wir nicht empfehlen würden. An Tagen, an denen es draußen zu risikoreich ist, sollte man aber auf drinnen umsteigen. Es gibt viele Sportler, die ihre Sportart der Jahreszeit anpassen, z.B. Inline-Skater, die im Winter zum Schlittschuhlaufen wechseln, oder Ausdauersportler, die viel Joggen, die dann im Winter Langlauf machen.

Gibt es Sportarten, bei denen Sie empfehlen, die im Winter nicht zu machen?
Gerade Joggen ist so eine Sache, da kommt man durch eine Kurve, und da liegt noch Laub, da ist der Boden gefroren. Man rutscht weg. Man sollte den Sport den Bedingungen anpassen. Es gibt nichts, wo ich generell sagen würde, das kann man gar nicht machen.

Wie sollte der Normalsportler den Winter als Sportzeit angehen? Haben Sie ein paar Tipps?
Das Thema Kleidung ist ganz wichtig. Da sollte man die atmungsaktiven, aber wasserdichten Sachen ansprechen. Wichtig ist, dass der Schweiß ausreichend diffundieren kann und somit die Gesundheit erhalten bleibt. Der Körper darf nicht auskühlen. Kühle Muskulatur und kühle Bandstrukturen neigen zu Verletzungen. Was die Ernährung angeht, natürlich ist eine vitaminreiche, ausgewogene Ernährung im Winter noch wichtiger als im Sommer. Schlechte Ernährung bedeutet gleichsam auch ein erhöhtes Risiko für Übertraining.

Was kann der Sportler vor dem Winter an Prävention machen?
Da will ich das Thema Skigymnastik rausziehen. Bei einigen Skifahrern ist es so, dass die über das Jahr weniger machen. Dafür finde ich Vorbereitungskurse sehr gut, um wirklich Muskel- und Bandstrukturen auf die veränderten Bedingungen vorzubereiten. Die Belastungen beim Skifahren sind doch andere als bei vielen Sportarten im Sommer. Wenn ich in den Skiurlaub fahre, habe ich eine tägliche Beanspruchung. Die wenigsten Breitensportler haben ein Trainingspensum, das sieben Mal die Woche betragen würde. Darauf sollte man sich vorbereiten, sonst ist die Verletzungsanfälligkeit enorm.

Besonders beim Skifahren kann das Verletzungsrisiko steigen, wenn der Körper an die Belastung nicht gewöhnt ist.
Besonders beim Skifahren kann das Verletzungsrisiko steigen, wenn der Körper an die Belastung nicht gewöhnt ist. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Sollte man sein Trainingsprogramm umstellen und anpassen zum Winter hin?
Das ist auf die Sportart bezogen. Es gibt Sportarten, da würde ich sagen, da macht eine Anpassung keinen Sinn, sondern da sollte man seinen Trainingsplan ganz normal durchziehen. Wenn sich die Bedingungen im Winter in einer Sportart ändern, dann sollte man dahingehend das Training anpassen.

Was sollte ein Sportler machen, wenn er sich im Winter erkältet oder gar verletzt hat?
Was normale Verletzungen angeht, gilt das gleich wie sonst auch. Bei einfachen Verletzungen kann man auf das sogenannte PECH-Schema zurückgreifen, das ist Pause, das ist Eis und Kühlung, das ist Kompression und das ist Hochlage. Damit kann man viele Sportverletzungen behandeln. Wenn es um einen Infekt geht, gibt es viele Möglichkeiten. Wenn der Infekt schon fulminant da ist, sollte man keine sportliche Belastung mehr oben drauf machen. Der Infekt belastet das Immunsystem, die sportliche Betätigung den Körper zusätzlich. Ich sehe dagegen einen Saunagang im Frühstadium eines Infekts als sinnvoll an. Man erhöht dann ja künstlich die Körpertemperatur; das ist das gleiche, was der Körper mit einem leichten Fieberschub machen würde. Das aber wirklich nur im Frühstadium, wenn man ein erstes Kratzen spürt. Ist der Infekt da, sollte man auch nicht mehr in die Sauna gehen.

Wird man krank, sollte man also eine Pause einlegen?
Sobald man merkt, ich werde krank, sollte man dem Körper die Zeit geben, diesen Infekt auszukurieren. Meistens führt es dazu, dass man den Infekt länger zieht und nachher genauso lange ausfällt. Man sollte besser zwei, drei Tage Pause machen. Danach kann man wieder Vollgas geben.

Wie sieht für Sie persönlich der weitere sportliche Winter aus?
Das Training verlagert sich schon etwas mehr nach drinnen. Ich mache viele Übungen mit dem eigenen Körpergewicht, Balance-Übungen, Hantel-Übungen, die man sonst gerne unter freiem Himmel macht. Das verlagere ich in die Halle. Aber auch ich freue mich schon auf die ersten Tage, wenn man draußen wieder trainieren kann.