Sankt Moritz. Bobfahrerin Celine Harms freut sich auf die Eröffnungsfeier. Alles über die Jugend-Winterspiele, die sportlichen Belange und die Ambitionen.

Das Zimmer ist bezogen, die ersten Trainingsfahrten sind absolviert. „Mir geht es noch ganz gut. Die Nervosität kommt sicher, wenn es losgeht“, sagt Bobsportlerin Celine Harms vor den Olympischen Jugend-Winterspielen, die heute in Lausanne und Sankt Moritz mit der Eröffnungsfeier offiziell beginnen und am 22. Januar enden.

Olympisches Dorf/Eröffnung

Harms hat Unglück im Glück: Nur 240 der 1880 Sportler und vier der 18 Sportarten wird sie zu Gesicht bekommen. Grund ist die Lage von Sankt Moritz in der Ostschweiz, 430 Kilometer und fünf Auto-Stunden von Lausanne entfernt. Ein stetiges Pendeln ist sowohl unter sportlichen als auch aus Umweltaspekten nicht wünschenswert – und so verbringen die Bobfahrer, Skeletoni, Rodler und Eisschnellläufer die kompletten zwei Wochen in Sankt Moritz, der Olympia-Stadt von 1928 und 1948.

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Dort wird es eine kleine Eröffnungsfeier geben, Details zum Ablauf sind noch nicht bekannt. Die große Feier im Stadion von Lausanne werden die Kufensportler am Fernseher verfolgen. „Wir finden das eigentlich schon schade“, schwingt bei Harms etwas Enttäuschung mit: „Aber wir nehmen es so hin, wie es ist. Dafür haben wir unser eigenes, kleines Olympisches Dorf in einer Jugendherberge.“ Die Zimmer sind einfach eingerichtet, es gibt Gemeinschaftsbäder mit weiteren Zimmern. Dazu gibt es eine große Kantine und Gemeinschaftsräume.

Bei ihren bisherigen internationalen Einsätzen verbrachte Harms ihre Zeit meist mit den deutschsprachigen Athletinnen: „Mit den anderen auch, aber wenn die kein Englisch können, geht es nur mit Händen und Füßen. Und mit dem Google-Übersetzer.“ Missverständnisse und Spaß sind da vorprogrammiert.

Die Zimmerpartnerin

Ihre Unterkunft teilt sich Harms (16) mit Maja Wagner (17), Teampartnerin und Konkurrentin im Monobob. Die Wittgensteinerin und die Thüringerin sind ein eingespieltes Team und haben schon während der Vorbereitung das Zimmer geteilt.

Maja Wagner (l.), Alexander Czudaj und Celine Harms bilden das deutsche Monobob-Team bei den Olympischen Jugend-Winterspielen.
Maja Wagner (l.), Alexander Czudaj und Celine Harms bilden das deutsche Monobob-Team bei den Olympischen Jugend-Winterspielen. © Privat | Privat

„Das funktioniert ganz gut. Maja ist ziemlich offen, freundlich, witzig. Sie ist eine gute Kameradin“, verrät Harms: „Und sie schnarcht nicht.“

Das Rahmenprogramm

Zu den Olympischen Jugendspielen zählt ein Kultur- und Bildungsprogramm – das in der Vergangenheit teilweise als dünn kritisiert wurde. Integriert sind Trainingsempfehlungen basierend auf Leistungstests, die Prävention von Missbrauch oder der Umgang mit Medien. Auch Treffen mit frühen Assen der verschiedenen Sportarten und weitere Aktivitäten werden angeboten. „Ein ähnliches Programm hatten wir in Deutschland schon bei der Einkleidung“, sagt Harms: „Ich freue mich darauf, weil man daraus viel mitnehmen kann und weil man mit den anderen Sportlern zusammen ist.“

Die Schule

Mit im Gepäck ist ausgerechnet das Lateinbuch. Büffeln von Vokabeln sowie der Grammatik stehen an. Genauer: Passiv und Aktiv in verschiedenen Zeitformen sowie Relativpronomen.

Zur gleichen Zeit wie ihre Mitschüler am Johannes-Althusius-Gymnasium wird Harms eine Klausur schreiben – in einem leeren Raum: „Ein Trainer bewacht mich, damit ich nicht spicke.“

Die Bahn

Sankt Moritz ist die traditionsreichste Bahn im Bobsport, die einzige auf Natureisbasis – und auch die längste der 16 Bobbahnen auf dieser Welt. „Die Anschubstrecke ist lang, man kann aber auch bei einem langsameren Start wieder nach vorne kommen. Es ist eine Strecke, auf der man den Schlitten vor allem laufen lassen muss. Aber man muss auch konzentriert bleiben“, erklärt Celine Harms, die in der Schweiz von Wolfgang Hoppe betreut wird. Ihr Heimtrainer Andreas Neagu ist nicht akkreditiert.

Celine Harms kennt die Bahn in Sankt Moritz aus dem Vorjahr. Hier ist sie beim ersten Rennen der Omega-Youth-Series in Sankt Moritz zu sehen.
Celine Harms kennt die Bahn in Sankt Moritz aus dem Vorjahr. Hier ist sie beim ersten Rennen der Omega-Youth-Series in Sankt Moritz zu sehen. © Girts Kehris / IBSF

Sie kennt die Bahn bereits vom Qualifikationsrennen im Februar 2019, in dem sie Zweite wurde. Diesen Winter wurde der Kanal wie jedes Jahr neu errichtet. „Wenn es Abweichungen gegenüber letztem Jahr gibt, dann nur um Zentimeter. Ich muss mir die Bahn nicht komplett neu erschließen.“

Die Form

Die Generalprobe kurz vor Weihnachten, als sie bei einem internationalen Monobob-Rennen der Frauen mitfuhr, setzte Harms in den Sand – nach Fehlern in den ersten Kurven erreichte sie den zweiten Lauf nicht. Das Training in St. Moritz am Dienstag lief eher schlecht als recht, am Mittwoch war Harms aber vorne mit dabei. Beim Anschub liegt sie – so wie immer bisher – im Mittelfeld.

Acht offizielle Trainingsläufe folgen noch, ehe es am Sonntag, 19. Januar um die Medaillen geht. Harms: „Ich fühle mich gut, so wie vor den Qualirennen. Im Training machen wir jetzt nicht mehr volle Kanne.“

Die Erwartungen

18 Sportlerinnen sind dabei. Topfavoritinnen sind Viktória Čerňanská aus der Slowakei und Georgeta Popescu aus Rumänien. Doch wo auch immer ein Bobrennen stattfindet: Das deutsche Team zählt immer zu den Medaillenkandidaten. Aufgrund der Vorleistungen haben nur Deutschland, die Schweiz und Rumänien zwei Startplätze erhalten.

Harms: „Ich glaube, dass eine Medaille möglich ist. Nach dem zweiten Platz im vergangenen Februar hoffe ich, dass wieder etwas Gutes rauskommt. Im Moment gilt für mich erstmal: Dabei sein ist alles.“

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Dass man so oder so viel aus den Jugend-Winterspielen ziehen kann, können die ebenfalls am Stützpunkt in Winterberg aktiven Jacqueline Lölling und Laura Nolte bestätigen.