Siegerland. Am Donnerstag steigt Deutschland in die Handball-Europameisterschaft ein. Wir haben heimische Verantwortliche gefragt, wo die Reise hingehen kann

Am Donnerstag (18.15 Uhr) startet die deutsche Handball-Nationalmannschaft mit der Partie gegen die Niederlande in die Europameisterschaft in Schweden, Norwegen und Österreich. In der Gruppe geht es zudem noch gegen die starken Spanier (11. Januar/18.15 Uhr) und gegen Lettland (13. Januar/18.15 Uhr). Die personell gebeutelte Mannschaft von Trainer Christian Prokop, dem mit Erik Wudtke der ehemalige Coach des TuS Ferndorf als „Co“ zur Seite steht, braucht in der Gruppe Rang zwei für den Einzug in die Hauptrunde, wo die vier Halbfinalisten ermittelt werden. Wir haben vor dem Auftakt mit Verantwortlichen aus der heimischen Handballszene über die personellen Probleme, wie weit es gehen kann und mögliche Titelfavoriten gesprochen:


Klaus Krass (Kreisvorsitzender):

Klaus Krass (links) zusammen mit Deutschlands Co-Trainer Erik Wudtke.
Klaus Krass (links) zusammen mit Deutschlands Co-Trainer Erik Wudtke. © WP

„Man muss natürlich sehen, dass schon einige wichtige Spieler fehlen. Die Mannschaft muss es daher sowieso über das Kollektiv regeln, da wird es auch viel auf die Deckungs- und Torwartleistung ankommen, wobei wir im Tor schon sehr gut besetzt sind. Da sehe ich im Angriff größere Probleme. Ich würde mir wünschen, wenn die Mannschaft es vielleicht bis ins Halbfinale schaffen würde, das wäre schon ein schöner Erfolg, denn besonders in der Spitze geht es sehr eng zu. Ich sehe Dänemark und Frankreich auch dieses Jahr wieder sehr gut dabei.“

Mirza Sijaric (Sportlicher Leiter TuS Ferndorf):

Mirza Sijaric (rechts), Sportlicher Leiter des TuS Ferndorf, sieht die üblichen Verdächtigen als Favoriten.
Mirza Sijaric (rechts), Sportlicher Leiter des TuS Ferndorf, sieht die üblichen Verdächtigen als Favoriten. © Reinhold Becher

„Ich finde das mega schwierig einzuschätzen, wo die Mannschaft landen kann, denn in den vergangenen Jahren ging es ja ein wenig von Himmelhoch jauchzend (EM-Titel 2016) bis hin zu zu Tode betrübt (frühes Ausscheiden 2018). Ich traue der Mannschaft auf jeden Fall das Halbfinale zu. Ich glaube einfach, dass es sich mit dem Trainer Christian Prokop mittlerweile gefestigt hat und auch unser ehemaliger Trainer Erik Wudtke als „Co“ und Typ einfach gut da rein passt. Mit den Verletzungssorgen ist es natürlich schade, ich glaube besonders, dass Franz Semper auf der rechten Seite im Rückraum durch die Decke gegangen wäre. Außerdem haben wir auch keinen richtigen Spielmacher, wie die anderen Nationen über einen verfügen. Die Favoriten sind für mich die üblichen Verdächtigen: Frankreich, Dänemark, Schweden und vielleicht auch Kroatien, wobei ich Dänemark vorne sehe.“


Caslav Dincic (Trainer RSVE Siegen):

RSVE-Trainer Caslav Dincic hat Frankreich ganz weit oben auf seiner Favoritenliste.
RSVE-Trainer Caslav Dincic hat Frankreich ganz weit oben auf seiner Favoritenliste. © Reinhold Becher

„Ich schätze Deutschland wieder sehr stark ein. Meine Topfavoriten sind zwar Frankreich, Dänemark und Norwegen, besonders Frankreich hat bei mir einen sehr guten Eindruck hinterlassen, sie haben eine sehr gut besetzte Mannschaft, aber ich sehe auch Deutschland unter den vier, fünf besten Nationen. Das Halbfinale traue ich der Mannschaft auf jeden Fall zu. Ich glaube auch, dass sie die Ausfälle kompensiert bekommen. Dänemark hat es bei der WM im vergangenen Jahr vorgemacht, wie man auch mit Ausfällen umgehen kann und trotz Improvisation alle Spiele gewonnen.“

Philipp Schürhoff (Co-Trainer TVE Netphen):

Netphens Co-Trainer Philipp Schürhoff (links), hier mit Matthias Hoffmann, glaubt an das Halbfinale für Deutschland,
Netphens Co-Trainer Philipp Schürhoff (links), hier mit Matthias Hoffmann, glaubt an das Halbfinale für Deutschland, © Meinolf Wagner

„Ich glaube schon, dass da was in Richtung der vorderen Plätze gehen kann. Mut macht, dass Deutschland ja eigentlich immer eine Turniermannschaft war. Wir haben dazu eine recht glückliche Auslosung, da Dänemark, Schweden und Frankreich in der anderen Hälfte sind und so erst im Halbfinale auf uns treffen könnten. Mit entscheidend ist für mich das Vorrundenspiel gegen Spanien. Das Ziel sollte aber auf jeden Fall das Halbfinale sein, dort kann dann alles passieren. Personell sehe ich besonders im rechten Rückraum Probleme, die Ausfälle haben die Mannschaft schon hart getroffen. Das kann besonders in engen Spielen zum Verhängnis werden und den Ausschlag gegen dich geben. Als Favoriten sehe ich Dänemark und Norwegen, aber auch Frankreich muss man immer auf dem Zettel haben. Aber für mich wäre Norwegen jetzt irgendwie dran.“

Michael Lerscht (Trainer TuS Ferndorf):

Ferndorfs Trainer Michael Lerscht sieht eine gute Auslosung für die deutsche Mannschaft.
Ferndorfs Trainer Michael Lerscht sieht eine gute Auslosung für die deutsche Mannschaft. © Reinhold Becher

„Grundsätzlich glaube ich, dass wir auch ein gutes Los haben. Für das Halbfinale müssten wir von den ganz großen Nationen nur Kroatien oder Spanien hinter uns lassen. Und einer deutschen Mannschaft ist in einem Turnier immer viel zuzutrauen. Mit Thematik mit Erik Wudtke als Co-Trainer ist natürlich spannend, wir haben uns auch ausgetauscht als das bei ihm mit der Nationalmannschaft und bei mir mit Hamm offiziell wurde. Es wird schon interessant sein, im Nachgang so ein Turnier aus einer anderen Perspektive erzählt zu bekommen. Durch die Verletzungsproblematik gehe ich davon aus, dass die Mannschaft ein neues Gesicht bekommen wird, die es über Geschlossenheit regeln muss. Da wird es Jungs geben, die sich in den Fokus spielen wollen und das kann auch ein Segen sein. Den Titel werden die Top-Nationen wie Dänemark, Norwegen, Schweden, Frankreich, Kroatien und Deutschland ausmachen, obwohl die Leistungsdichte bei einer Europameisterschaft insgesamt sehr hoch ist, was man auch an dem Testspiel in Österreich gesehen hat.