Berlin/Feudingen. Ingo Kuhli-Lauenstein spielt mit der Deutschen Para-Eishockey-Nationalmannschaft um den Wiederaufstieg in die Eliteliga. Lob vom Bundestrainer.

Für die Spieler aus Nordrhein-Westfalen beginnt das Projekt Wiederaufstieg in den A-Pool auf einem Parkplatz nahe des Kamener Autobahnkreuzes. Dort treffen sich am Donnerstagmittag drei junge Männer, um in einer Fahrgemeinschaft den Weg nach Berlin auf sich zu nehmen, wo am Sonntag die B-Pool-Weltmeisterschaft im Para-Eishockey beginnt. Getrödelt wird nicht, denn am Abend steht noch eine wichtige Trainingseinheit auf dem Programm.

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Weil alle Spieler berufstätig sind oder – wie Ingo Kuhli-Lauenstein aus Feudingen – studieren, ist ein früheres Versammeln des Teams als drei Tage vor dem Auftakt nicht möglich. Ihren Urlaub haben die meisten schon für die diversen Vorbereitungslehrgänge genommen.

Wie Profis haben sich die Spieler dennoch vorbereitet. Kuhli-Lauenstein etwa stand in den vergangenen zwei Monaten sechs Mal wöchentlich auf dem Eis – von Feudingen aus allein schon logistisch ein erheblicher Aufwand.

Turnier soll der Sportart Auftrieb geben

Bundestrainer Andreas Pokorny, langjähriger DEL-Profi, schwört die Para-Eishockey-Nationalmannschaft auf das Turnier ein.
Bundestrainer Andreas Pokorny, langjähriger DEL-Profi, schwört die Para-Eishockey-Nationalmannschaft auf das Turnier ein. © Ralf Kuckuck

Auf sich genommen hat er die Pendelei zu den Eishallen in Wiehl, Düsseldorf und Iserlohn jedoch gerne. „Die Vorfreude ist schon ziemlich groß. Wir haben richtig Bock“, sagt Kuhli-Lauenstein. Auch, weil es das erste große Nationenturnier in der Behinderten-Variante des Eishockey ist, dass je in Deutschland stattgefunden hat.

„Das gibt uns mehr Motivation, aber wir hoffen auch, weitere Spieler für unseren Sport zu begeistern“, sagt der Feudinger, dessen Sport wegen der technischer Hürden – Eishallen sind bekanntlich rar – sowie wegen des sportlichen Anspruchs nur in wenigen Vereinen in Deutschland gespielt wird. Immerhin: In Iserlohn entsteht derzeit ein neues Team.

Und dann ist da natürlich die Hoffnung, sich für die nächsten Paralympischen Spiele in Peking zu qualifizieren, wofür ein gutes Abschneiden in Berlin wichtig ist.

Russland ist unantastbar

Die Optimismus ist groß, obwohl alle Beteiligten sagen, dass es von vornherein nur um Platz zwei geht – und Platz drei würde schon nicht mehr zum Aufstieg in den A-Pool reichen. „Die Russen sind unantastbar, sie sind nur durch die Dopingsperre nach dem McLaren-Report in die B-Gruppe gerutscht. Das wäre sportlich nie passiert“, sagt Kuhli-Lauenstein. Dahinter zähle Deutschland nach den jüngsten Eindrücken aus Freundschaftsspielen zu den Mitfavoriten: „Wir haben das Gefühl, dass wir auf einem guten Level und in guter Form sind.“

Ingo Kuhli-Lauenstein beim Sledge-Eishockey. Training im Lentpark in Köln
Ingo Kuhli-Lauenstein beim Sledge-Eishockey. Training im Lentpark in Köln © Florian Runte

Dies gilt auch für den Feudinger selbst, der viel in seinen Sport investiert und die zurückliegende Bundesligasaison nicht nur als Deutscher Meister mit dem TuS Wiehl beendete, sondern auch als Topscorer. Dabei spielte er nicht nur seine Robustheit, sondern auch seine Schnelligkeit aus. Zur Fortbewegung nutzen die Spieler, die sich im Sitzen auf mit Kufen versehenen Schlitten bewegen, zwei verkürzte Schläger, mit denen sie sich anschieben – dabei ist Kuhli-Lauenstein ziemlich flink.

„Ingo ist für uns ein sehr wichtiger Mann. Er ist positiv, aufgeweckt, hungrig. Ein Kämpferherz“, sagt Bundestrainer Andreas Pokorny, früherer Profi der Iserlohn Roosters, über den Wittgensteiner und gerät regelrecht ins Schwärmen: „Wir bräuchten noch viel mehr Spieler wie Ingo.“

Ungleiche Verhältnisse

Alle Spiele finden übrigens in der Eishalle am Glockenturm bzw. Maifeld nahe des Olympiastadions statt. Dort könnte das Deutsche Team schon am Sonntagabend nach dem Spiel gegen China (Beginn 19 Uhr, live bei sportdeutschland.tv) wissen, was die Stunde geschlagen hat.

Ingo Kuhli-Lauenstein beim Sledge-Eishockey. Training im Lentpark in Köln
Ingo Kuhli-Lauenstein beim Sledge-Eishockey. Training im Lentpark in Köln © Florian Runte

Die Chinesen sind neu im Para-Eishockey, starten wegen der Spiele in Peking aber gleich voll durch. „Das Team hat einen Jahresetat von drei Millionen Euro. Wir haben, wenn es hochkommt, ein Zehntel. Im Prinzip sind das Profis, die richtig gedrillt werden“, weiß Ingo Kuhli-Lauenstein. Andererseits fehlt den Chinesen die Wettkampferfahrung.

Prominente Unterstützer

„Für uns entscheidet sich das Turnier vielleicht schon in diesem Spiel, deswegen werden wir alles in die Waagschale werfen. Wir wollen vor allem körperlich gegenhalten, das sind sie vielleicht nicht gewohnt“, erklärt der Feudinger, der immer gerne die Rolle des „agressive Leader“ übernimmt. Er schmunzelt: „Das Regelwerk ist ja recht großzügig. Da macht es einfach Sinn, mit vielen Checks das Spiel des Gegners zu zerstören, damit er erst gar nicht anfangen kann, Zuckerpässe zu spielen.“

An Unterstützung soll es nicht mangeln. Die Eisbären Berlin organisieren nach ihrem DEL-Spiel am Sonntag einen Bustransfer zum Glockenturm und in den vergangenen Wochen präsentierte sich das Nationalteam in den Drittelpausen mehrerer DEL-Spiele einer breiteren Öffentlichkeit. Eiskunstlauf-Star Katarina Witt stiftete ein Freundschaftsspiel gegen die Slowakei, am Freitag wünschte auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier der Mannschaft viel Erfolg. Er posierte mit einem Trikot und einem Eishockeyschläger für ein Foto.