Winterberg/Meinerzhagen. Skisprung-Trainer Dittmar Haßler freut sich bei seinem Ausstand nach drei Jahrzehnten über gleich vier Tournee-Siege „seiner“ Springer.

In der Rolle des Edelfans tat sich Dittmar Haßler noch etwas schwer. „Da dachte ich schon manchmal, dass ich noch dieses oder jenes zu den Athleten sagen muss, aber ich habe mich dann doch zurückgehalten“, sagte der Oberndorfer. Er verfolgte nach rund drei Jahrzehnten als Nachwuchstrainer beim SC Rückershausen am Samstag das fünfte und vorletzte Skispringen zur Nordwestdeutschen Mattenschanzentour erstmals von der Zuschauertribüne aus und stellte fest: „So ist es auch schön.“

Dittmar Haßler (2.v.l.) als Zuschauer in Winterberg.
Dittmar Haßler (2.v.l.) als Zuschauer in Winterberg. © Jan Simon Schäfer

Damit meinte er auch die Resultate, denn fünf Wittgensteiner nahmen vom Herrloh das Führungstrikot ihrer Altersklasse mit und verteidigten dieses am Sonntag beim Finale auf den Meinhardusschanzen in Meinerzhagen. Der Endtebrücker Ekkehard Grünert (SV Lützel) gewann die Tournee in der Altersklasse, Marcel Dickhaut und Mia Abrams holten sich jeweils den Gesamtsieg in der gemeinsamen Klasse S11 m/w, Pascal Horn gewann souverän die Jugendklasse 16/17 und Emily Schneider gewann trotz zwei verpasster Springen bei den Frauen.

Der „Nachfolger“ ist erst 17

Das zehnköpfige Team des SC Rückershausen wurde dabei von den Trainern Thomas Wunderlich und Volker Müller betreut, die beide in den vergangenen Jahren von Dittmar Haßler – und anderen – in die Materie eingearbeitet worden sind. „Die beiden haben sich da sehr gut reingehängt“, ist Haßler froh, der dies vor allem bei Müller bemerkenswert findet: „Der hat das Skispringen viele Jahre als Fan an den großen Schanzen verfolgt, jetzt kümmert er sich um den Nachwuchs. Und Thomas ist bei uns ja schon länger Chef des Ganzen.“

Neu im Trainerteam, quasi als Haßlers Nachfolger, ist der 17-jährige Torben Wunderlich, der zur Unterstützung des Trainingsbetriebs inzwischen seine eigenen sportlichen Ambitionen hintenan stellt. Beim Auftakt der Serie in Rückershausen mischte er noch als Springer mit, in Winterberg und Meinerzhagen trug er statt seiner Ski ein Tablet herum, mit dem er die Sprünge der Nachwuchstalente per Video festhielt. Diese spielte er Hanna Beschorner und Co. bei der Fehleranalyse in Zeitlupe vor, gab Tipps zur Verbesserung der Sprungtechnik.

Sportler, zu denen andere aufblicken

Torben Wunderlich (l.), hier mit seinem Bruder Mika, folgt Dittmar Haßler als Sprungtrainer beim SC Rückershausen nach.
Torben Wunderlich (l.), hier mit seinem Bruder Mika, folgt Dittmar Haßler als Sprungtrainer beim SC Rückershausen nach. © Jan Simon Schäfer

Von diesem Einsatz könne sich manch anderer eine Scheibe abschneiden. „Wenn ich im Rückblick etwas kritisieren will, dann die Tatsache, dass so wenige von meinen Aktiven jetzt ihrerseits das Wissen weitergeben. Ich nenne bewusst keine Namen, aber das ist einfach schade“, sagt der 56-jährige, zweifache Familienvater mit Bedauern. Denn: „Dieser Sport ist etwas Spezielles. Skispringen macht nicht jeder, das traut sich nicht jeder. Diejenigen, die es können, zu denen blicken die Gleichaltrigen ein stückweit auf.“

Aufgehört hat Haßler, mehrfacher Sieger der (früheren) Vierschanzentournee im Skibezirk Rothaar, aus privaten Gründen. „Ich will einfach mehr Zeit für mich haben. Wenn ich von der Arbeit nach Hause gekommen bin, hatte ich immer eine Stunde bis zum Training. Da kannst du nichts mehr vernünftig anfangen und wenn du zu Hause bist, ist es 20 Uhr“, sagt der Oberndorfer: „Das war mir zuletzt zuviel, weil an allen Ecken was liegengeblieben ist. Und ich habe es ja viele Jahre gemacht.“

Maßgebend für den Erfolg

Der Verein ist sehr dankbar, wie SCR-Pressesprecher Holger Parzinski betont. „Dittmar war maßgeblich am Aufbau und Erfolg der heutigen Sprungmannschaft seit Fertigstellung der Mattenschanze beteiligt.“ Diese Erfolge waren auch bei der Mattenschanzentournee sichtbar. Die sechsteilige Sprungserie begann im Mai auf der Lahntalschanze des SC Rückershausen, danach folgten die Stationen Willingen, Braunlage und Wernigerode. Die beiden finalen Wettbewerbe der Nord-Westdeutschen Mattenschanzentournee wurden am Wochenende auf den Sprungschanzen in Winterberg und Meinerzhagen ausgetragen und fanden bei einstelligen Temperaturen und zum Teil widrigem Herbstwetter statt. In Meinerzhagen setzte pünktlich zum Wettkampfbeginn Dauerregen mit leichten Windböen ein.

In Winterberg herrschten stabile Windverhältnisse, so dass auch von der St.-Georg-Schanze (K81) gesprungen wurde. In der Schülerklasse S14/15 gab der Norweger Fabian Ostvold das Niveau vor – und dies so sehr, dass der Anlauf auf Alpencup-Niveau verkürzt wurde, auf Absprungluke drei (von acht).

Pascal Horn vor dem Absprung auf der St.-Georg-Schanze
Pascal Horn vor dem Absprung auf der St.-Georg-Schanze © Jan Simon Schäfer

In dieser Wettkampfklasse traten mit Ryan Horn, Mika Wunderlich, Sean Steenbakkers und Silas Wied gleich vier heimische Athleten an. Steenbakkers und Wied sprangen erstmals von einer Schanze dieser Größe und waren froh, als sie ihre Sprünge sicher gestanden hatten.

Ryan Horn bestätigte wiederholt seine gute Sprungform, welche er eine Woche zuvor mit Platz 4 beim Deutschen Schülercup in Isny unter Beweis gestellt hatte. Trotz starker Konkurrenten aus dem Lager der Spezialspringer sicherte er sich in Meinerzhagen den zweiten Platz hinter Robin Kloss und vor Janne Puk (beide vom SC Willingen). In der Gesamtwertung wurde er ebenfalls Zweiter. Mika Wunderlich sortierte sich jeweils im Mittelfeld ein (siehe Ergebnisübersicht).

Den Gesamtsieg in der Jugend 16/17 holte sich Pascal Horn, der sich am Samstag und Sonntag aber jeweils dem älteren Lenard Kersting (SK Winterberg), der bereits internationale Meriten sammelt, klar geschlagen geben musste. Bei den Frauen zeigte Emily Schneider am Samstag einen klasse Sprung auf 75,5 Meter und auch an Meinerzhagen kam sie mit 59,0 Metern bis auf drei Meter an den K-Punkt heran. Mit zwei Tagessiegen gewann sie die bei den Frauen dünn besetzte Gesamtkonkurrenz der Tournee.

Mia Abrams bei den Mädchen vorn

In der Altersklasse Schüler 11 holte der SCR das Trikot sowohl bei den Jungen als auch den Mädchen, bei denen Mia Abrams die meisten Punkte sammelte. Marcel Dickhaut gewann bei den Jungs an beiden Tagen auch die Tageswertung. Beachtlich sind seine technisch sauberen Sprünge, die ihm immer gute Haltungsnoten einbringen. So gewann der Birkelbacher in Meinerzhagen infolge besserer Haltungsnoten gegenüber seinem direkten Konkurrenten Luke Duda vom SC Buntenbock, der je drei Meter weiter sprang.

Marcel Dickhaut, SC Rückershausen, beim 6. Springen der Nord-Westdeutschen Mattenschanzentournee in Meinerzhagen
Marcel Dickhaut, SC Rückershausen, beim 6. Springen der Nord-Westdeutschen Mattenschanzentournee in Meinerzhagen © Jan Simon Schäfer

„Er hat auch eine gute Absprungkraft, kommt gut ins Fliegen und macht ein richtig guten Telemark“, sagt Torben Wunderlich, der den Elfjährigen deshalb auch als Vorspringer auf großen Meinhardusschanze (K62) starten ließ.

Die beiden jüngsten SCR-Adler, Hanna-Sophie Beschorner und Lennart Haschke (beide S10), zeigten seit ihrem Einstieg in das Sprungtraining vor drei Monaten eine gute Entwicklung und sprangen nun schon von der 20-Meter-Schanze. „Lennart hat seine besten Sprünge gemacht und einen persönlichen Rekord aufgestellt“, sagte Trainer Torben Wunderlich nach Sprüngen des Wingeshäusers auf 17,5 und 18 Meter.

Er feilt derzeit daran, Haschke die Telemark-Landung zu vermitteln – die Haltungsnoten fehlen nämlich in der Endabrechnung: „In Meinerzhagen ist er mit am weitesten gesprungen. Mit dem Telemark wäre er auf dem Podium gewesen.“ – Der Überblick:

Nord-Westdeutsche Mattenschanzentournee

5. Springen in Winterberg

81-Meter-Schanze (St.-Georg-Schanze)

Altersklasse: … 3. Franz Enderling (SK Winterberg) 119,0 Punkte (59,0 Meter + 61,0 Meter) – Jugend 16/17: … 2. Pascal Horn (SC Rückershausen) 142,0 (60,5 + 64,5) – Schüler 14/15: … 4. Ryan Horn 152,5 (61,5 + 71,5); 5. Mika Wunderlich 139,5 (60,5 + 64,5); … 9. Sean Steenbakkers 60,5 (46,5 + 44,5); 10. Silas Wied (alle SC Rückershausen) 33,5 (40,0 + 40,0) – Frauen: 1. Emily Schneider (SC Rückershausen) 182,5 (75,5 + 71,0).

32-Meter-Schanze (Herrloh-Schanze)

Schüler 11: 1. Marcel Dickhaut 247,1 Punkte (34,5 Meter + 36,0 Meter); … 9. Mia Abrams (beide SC Rückershausen) 167,6 (27,5 + 25,5).

20-Meter-Schanze (Herrloh-Schanze)

Schüler 10: … 5. Lennart Haschke 203,2 (17,5 + 18,0); … 10. Hanna-Sophie Beschorner (beide SC Rückershausen) 183,4 (14,0 + 14,5).

6. Springen in Meinerzhagen

62-Meter-Schanze

Altersklasse: 1. Ekkehard Grünert (SV Lützel) 196,1 (58,5 + 57,0); … 3. Franz Enderling 181,0 (56,0 + 55,0) – Jugend 16/17: … 2. Pascal Horn 175,2 (49,0 + 58,0) – Schüler 14/15: … 2. Ryan Horn 214,5 (59,5 + 62,0); … 4. Mika Wunderlich 187,2 (54,0 + 58,0); … 7. Sean Steenbakkers 120,6 (45,0 + 43,0); 8. Silas Wied 96,7 (39,0 + 38,0) – Frauen: 1. Emily Schneider 192,2 (59,0 + 55,5).

37-Meter-Schanze

Schüler 11: 1. Marcel Dickhaut 223,3 (35,5 + 35,5); 5. Mia Abrams 152,4 (24,0 + 23,5)

12-Meter-Schanze

Schüler 10: … 5. Lennart Haschke 211,9 (11,5 + 11,0); … 7. Hanna-Sophie Beschorner 208,8 (10,5 + 10,5).

Gesamtwertung

Altersklasse: 1. Ekkehard Grünert 923,8 Punkte; … 5. Franz Enderling 300,00 –
Jugend 16/17:
1. Pascal Horn 1010,5; … 6. Lukas Wied 439,7; 7. Torben Wunderlich 353,3 – Schüler 14/15: … 2. Ryan Horn 951,5; … 5. Mika Wunderlich 766,6; 6. Sean Steenbakkers 701,7; 7. Silas Wied 607,6 – Schüler 11: 1. Marcel Dickhaut 1076,7; … 4. Mia Abrams 736,6; … 8. Frida Müller 294,0 – Schüler 10: … 4. Lennart Haschke 1032,6; … 9. Hanna-Sophie Beschorner 774,2 – Frauen: 1. Emily Schneider 779,1.