Das „gerechte Spiel“ lebt: Torwart Christian Diestler vom FC Ebenau stellt richtig, dass der Ball hinter der Torlinie war – und verliert danach.
Noch hat der Videobeweis die Kreisligen nicht erreicht. Noch sitzt niemand in einem Berleburger Keller und ruft im Kabuff des FC Ebenau am, um die Autorität des Schiedsrichters aufzuweichen. So nahm beim Spiel der Ebenauer gegen die Reserve des SV Feudingen Schiedsrichter David Stöcker die Pfeife selbst in die Hand, als nach einem Torschuss der Gäste nicht ganz klar war, ob der Ball vor oder hinter die Torlinie gerollt war. Stöcker entschied auf Weiterspielen, der FC Ebenau führte weiterhin mit 1:0 – für wenige Sekunden. Dann schritt Ebenaus Torwart-Urgestein Christian Diestler ein und stellte klar, dass der Ball im Tor war. Es war zugleich der Wendepunkt, Feudingen gewann mit 5:2.
Als Diestlers Widerruf die Wittgensteiner Runde machte, hätte ich so manchen Kommentar dazu gerne per Volley in die Eder gedroschen. Neben lobenden Worten trat nämlich auch die typisch deutsche Liebe für Relativierungen hervor: „Naja, es ist halt nur Kreisliga C, da geht es ja um nichts“, gehört zu dieser süffisanten Unart.
Manchen Menschen scheint der Ausspruch von Lob und Kompliment unmöglich zu sein, ohne ein „Aber“ hinterherzuschmeißen. Was in Ebenau passierte, war gelebtes Fairplay – das Eintreten für ein „gerechtes Spiel“. Und dass die Gerechtigkeit die erste Tugend sozialer Institutionen ist, lehrte schon der große John Rawl. Was Diestler in Minute 20 richtigstellte, ist im Eifer des Wettkampfes keine Selbstverständlichkeit. Das ist anzuerkennen – ohne jegliches Aber.
In der Kolumne „Pass in die Gasse“ befasst sich der freie Journalist Heiko Rothenpieler mit aktuellen Entwicklungen in der Welt des „großen“ und „kleinen“ Fußballs.