Erndtebrück. Mit seinem Ex-Club und kommenden Gegner Kaan_Marienborn erlebte Moritz Brato schon einen Abstieg. Das will er beim TuS Erndtebrück verhindern.
Wie oft das Handy hier wie da in den letzten Tagen geklingelt hat? „Ich habe fast täglich Kontakt mit Arthur Tomas“, sagt Moritz Brato. Tomas und Brato haben in den beiden vergangenen Jahren gemeinsam in der Hintermannschaft des 1. FC Kaan-Marienborn gespielt, sind zusammen von der Fußball-Oberliga Westfalen in die Regionalliga West auf- und wieder abgestiegen. Am Sonntag (15 Uhr) sehen sich die befreundeten Fußballer wieder, stehen sich dann in der Oberliga jedoch gegenüber – beim Derby zweier Ex-Regionalligisten zwischen dem TuS Erndtebrück und dem 1. FC Kaan-Marienborn.
Seit Saisonbeginn trägt Brato das Trikot der Wittgensteiner. In der Regionalliga West fehlte der 23-Jährige mit Kaan nur ein Punkt zum Klassenverbleib. Nun läuft er für den TuS auf, der einen Umbruch ausgerufen hat – selbst auf Kosten eines möglichen Absturzes in die Westfalenliga. Antonio Rubio Doblas habe im Winter „sehr offen“ darüber gesprochen, als der Sportliche Leiter und jetzige Trainer den Kontakt zu ihm gesucht habe, erklärt Brato. Der Weg am Pulverwald „war abzusehen“, wusste er damals, und dennoch sagte er zu.
Mit 21 Jahren schon Kapitän bei der SG 06 Betzdorf
Als eine Art „Königstransfer“ will sich Brato aber überhaupt nicht sehen: „Das ist eine Formulierung, die ich nie über mich sagen würde.“ Die Veränderung nach Erndtebrück stuft er als „normalen Wechsel“ ein. Verantwortung sieht der er jedoch auf sich zukommen. Sein Trainer Rubio Doblas machte den Defensiv-Organisator gleich zu seinem Kapitän. Erfahrung in dieser Aufgabe bringt Brato mit. Schon mit 21 war er Kapitän seines Heimatvereins SG 06 Betzdorf in der Rheinlandliga.
„Wir werden nicht nach oben schauen können, sondern müssen nach unten blicken.“ Sein neues Team könne „keine verrückten Dinge machen“.
2017 hatte Brato erstmals überhaupt sportlich seine Heimat verlassen, nämlich zum damaligen Oberligisten in Kaan-Marienborn. Bis dahin spielte er, mit Ausnahme einer Jugend-Saison bei der JSG Kirchen-Alsdorf, ausschließlich im grünen Trikot der SG 06. 21 Spiele in der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar und insgesamt 68 Partien (von 70 möglichen) in zwei Jahren der Rheinlandliga absolvierte der Sohn des Betzdorf-Gebhardshainer Bürgermeisters Bernd Brato in seinen drei ersten Senioren-Spielzeiten.
Kein Stammspieler beim 1. FC Kaan-Marienborn
Bemerkenswert: In allen 68 Begegnungen in der Rheinlandliga stand Brato über die volle Zeit auf dem Platz – im Gegensatz zu seiner Zeit in Kaan. „Ich habe unter Trainer Thorsten Nehrbauer nicht die Chance gesehen, mehr zu spielen“, erklärt Brato heute. Und weil er ganz offensichtlich gerne spielt, ist es vielleicht kein Zufall, dass er ausgerechnet den 3:0-Sieg am vorletzten Spieltag gegen den Wuppertaler SV zum „tollsten Erlebnis“ in seinem Regionalliga-Jahr kürte. „Ich habe über 90 Minuten auf der ,Sechs’ gespielt“, betont Brato und schiebt gleich hinterher: „Das schlimmste Erlebnis war aber das selbe Spiel.“ Trotz „unserer besten Leistung in der Saison“ sei Kaan da schon abgestiegen.
Überhaupt schwärmt er von der Regionalliga. „Ich habe mir erträumt, dass ich einmal in der dort spielen darf“, sagt Brato. Vor über 2500 Zuschauern im Leimbachstadion zu spielen, sei schon „krass gewesen“, aber die Arena in Siegen „kennt man ja“. Ein richtig „großartiges Gefühl“ seien die Auftritte wie bei Alemannia Aachen gewesen. „Da haben schon Bayern München und Borussia Dortmund gespielt.“
Sportlich habe ihn die Zeit in Kaan-Marienborn weiter gebracht. „Die Oberliga Westfalen ist eine ganz andere Welt“, betont Brato. Leistungsdichte und Niveau seien viel höher als in der Rheinlandliga. Und die Regionalliga? Die sei „der Wahnsinn“, so Brato und sagt: „Da ist die Grenze vom Amateur zum Profi. Das hat viel Spaß gemacht.“
Ärger über unnötige Niederlagen zum Auftakt der Oberliga Westfalen
Der Abstiegskampf in Erndtebrück beschert Brato erstmal viel Aufwand. Von Betzdorf an den Pulverwald braucht er ein knappe Stunde. Weshalb der Betriebswirtschaftsstudent seine Veranstaltungen an der Universität Siegen auf Trainingstage legen will. Dann hat er bis zum Hörsaal schon mal den halben Weg nach Erndtebrück geschafft.
Zwei Niederlagen, null Punkte stehen für Bratos neuen Club vor dem Wiedersehen mit Kaan zu Buche. „Den Auftakt haben wir uns anders vorgestellt“, betont er. Sein Team sei „noch nicht so drin, wir haben noch keine Stammformation“. Zudem sei in beiden Spielen mehr möglich gewesen: „Gegen Ennepetal hatten wir gerade zum 2:2 ausgeglichen, da passiert mir ein Eigentor, und auch in Rhynern war was drin.“ Brato ist zuversichtlich, dass seine dritte Saison jenseits von Betzdorf nicht mit einem Abstieg enden wird: „Wir können den Klassenverbleib schaffen, wir haben das Potenzial dazu.“ Es könnte sein logistisches Meisterstück werden.