Gummersbach. . Vor der Rekordkulisse von 3754 Zuschauern in Gummersbach hält der TuS Ferndorf den schwachen HSV Hamburg auf Distanz.

Der Umzug in die Schwalbe-Arena nach Gummersbach für ein Liga-Spiel hat sich für den TuS Ferndorf in doppelter Hinsicht gelohnt: Angesichts von 3754 Zuschauern dürfte finanziell was hängen bleiben und der TuS behielt im „fremden Wohnzimmer“ auch beide Punkte. Der Mitaufsteiger HSV Hamburg wurde hochverdient mit 26:22 (14:7) auf die Rückreise in die Hansestadt geschickt. Das Hinspiel hatte Ferndorf übrigens mit dem selben Resultat gewonnen.

Es war eine Niederlage, die dem Team von Torsten Jansen, Weltmeister von 2007, schmeichelte. „Wir hätten das Spiel mit mindestens zehn Toren gewinnen müssen“, brachte Ferndorfs Kreisläufer Thomas Rink auf den Punkt, was viele Experten auf den Rängen auch gedacht haben dürften. Der HSV präsentierte sich nämlich sehr schwach, kam für Zählbares nie in Frage. Von daher konnte von einem Handball-Fest mit einer feinen Dramaturgie keine Rede sein. Torsten Jansen kritisierte seine Mannschaft scharf: „Das war von uns ein katastrophales technisches Niveau mit sehr vielen Fehlern, vor allem in der Anfangsphase.“

Puhl in seiner Heimat überragend

Und genau in der legte der TuS Ferndorf rückblickend die Basis für den zweiten Sieg im zweiten Spiel 2019. Es brauchte nach beiderseits nervösem Start fast sechs Minuten, ehe Marijan Basic zum 1:0 den Bann brach, doch dann kam der TuS gewaltig, legte durch Jonas Faulenbach und Magnus Neitsch zum 3:0 nach, versetzte die Fans auf den voll besetzten Tribünen in Ekstase. Einer, der gleich Betriebstemperatur erreichte, war Lucas Puhl: Der TuS-Torwart lief in seiner Heimatstadt zur Hochform auf, reihte eine Parade an die nächste und wehrte alleine in der ersten Halbzeit zwei Siebenmeter ab.

„Rot“ für Branimir Koloper

Jonas Faulenbach und der klug Regie führende und in der Abwehr Bälle klauende Marijan Basic mit zwei Treffern bauten die Ferndorfer Führung auf ein erstaunliches 6:1 aus. Torsten Jansen legte schon nach zehn Minuten zum ersten Mal die grüne Karte. Eine aus HSV-Sicht positive Konsequenz resultierte daraus nicht. Die Norddeutschen agierten weiter pomadig und mit schwachem Druck auf die Ferndorfer Abwehr, die wie immer zuverlässig Lücken schloss, aber auch in vielen Situationen leichtes Spiel hatte, weil der Hamburger Offensive keine gescheite Idee einfiel. Nach dem Doppelschlag des starken Linksaußen Magnus Neitsch hieß es nach 19 Minuten 10:3 für die Nordsiegerländer, die sich in dieser frühen Phase in einen Rausch spielten gegen ratlose Hamburger und einen Trainer, dem auch die zweite Auszeit nach 20 Minuten nicht half.

TuS Ferndorf - HSV Hamburg 26:22 (14:7)

Ferndorf: Puhl, Rottschäfer - Faulenbach (6), Basic (5), Michel (3), Neitsch (4), Wicklein (1), Wörner, Zerbe (1), Barwitzki, Andersson (4), Koloper, Rink (1), Müller (1).

Hamburg: Kokoszka, Baatz - Schröder (1), Lackovic, Tissier (2), Weller (2/1), Ossenkopp (3), Axmann (5/1), Fuchs, Bauer (3), Rix, Wullenweber (3), Herbst (3).

Schiedsrichter: Christoph Immel/Ronald Klein.

Zuschauer: 3754.

Zeitstrafen: TuS 3, HSV 3.

Rote Karte: Koloper (30.).

Spielfilm: 3:0 (7.), 6:1 (10.), 10:3 (20.), 10:6 (24.), 14:7 (Halbzeit), 17:9 (38.), 20:13 (48.), 24:16 (54.), 25:20 (57.), 26:22 (Ende).

Ferndorf spielte seinen Stiefel, von wenigen Ausnahmen abgesehen, konzentriert und konsequent weiter, wusste um einen Lucas Puhl in herausragender Tagesform und um die größere Qualität in Abwehr und diesmal auch im Angriff. Als die Hanseaten in ihren bis dahin Minuten bis auf vier Tore heranrückten (7:11/26.), nahm Ferndorf das zum Anlass, wieder Gas zu geben. Magnus Neitsch, Thomas Rink und Jonas Faulenbach ließen drei blitzsaubere Tore zum 14:7 folgen. Wer hätte mit diesem Pausenpolster, das einer Entscheidung gleichkam, gerechnet? Ein Stimmungshemmer war die Rote Karte für TuS-Abwehrchef Branimir Koloper, der eine Sekunde vor der Halbzeitsirene direkt des Feldes verwiesen wurde, weil er Finn Wullenweber weggestoßen hatte – eine harte Entscheidung!

Indes schockte sie seine Teamkollegen in keinster Weise. Den Raum im Deckungszentrum füllte einfach ein anderer, nämlich Mattis Michel.

Die gesamte Mannschaft knüpfte an die Leistung der ersten 30 Minuten an, ohne sich verausgaben zu müssen. Beifall umrauschte Akzente setzte jetzt der Schwede Julius Lindskog Andersson mit drei Toren binnen weniger Minuten, hielt Lucas Puhl sein hohes Niveau, stellte er sich bei zwei weiteren HSV-Siebenmetern als unüberwindbares Hindernis in den Weg.

Erstes Zweitliga-Tor von Jan Wicklein

Erstes Zweitligator, etliche Autogramme: Jan Wicklein.  
Erstes Zweitligator, etliche Autogramme: Jan Wicklein.   © Reinhold Becher

Frenetisch bejubelt wurde von den TuS-Fans das 20:13 (48.), denn es war das Zweitliga-Premierentor des lange verletzten Neuzugangs Jan Wicklein. Der Rechtsaußen überwand in seinem zweiten Spiel Torwart Marcel Kokoszka aus spitzem Winkel. „Vor solch einer Kulisse sein erstes Tor nach so langer Pause zu werfen, ist ein Traum“, sprudelte es aus Jan Wicklein heraus.

Über 21:13 und 23:16 durch den abgezockten Mattis Michel ging es in die spannungslose Endphase, in der Ferndorf die Zügel ein wenig schleifen ließ – angesichts des klaren Vorsprungs und der eindeutigen Kräfteverhältnisse kein Problem. So war es ein verkraftbarer Makel, dass das Torepolster noch auf vier Treffer schrumpfte. So sah es auch Ferndorfs Trainer Michael Lerscht: „50 Minuten sind wir souverän aufgetreten. Dass es am Ende ein wenig zerfahren wurde, war kein Drama.“